Elfenkuss
Mund. »Das will ich mir nicht mal vorstellen.«
»Gut, dann vergiss es.«
Sie saßen eine Weile schweigend nebeneinander.
»Muss ich hingucken?«, fragte Laurel.
»Nein, versprochen. Es tut auch wirklich nicht weh.«
Laurel bekam kaum noch Luft, aber die Sache schien wichtig zu sein. »Einverstanden, ich bin dabei.«
»Meine Mom ist Diabetikerin, deshalb hat sie Lanzetten für Bluttests im Haus. Damit geht es wahrscheinlich am besten. Bin gleich wieder da.«
Laurel zwang sich, gleichmäßig zu atmen, während
David unterwegs war. Er kam mit leeren Händen zurück.
»Wo ist das Ding?«
»Sage ich dir nicht. Ich zeige es dir auch nicht. Rutsch rüber, ich habe eine Idee.« Er setzte sich direkt vor sie auf das Bett. »So, du bleibst hinter mir und legst mir die Arme um den Bauch. Du kannst den Kopf an meinen Rücken legen und feste drücken, wenn du Angst bekommst.«
Laurel rutschte in die richtige Position, legte ihr Gesicht an seinen Rücken und quetschte ihn ein, so fest sie konnte.
»Ich brauche eine Hand.« Davids Stimme klang leicht gepresst.
Laurel zwang sich, locker zu lassen, und überließ ihm eine Hand. David rieb sachte über ihre Handfläche, während sie wieder zudrückte. »Kann’s losgehen?«, fragte er.
»Überrasch mich«, sagte sie außer Atem.
Er strich noch ein wenig länger über ihre Hand, bis sie quiekte, weil es sich anfühlte, als hätte ihr Finger einen elektrischen Schlag erhalten.
»Das war es schon«, sagte David ruhig.
»Hast du das Ding weggetan?«, fragte Laurel, ohne den Kopf zu heben.
»Ja«, sagte David. Jetzt klang seine Stimme seltsam matt. »Laurel, sieh dir das an!«
Vor lauter Neugier vergaß sie ihre Angst und lugte über seine Schulter. »Was denn?«
David übte sanften Druck auf die Fingerspitze ihres Mittelfingers aus. Ein klarer Tropfen blieb daran hängen.
»Was soll das sein?«, fragte Laurel.
»Mich beschäftigt mehr, was es nicht ist«, antwortete David. »Nämlich rot.«
Laurel war sprachlos.
»Äh, darf ich …?« David zeigte auf die Schachtel mit den Objektträgern.
»Natürlich«, sagte Laurel wie betäubt.
David nahm ein Glasplättchen und tupfte Laurels Finger darauf. »Darf ich noch mehr machen?«
Laurel nickte nur.
Nachdem er drei Objektträger präpariert hatte, wickelte David ein Papiertaschentuch um Laurels Finger, und sie legte die Hände in den Schoß.
David setzte sich neben sie, sein Bein dicht an ihrem. »Laurel, kommt das immer aus dir raus, wenn du dir wehtust?«
»Das ist schon seit Jahren nicht mehr vorgekommen.«
»Du hast dir doch sicher wenigstens mal ein Knie aufgeschlagen, oder?«
»Bestimmt, muss ja …« Sie brach ab, als ihr kein einziger Vorfall einfiel. »Ich weiß nicht«, flüsterte sie. »Ich kann mich an nichts erinnern.«
David strich sich durchs Haar. »Laurel, hast du überhaupt mal geblutet … in deinem ganzen Leben, irgendwo an deinem Körper?«
Obwohl sie gegen die tiefere Bedeutung seiner Frage wütete, musste sie bei der Wahrheit bleiben. »Ich weiß es nicht, aber ich kann mich wirklich nicht erinnern, jemals mein Blut gesehen zu haben.«
David schob den Stuhl näher an das Mikroskop heran, legte den frischen Objektträger unter das beleuchtete Objektiv und studierte ihn lange durch das Okular. Dann wechselte er den Objektträger aus und forschte weiter. Schließlich holte er einige rotgefleckte Objektträger aus einer anderen Schachtel und betrachtete sie nacheinander.
Laurel rührte sich die ganze Zeit nicht vom Fleck. Er drehte sich zu ihr um. »Und wenn du gar kein Blut hättest, Laurel? Wenn diese klare Flüssigkeit durch deine Adern fließen würde?«
»Das kann nicht sein, David. Alle haben Blut in den Adern.«
»Aber alle haben auch Menschenzellen, also Tierzellen im Epithelgewebe, Laurel, aber du nicht«, antwortete er. »Du hast mir erzählt, dass deine Eltern nichts von Ärzten halten. Warst du überhaupt schon mal bei einem Arzt?«
»Einmal, als ich klein war. Mein Dad hat mir neulich davon erzählt.« Sie bekam große Augen. »Wahnsinn.« Sie berichtete David, was ihr Vater gesagt hatte. »Er wusste Bescheid, so muss es gewesen sein.«
»Und warum hat er deinen Eltern nichts gesagt?«
»Keine Ahnung.«
David war still, er hatte die Stirn gerunzelt. Als er
endlich sprach, kamen die Worte nur zögernd. »Hast du was dagegen, wenn ich etwas ausprobiere?«
»Solange du mich nicht von oben bis unten aufschneidest.«
Er lachte.
Laurel nicht.
»Darf ich deinen Puls
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