Elfenkrieger (Mithgar 02)
regnete.
Doch ob Wind oder nicht, Regen oder nicht, irgendwann im Laufe eines jeden Tages sang Delon Ferai etwas vor, und dann hörte sie verzaubert zu, während Alos im Heck vor sich hin lächelte und seine Finger einen Takt dazu schlugen.
Bei jedem Wechsel der Schichten in der Dämmerung setzten Arin und die anderen ihre Diskussion darüber fort, ob es sinnvoll sei, der Karte einer Wahrsagerin zu folgen, und stellten auch Spekulationen darüber an, was sie am Ende ihrer Reise finden mochten:
»Vielleicht ist das Labyrinth im Tempel«, mutmaßte Egil, »anstatt den Tempel zu umgeben. Vielleicht beginnt dort die verwirrende Reise, von der die alte Nom gesprochen hat, vielleicht beginnt und endet sie dort.«
Aiko stieß einen tiefen Seufzer aus, und als Arin sie mit hochgezogenen Brauen ansah, sagte die Ryodoterin: »Vielleicht meint das verwirrende Labyrinth auch die Vielzahl der Religionen, und man muss ihnen vollständig entfliehen, um frei zu sein.«
»Ihr meint, man muss den Tempel verlassen?«, fragte Ferai.
Aiko schüttelte den Kopf. »Nein. Ich meine, man muss die Religion an sich hinter sich lassen.«
»Oh.«
Sie trieben eine Weile schweigend dahin, während der Wind kaum mehr als ein laues Lüftchen war und das Boot beinah ohne Fahrt im Wasser lag. Schließlich sagte Ferai: »Ich bin kein sonderlich religiöser Mensch.«
»Oh«, meinte Delon überrascht. »Du glaubst nicht an Adon und Elwydd?«
»Oder Garlon?«, fügte Alos hinzu.
»Doch, irgendwie schon, nehme ich an«, erwiderte Ferai, »und sei es auch nur, um ihnen hin und wieder eine Verwünschung zu schicken. Es ist nur so, dass sie keinen Einfluss auf mein Leben zu haben scheinen.« Sie wandte sich an Arin. »Was ist mit Euch, Dara? Verehrt Ihr Adon oder Elwydd? Betet Ihr zu ihnen? Bringt Ihr ihnen Opfer? Glaubt Ihr, dass es Euch zu einer besseren Person macht, einem bestimmten Glauben zu folgen und einen oder mehrere Götter zu verehren?«
Arin lächelte. »Nein, Ferai, das glaube ich nicht. Adon sagt selbst, dass man die Güte einer Person nicht an ihrem Glauben, sondern an ihren Taten erkennt.«
»Ihr habt mit Adon gesprochen?«, fragte Delon ehrfürchtig. »Ihn gesehen?«
»Nein, das habe ich nicht«, erwiderte Arin. »Aber es gibt Elfen, auf die das tatsächlich zutrifft.«
Delon seufzte. »Adon. Den Gott der Götter.«
Arin schüttelte den Kopf. »Das behauptet er selbst nicht von sich. Er sagt, dass die wahren Götter weit über Ihm, Elwydd, Gyphon, Garlon und den anderen stehen.«
»Sogar die Götter werden von den Nornen des Schicksals beherrscht«, warf Egil ein. »Jedenfalls sagt man das bei meinem Volk.«
Ferai wandte sich an Egil. »Dann sind diejenigen, welche über den Göttern stehen, die Nornen des Schicksals?«
Egil hob die Hände und drehte die Innenseiten nach oben. »Da müsst Ihr einen anderen als mich fragen, Mädchen, denn ich weiß es nicht.«
Sie trieben noch ein Stück weiter, und dann sagte Delon: »Was meint Ihr, was Der Verfluchte Bewahrer Des Glaubens Im Labyrinth von Religionen und Göttern hält? Und was glaubt Ihr, warum er verflucht ist?«
Siebzehn Tage, nachdem sie aus Pendwyr geflohen waren, sichteten sie Land. Die untergehende Sonne tauchte alles in ein orangefarbenes Licht, aber auf dem Landstrich, den sie sehen konnten, war der eigentliche Fels graubraun und nicht wie erwartet rot.
Ferai stöhnte. »O nein. Das Tor auf der Karte der alten Nom ist in Fels eingebettet, der die Farbe von getrocknetem Blut hat.«
»Vielleicht ist das Land hier nicht Sarain«, sagte Delon.
»Und selbst wenn es Sarain ist, Delon, könnte es so sein, wie Ihr vermutet habt«, sagte Arin. »Vielleicht gibt es den roten Fels nur weiter landeinwärts.«
»Wir müssen jetzt eine Hafenstadt anlaufen und herausfinden, wo wir sind«, sagte Egil. »Ob dies Sarain ist oder nicht: Lasst uns einen Gelehrten suchen, der die Runen auf Ferais Zeichnung lesen kann. Wenn der Gelehrte sie übersetzt hat, wissen wir vielleicht, wohin wir uns wenden müssen.«
Arin nickte und wandte sich dann an Alos. »Könnt Ihr uns zu einer Hafenstadt bringen?«
Alos schnaubte. »Nicht sofort. Aber vielleicht kann sie es.« Der alte Mann zeigte auf eine Stelle weiter südlich nah der Küste. Dort war eine kleine Dau unterwegs, deren Segel im Licht der untergehenden Sonne hellrot leuchteten.
Sie drehten nach steuerbord bei und folgten der Dau, obwohl es schon fast dunkel war, als sie das Schiff endlich einholten. Es war ein
Weitere Kostenlose Bücher