Elfenkrieger (Mithgar 02)
anflehten oder ihnen verschiedene Waren aufschwatzen wollten. Doch ein Blick auf Aiko mit ihrer goldenen Haut oder auf Arin mit ihren spitzen Ohren genügte meist, und die Bettler und Krämer zogen sich murmelnd und gestikulierend zurück.
Bald hatten sie ihr Ziel erreicht. Ein goldener Halbmond auf einem Schild verkündete den Namen des Gasthauses. Der Wirt wies ihnen nervös Zimmer zu, ein wenig beklommen ob der Frauen in der Gruppe, die exotisch aussahen und allesamt Männerkleidung trugen und ihr Gesicht nicht verhüllten. Zweifellos Ungläubige.
»Hier«, sagte Ferai, indem sie die Zeichnung von Noms Karte zückte. Sie hatten das Blatt aus dem Logbuch gerissen. »Ich muss Euch etwas zeigen.«
Doch bevor sie das Blatt entfalten konnte, hielt Aiko ihre Hand fest. »Nein, Ferai«, sagte die Ryodoterin. »Nicht hier. Nicht jetzt. Nicht er.«
»Warum nicht…?«
»Meine Tigerin sagt nein.«
»Eure Tigerin? Oh.«
Ferai faltetet das Blatt wieder zusammen und steckte es weg.
»Woher habt Ihr das?«, zischte der ‘âlim. Der Gelehrte klappte das Pergament rasch wieder zusammen und schob es über den Tisch, während er sich in der großen Bibliothek umsah, um festzustellen, ob irgendwelche Studenten in der Nähe die Zeichnung gesehen hatten.
Von Arin und Aiko flankiert, stand Ferai vor ihm. Die Schwerter der Ryodoterin steckten in der Scheide. Delon stand im Eingang. Von Egil und Alos war nichts zu sehen.
Ferai nahm das Pergament und sah sich ebenfalls um. Junge Männer, die hier und da an Tischen saßen, senkten den Kopf, da es ihnen unangenehm war, dabei erwischt zu werden, wie sie die fremdländischen, unverschleierten Frauen anstarrten. Obwohl Aban eine Hafenstadt war, kamen nur selten ausländische Frauen hierher, die ihr Gesicht nicht bedeckten. Wenn so etwas geschah, schien sich die entsprechende Neuigkeit sehr rasch herumzusprechen. Aber dies waren nicht nur exotische Fremde, o nein, denn zwei Frauen waren überdies hellhäutig, und eine war sogar gold! Und zwei hatten schräge Mandelaugen und eine spitze Ohren. Sie waren Nordländer, Fremde, Elfen, möglicherweise auch Dschinnis, Succubi, Huri, Dämonen, Engel, Seraphime, Cherubime oder auch alle möglichen anderen Wesen, je nach Legenden, die man kannte, oder nach Lehren und Erfahrungen, die man beherzigte oder gemacht hatte.
»Das war eine Zeichnung auf einer Wahrsagekarte«, sagte Ferai.
»Ich würde nicht damit herumlaufen und sie herumzeigen, wenn ich Ihr wäre«, murmelte der Gelehrte, dessen nussbraune Züge seine Beunruhigung deutlich verrieten.
»Warum nicht?«, fragte Ferai, die nun ebenfalls flüsterte.
»Weil es verboten ist.«
»Verboten?«
»Pss!«, machte der Gelehrte und sah sich wieder um. Dann flüsterte er: »Es stellt eine verbotene Religion dar.«
Ferai flüsterte zurück: »Verboten? Warum?«
»Weil sie mit Dämonen in Verbindung gebracht wird.«
Arin räusperte sich. Der Mann zuckte zusammen, und er schaute sie nicht direkt an. Die Dylvana murmelte: »Sagt mir, Gelehrter, was bedeutet diese Inschrift?«
»Kommt, lasst uns an einen Ort gehen, wo wir frei reden können«, zischte der ‘âlim.
Er führte sie durch die Regale, wobei er nur lange genug stehen blieb, um eine ganz bestimmte Schriftrolle von vielen auszuwählen, die alle in ihrem eigenen Fach steckten. Dann bedeutete er ihnen, ihm zu folgen, und trat durch einen Perlenvorhang in eine kleine Kammer. Delon, der ihnen nachging, blieb auf Bitte von Ferai am Eingang zur Kammer stehen und hielt dort Wache.
In dem Raum stand ein Tisch mit Tintenfässern und Federn, um den mehrere Stühle drapiert waren. Der Mann bedeutete ihnen, Platz zu nehmen, und als sie sich zu ihm gesetzt hatten, fragte er: »Wer seid Ihr, und warum seid Ihr zu mir gekommen?«
Aiko und Ferai sahen Arin an, und die Dylvana sagte: »Wir sind in diese Archive gekommen, weil wir Hilfe und Wissen suchen.«
Der Mann schnaubte. »Es gibt hier viele Gelehrte. Warum gerade ich?«
Arin sah Aiko an, und die Ryodoterin sagte: »Ich habe Euch ausgewählt, Weiser, weil Ihr ungefährlich seid.«
»Ungefährlich?«
»Das hat man mir gesagt«, antwortete Aiko, indem sie sich an die Brust tippte.
»Wer hat Euch geschickt?«
»Niemand«, erwiderte Arin. »Wir sind auf eigenen Wunsch hier.«
Zum ersten Mal schaute der ‘âlim ihr direkt ins Gesicht, als suche er nach einem Hinweis darauf, ob sie die Wahrheit sprach. Arin erwiderte den Blick ruhig, und er senkte die Augen.
»Dieses Wissen, das Ihr
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