Elfenkrieger (Mithgar 02)
Augenblick ging die Sonne am Rand des roten Beckens auf und tauchte die Welt in ihre goldenen Strahlen.
Zum ersten Mal seit Wochen allein, liebten sich Arin und Egil auf der weichen Matte in ihrer Gästezelle und verloren sich ineinander.
In einer angrenzenden Zelle saß Ferai mit dem Rücken an der Wand, den Kopf in den Händen, und staunte über die Gefühle, die tief in ihrem Inneren aufkeimten, und fragte sich, was sie tun sollte.
In seiner eigenen Zelle befingerte Delon nachdenklich sein Amulett. Ach, Ferai, meine süße Ferai, mein ganzes Leben habe ich über Amouren gesungen, die Berührung der Liebe aber selbst nie gespürt. Fühlt es sich so an? Bin ich wahrhaftig verliebt?
Auf seiner Matte in einer anderen Zelle schnarchte Alos vor sich hin. Der alte Mann war müde von der langen Reise. Außerdem war er müde, weil er vom Heulen des Dämonenhorns mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen worden war und kreischend damit begonnen hatte, unter sein Bett zu kriechen, ehe ihm wieder einfiel, dass es nur eine mechanische Vorrichtung war, die den Ton erzeugte. Der alte Mann hatte in den Flur gerufen, dass man unter diesen Umständen kein Auge zubekäme, doch Augenblicke später hatte er bereits wieder geschnarcht.
In der großen Zeremonienhalle versammelten sich die Priesterinnen Ilsitts um den in den Boden gemeißelten Kreis zur Morgenandacht, und ihre lieblichen Lieder, welche die Frauen zu Ilsitts Lobpreis sangen, hallten durch die Gänge und Flure des Tempels und auch durch das rote Becken. Sie baten um gute Ernte, um Herzensruhe und um Frieden.
Draußen auf der roten Ebene führte Aiko Burel langsam durch einen tödlichen Schwerttanz.
Es war schon Vormittag, als sie sich zum Frühstück versammelten. »Äbtissin Mayam ist auf dem Feld, aber sie lässt ausrichten, dass sie Euch beim Mittagessen Gesellschaft leisten wird«, sagte Jasmine, während sie ihnen Tee servierte und kleine Portionen Hafergrütze auf Teller füllte, um den Hunger ihrer Gäste bis zum Mittagsmahl zu stillen.
Seite an Seite begannen Egil und Arin ihre Grütze zu löffeln. Alos schien hingegen noch müde zu sein und stocherte in seiner Grütze herum. Delon setzte sich neben Ferai und schenkte ihr ein schüchternes Lächeln, das sie auf gleiche Weise erwiderte. Burel und Aiko, deren Haare schweißverklebt waren, nahmen ein Ende des Tisches in Beschlag und begannen ein Gespräch über spezielle Methoden der Abwehr einer Klinge und der Mittel, sie zu durchbrechen, wobei sie Tee und Grütze gar nicht beachteten. Schließlich sah Aiko ihren Schüler an und sagte: »Esst auf, und wenn wir fertig sind, zeige ich Euch, was ich meine.« Der lernbegierige Burel schaufelte die Grütze rasch in sich hinein, denn je schneller er fertig war, desto eher konnten Aiko und er mit ihrer Übungsstunde weitermachen. Doch Aiko aß langsam und bedächtig, ebenso konzentriert, als wenn sie ihre Waffen pflegte.
Ferai betrachtete ihre Grütze angewidert und sagte: »Nun, Dara, falls Burel hier sich als Der Verfluchte Bewahrer Des Glaubens Im Labyrinth erweist, wird es Zeit, den Schatz zu jagen.«
Burel hielt mit dem Löffel vor dem Mund inne und sah sie an: »Schatz?«
»Den grünen Stein.«
»Ach so.«
»Er muss ein Vermögen wert sein, müsst Ihr wissen. Das heißt, für den richtigen Käufer.«
Arin sagte: »Ferai, ich betrachte ihn nicht als Schatz, sondern als Gegenstand, den wir den Magiern bringen müssen – denjenigen im Schwarzen Berg oder jenen auf Rwn.«
Ohne zu antworten, tauchte Ferai ihren Löffel in die Grütze, doch Burel sagte: »Wie wird er in dem Rätsel noch gleich genannt?«
Arin seufzte. »Die Jadeseele.«
Delon klopfte mit dem Löffel im Takt auf den Stuhl und skandierte dazu:
»Die Katze Die In Ungnade Fiel;
Einauge In Dunklem Wasser;
Den Deck-Pfau Des Wahnsinnigen Monarchen;
Das Frettchen Im Käfig Des Hochkönigs;
Den Verfluchten Bewahrer Des Glaubens Im Labyrinth:
Diese nimm mit,
Nicht mehr,
Nicht weniger,
Sonst wird es dir nicht gelingen,
Die Jadeseele zu finden.«
Burel nickte und lehnte sich dann zurück. »Und was glaubt Ihr, was das Rätsel meint, wenn es den grünen Stein eine ›Jadeseele‹ nennt?«
Aiko zuckte die Achseln, doch Alos sagte: »Huah, Burel, ich hätte gedacht, Ihr wüsstet es.«
»Ich?«
»Ja. Wenn man bedenkt, dass Ihr schon immer in einem Tempel lebt, sollte man meinen, dass Ihr Euch mit Seelen auskennt.«
Burel lächelte und zuckte die Achseln.
Aiko
Weitere Kostenlose Bücher