Elfenkrieger (Mithgar 02)
während des Abstiegs ist dies meine Aufgabe.«
Egil sah Aiko an, und die Ryodoterin stieß einen tiefen Seufzer aus und sagte steif: »Wie Ihr wollt, Dara. Wie Ihr wollt.«
Rasch beluden sie die Kamele, begleitet vom Protestgeschrei der Tiere, und saßen auf. Mit jeweils einem Tier im Schlepptau ritten sie langsam zum Abhang, Arin voran, Aiko direkt hinter ihr, dann Egil und Alos, und Ferai und Delon bildeten die Nachhut. Am Rande des Abhangs blieben sie noch einmal stehen und betrachteten die endlosen Schluchten, die tief in den roten Fels reichten.
Delon seufzte und sagte: »Warum bin ausgerechnet ich es bei all unseren unterschiedlichen Philosophien, der glaubt, dass wir in die Hèl reiten?«
An der Spitze des Zuges trieb Arin ihr Kamel vorwärts und begann den Abstieg ins Labyrinth.
10. Kapitel
Während der abnehmende Halbmond vor der aufgehenden Sonne floh, folgten Arin und ihre Gefährten dem Weg bergab. Zur Rechten erhob sich eine steile Felswand, zur Linken fiel sie ebenso steil ab, und der eigentliche Weg war schmal und uneben. Alos warf einen Blick nach links in den Abgrund, drehte aber den Kopf sofort mit einem lauten Stöhnen nach rechts und schloss fest die Augen, während er zu Garlon betete, er möge sein Kamel sicher leiten.
Auch Egil hatte ein wenig Scheu vor der Höhe, denn wie Alos war er ein Mann des Meeres und kein Bergbewohner. Obwohl er in einem Fjord mit steilen Felswänden aufgewachsen war, hielt das keinem Vergleich mit dieser Umgebung stand. Also biss er die Zähne zusammen, starrte die meiste Zeit stur geradeaus und vertraute auf den sicheren Tritt der Kamele.
Aiko ließ die Höhe jedoch unbeeindruckt, denn ihre Ausbildung in Ryodo hatte viele Kletterpartien beinhaltet. Doch wenn ihr die steilen Wände auch keine Angst einjagten, war Aiko dennoch äußerst beunruhigt, denn ihre Tigerin war in großem Aufruhr, und Dara Arin ritt voraus. Wenn die Gefahr über sie kam, würde ihre Herrin ihr zuerst begegnen und nicht Aiko.
Für die voranreitende Arin war die steil abfallende Felswand ohne jede Bedeutung, nur das schwach leuchtende Band voraus beschäftigte sie, denn sie konzentrierte ihre besondere Sicht ganz auf den abwärts führenden Pfad.
Fast am Ende der Prozession beugte Ferai sich vor und schaute auf den rötlichen Fels, der steil in die Tiefe fiel. Dann schaute sie nach hinten zu Delon und sah ihn ebenfalls in die Tiefe starren. »Habt Ihr keine Angst?«, rief sie. »Es ist nämlich ziemlich hoch.«
Delon lächelte. »Nein, mein Schatz. In meiner Jugend im Gûnarring haben mein Vater und ich oft solche Wände erklommen, wenn auch nicht in einer blutroten Hèl wie dieser hier. Aber ich muss schon sagen, was ist mit dir?«
»Ich war schon auf dem Hochseil, als ich noch keine neun war«, erwiderte sie, »und auch am Trapez. Höhen muss man achten, aber nicht fürchten.«
»Hast du keine Angst, dass dein Kamel scheut?«
Bei Delons Frage stöhnte Alos und hielt sich die Ohren zu.
»Tiere haben mehr Verstand, als so etwas zu tun«, erwiderte Ferai. »Jedenfalls war es im Zirkus so.«
»Zirkus? Du warst in einem Zirkus? Davon musst du mir erzählen.«
Ferai holte tief Luft und überlegte. Abgesehen von der Geschichte über die alte Nom hatte Ferai niemandem etwas über ihre Vergangenheit erzählt, nicht einmal Delon. Sie schaute in die Tiefe und dann wieder zu dem Barden, der hinter ihr ritt und sie noch immer erwartungsvoll ansah. »Eines Tages vielleicht«, rief sie ihm zu und drehte sich dann wieder nach vorn. Eines Tages vielleicht.
Immer weiter abwärts wand sich der Weg durch die blutroten Felsen, manchmal flach, manchmal steil, aber immer schmal und immer dicht an den lotrechten Auffaltungen im Gestein. Den Serpentinen dieses Weges folgten sie beinah sechs Meilen, bis sie schließlich den im Schatten liegenden Boden der zerklüfteten Schlucht erreichten, wo die roten Wände sich gut fünfzehnhundert Fuß steil in den Himmel reckten. Hier in der Tiefe konnten sie nicht mehr sehen, wo sie den Abstieg begonnen hatten, denn der Vorsprung war
hinter unzähligen Windungen, Bögen und Kehren im Weg verborgen.
Wenngleich einigermaßen eben, war der Boden am Grunde der Schlucht nicht breiter als zehn Schritte, und überall lagen Schiefer und kleine Felsbrocken herum, und vor den senkrechten Wänden türmten sich Geröllhaufen. Alles war nackter Fels – keine Erde, keine Pflanzen und kein anderes Zeichen von Leben war zu sehen –, und ein rauer Wind pfiff durch die
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