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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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wird geschehen, wenn ich jene zurückschicke, die hier waren? Sie kennen den Weg nach Albenmark. Werden sie ganze Heerscharen hierher bringen? Niemand weiß, wie viele Yingiz es gibt. Sind es genug, um eine ganze Welt in Schatten zu tauchen? Und wächst ihre Macht, wenn sie in großer Zahl kommen? Wenn Ollowai wiederkehrt, dann wird er mir Antwort auf diese Fragen bringen.«
    »Und wenn er nicht wiederkehrt? Er ist nun schon so viele Jahre verschwunden.« Niemand hatte es bisher gewagt, dies in Gegenwart der Königin offen auszusprechen. Man stellte Emerelles Entscheidungen nicht in Frage, es sei denn, man war bereit zu riskieren, in die Verbannung geschickt zu werden. Doch hatten jene, die den Schatten zum Trotz noch im Palast ausharrten, nicht ein Recht darauf zu erfahren, wie es weiterging? Manche munkelten schon, Emerelle habe sich immer noch nicht von den schweren Verletzungen erholt, die sie in Vahan Calyd erlitten hatte. Fast einen Winter lang war sie bewusstlos gewesen, und manche waren der Meinung, sie sei auch jetzt noch wie erstarrt.
    »Er wird zurückkehren«, sagte Emerelle leise und in sich gekehrt.
    »Aber wie kannst du dir da so sicher sein?« Die Königin sah auf, und ihr Blick war wie der einer Sphinx, undeutbar und geheimnisschwanger. Es war unmöglich, an ihren Augen abzulesen, was sie wohl denken mochte. »Du wagst dich weit vor.« Obilee presste die Lippen zusammen. Jemand hatte diese Frage stellen müssen. Sie würde sich nicht dafür entschuldigen, es getan zu haben.
    »Er ist nun seit sieben Jahren, zwei Monden und dreizehn Tagen fort.« Die Königin lächelte scheu. »Und siebzehn Stunden. Niemand in ganz Albenmark erwartet seine Rückkehr so wie ich.«
    Die junge Elfe war überrascht, ja fast erschrocken. Es war nicht Emerelles Art, so offen zu sein. Noch nie hatte Obilee erlebt, dass ihre Herrin ihre Gefühle verriet.
    Die Königin legte ihre Rechte auf die Brust, dort, wo ihr Herz schlug. »Ich kann ihn fühlen.« Ihr Blick wurde nun weicher.
    »Ich weiß, dass er lebt, auch wenn ich nicht in Worte zu fassen vermag, warum es so ist. Ich spüre ihn. Seine Gedanken. Sein Wesen.« »Ist es seine Seele, die du an dich gebunden hast?«, fragte Obilee erschrocken.
    Jetzt lachte Emerelle. »Nein. Vielleicht hat er einen Teil meiner Seele mit sich genommen. Vor Jahrhunderten schon.«
    »Ihr wart einst ein Paar?«, fragte Obilee, alle Etikette vergessend.
    »Vor sehr langer Zeit. Er gab sein Leben für mich. Seitdem warte ich auf ihn.«
    »Und er wurde erst so spät wiedergeboren? Oder hat er dich...«
    Emerelle senkte den Blick. »Ich hoffe noch darauf.«
    Die junge Elfe verstand. Emerelle hatte bei Hof ihre Gefühle gegenüber Ollowain bislang gut verborgen. Doch nun erschien manches in einem neuen Licht. Der schnelle Aufstieg Ollowains hatte wohl nicht allein mit seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten zu tun. Und seine Treue gegenüber Emerelle, die schon legendäre Züge annahm, bekam einen tragischen Beiklang. Ahnte seine Seele etwas, das sich seinen Gefühlen nicht erschlossen hatte? Gab es ein Gedächtnis der Seele, das mit Erinnerungen nichts zu tun hatte, aber dennoch das Leben bestimmte? Man sprach einen Wiedergeborenen nicht auf seine alten Bande an. Dies gehörte zu den ungeschriebenen Gesetzen unter allen Elfenvölkern. Die Verbliebenen erwarteten jene, die sich wieder in Fleisch kleiden würden, weil sie nicht den Weg ins Mondlicht gefunden hatten, aber man beschwerte das Leben der Wiedergeborenen nicht mit ihrer Vergangenheit. Und unter Liebenden war es auch oft so, dass man wieder erkannt werden wollte. Dass man darauf hoffte, die Liebe sei etwas Unsterbliches. Meist erinnerten sich die Wiedergeborenen jedoch nicht an ihr früheres Leben. Sehr selten vernahm man Geschichten um eine Liebe, die den Tod überdauerte, auch wenn ein Abgrund aus Jahrhunderten das Paar trennte. Nur wenn zwei Seelen sich so nahe gekommen waren, dass sie wie eine wurden, dann konnten sie wieder zueinander finden, so hieß es.
    Obilee fragte sich, wie oft der Schwertmeister wohl schon wiedergekehrt war und Emerelle nicht erkannt hatte. Die verletzliche Scheu, mit der die sonst so unnahbare Königin reagierte, erschien ihr ein Hinweis darauf, dass Ollowain wohl nicht der erste Leib war, in dem die alte Seele von Emerelles Geliebtem zurückkehrte.
    »Wenn er lebt, dann empfinde ich die Last der Jahrhunderte als weniger drückend. Mit ihm wird ein Stück meiner Jugend wieder lebendig. Er war mein Gefährte,

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