Elfenkuss
darauf war David gleichermaßen verschnürt. »Bist du so weit?«, fragte Scarface seinen Partner. Laurel starrte auf den Fluss. Bis zur Mitte waren es
mindestens hundert Meter; dachten die Männer etwa, sie würden laufen? Als spüre er ihre Frage, nahm Scarface Laurel in die eine Hand und den Stein in die andere Hand, als ob sie beide nicht einmal ein Kilo wögen. Red nahm David. Bevor Laurel sich mit diesem Wunder beschäftigen konnte, wurde sie auch schon ins Wasser geworfen. Kalte Luft rauschte um ihr Gesicht, und sie schrie, als sie weit durch die Luft flog, über die Flussmitte hinaus. Sie konnte gerade noch nach Luft schnappen, als der Stein sie unter die Wasseroberfläche und Richtung Grund zog.
Das Wasser stach wie eisige Nadeln, als die brüllende Dunkelheit über ihrem Kopf zusammenschlug. Blinzelnd öffnete sie die Augen und spitzte die Ohren, um etwas von David zu hören. Da sauste sein Stein an ihr vorbei, beinahe hätte er ihren Kopf getroffen, als er in die schlammige Schwärze tauchte. Sie schlang die Beine um Davids Brust, als er an ihr vorbei nach unten glitt. Ihr Stein riss an ihren Armen, aber sie hielt David mit den Beinen fest und hoffte, dass er gut eingeatmet hatte.
Es dauerte nur Sekunden, bis ihre Steine mit einem unheimlichen Klatschen auf dem Grund aufschlugen. Laurel schaute nach oben, konnte aber nicht den kleinsten Lichtstrahl erkennen. Sie konnte Davids weiße Haut nur wabernd vor sich flimmern sehen, ohne erkennen zu können, ob er noch bei Bewusstsein war. Suchenden Mundes tauchte sie in die Düsternis. Erleichterung durchflutete sie, als auch sein Gesicht sich
suchend bewegte. Ihre Lippen trafen sich, und Laurel konzentrierte sich darauf, dass ihre Münder genau aufeinander lagen, bevor sie sanft Luft in seinen Mund blies. Er hielt kurz den Atem an und pustete dann zurück. In der Hoffnung, dass er überhaupt verstand, was sie da tat, zog Laurel ihren Mund zurück und zerrte an ihren Fesseln.
Das Wasser war eiskalt, und Laurel war klar, dass sie schnell handeln musste. Erst musste sie es schaffen, die Hände vor den Körper zu bringen, sonst ging gar nichts. Wenn sie ihre Hände nicht gebrauchen konnte, würde sie vielleicht nicht einmal mehr nahe genug an David herankommen, um ihn noch mal zu beatmen. Sie bückte sich und versuchte, die Arme den Rücken hinunter und unter den Beinen durch zu bringen, aber ihr Rücken wollte sich nicht so weit beugen. Die Haut platzte an ihren Handgelenken auf, als sie in dem Wissen, dass David nicht mehr lange die Luft anhalten konnte, fester zog. Ihr Rückgrat schmerzte, als sie es weiter krümmte und noch ein bisschen weiter. Laurels Körper rebellierte, aber schließlich glitten die Hände doch unter den Knien hindurch und sie befreite tretend die Beine, während sie hektisch nach David suchte. Sie schwang ihm die Arme um den Hals und drückte ihren Mund auf seinen. Während sie überlegte, was sie als Nächstes tun sollte, atmeten sie mehrfach ein und aus. Sie blies noch einmal richtig viel Luft in Davids Mund und löste sich erneut von ihm. Dann zog sie sich an dem Seil, mit dem sie an den Stein gebunden war,
bis zum Grund, wo sie mit tauben Fingern nach etwas Scharfem wühlte.
Doch der Fluss floss zu schnell dahin. Alles, was ehemals hätte scharf sein können, war zu weichem schlüpfrigem Schlick zermahlen. Sie ließ sich wieder zum Atmen nach oben zu David treiben, bevor sie von Neuem abstieg, diesmal an Davids Seil. Ihre Finger arbeiteten an dem Knoten, der um den Stein geschlungen war, und zogen langsam ein Stück Seil los.
Laurel versuchte es weiter und schwamm zu David zurück, um ihn zu beatmen. Er quälte sich damit ab, wie sie die Arme nach vorne zu bringen, aber er war nicht so gelenkig und kam nicht voran. Nach einem tiefen Atemzug rackerte David weiter mit den Armen, aber es klappte überhaupt nicht. Laurel biss die Zähne zusammen, sie war auf sich allein gestellt. Langsam hangelte sie sich an dem Seil nach unten zu dem Knoten.
Nach drei weiteren Beatmungen löste sich der Knoten in ihrer Hand, doch das Seil lag noch immer unter dem Stein fest. Laurel drückte sich in den Grund und wuchtete den Stein los, um das letzte bisschen Seil loszukriegen. Sie rutschte aus und schleuderte den einen Flip-Flop weg, der ihr nach dem Wurf ins eisige Wasser geblieben war. Mit den Zehen suchte sie besseren Halt an dem schroffen Stein und machte sich weiter daran zu schaffen, um ihn wenigstens ein paar Zentimeter wegzurollen. Als er sich
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