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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Halbelf verharrte; ein Schatten, umspielt von Safran. Das Nachtlager von Shandral und Leylin war nur zwei Schritte entfernt. Sie lagen unter einem blutroten Seidentuch, auf das ein Muster aus goldenen Schlangen gedruckt war. Beide waren nackt. Shandral hatte helle Haut von der Farbe alten Elfenbeins. Sein Leib war drahtig, nicht sonderlich muskulös. Es war nicht zu übersehen, dass er kein Krieger war. Das Laken war um seine Hüften geschlungen. Er hatte sich zur Seite gedreht, von Leylin abgewandt.
    Die Elfe lag auf dem Rücken. Ihre Haut hatte einen zarten Alabasterton. Das lange Haar umgab sie wie eine Decke, gewoben aus Finsternis. Die Tusche um ihre Augen war verlaufen, als habe sie geweint.
    Sanft erhoben sich ihre kleinen Brüste aus der Flut der Haare, gekrönt von zarten Knospen. Wovon mochte sie wohl träumen? Melvyn bemerkte die Verfärbungen. Ein Muster dunkler, ineinander verlaufender Flecken rahmte ihre linke Brust. Auf der Innenseite ihrer Schenkel sah er ähnliche Flecken. Er ballte die Fäuste. Shandral sollte einen Unfall haben!
    Im selben Moment, indem er das dachte, schlug sie die Augen auf. Obwohl sie ihn geradewegs ansah, zuckte sie nicht zusammen. Sie blinzelte. Lange sah sie ihn schweigend an. Shandral reckte sich unruhig.
    »Geh!«, bedeutete sie ihm in Zeichensprache. »Er wird dich töten, wenn er erwacht.« Melvyn hob die Hände, sodass Leylin sie gut sehen konnte. »Ich gehe nur mit dir.«
    »Ein Laut von ihm, und die Wachen kommen. Bitte geh! Er würde dich in die Schmiede schaffen lassen ...« Welch einen besonderen Schrecken die Schmiede haben sollte, verstand Melvyn nicht. »Ich fürchte nicht den Tod. Zwei Tage habe ich dich nun nicht gesehen. Welchen Schrecken hat der Tod, wenn das Leben mein Herz verbrennt?«
    Sie lächelte traurig. »Ich kenne deinen Ruf.«
    »Aber kennst du deshalb mich?«
    »Was willst du hier?«
    Nun lächelte er. »Dich holen«, antworteten seine Hände.
    »Das Haus ist voller Wachen. Du bist verrückt! Wir kämen nicht einmal bis zur Treppe.«
    »Ich habe einen Wolkentaucher zum Freund. Und ja, ich bin verrückt. Verrückt in meiner Liebe zu dir.«
    Ihre Augen schimmerten. »Ich kenne dich. Geh!«
    »Und wenn es Lügen wären, die man über mich erzählt? Man nennt mich auch einen Räuber, und doch bin ich hier, um für die Freiheit von Feylanviek zu kämpfen. Welchen Gewinn hätte ein Räuber davon?«
    Sie schüttelte sanft den Kopf. Zugleich glaubte er ihrer Miene zu entnehmen, dass sie sich wünschte, die Worte, die seine Finger ins Dunkel zeichneten, seien wahr.
    Shandral bewegte sich unruhig im Schlaf. Er gab einen gurrenden Laut von sich. Ein Wort in einer fremden Sprache? Etwas an diesem Ton war Ekel erregend. Melvyn strich über die Wülste seiner breiten Armschienen. Er könnte Shandral binnen eines Atemzuges töten. Doch als Mörder eines Elfenfürsten wäre er für immer geächtet. Emerelles Häscher würden ihn finden, das wäre nur eine Frage der Zeit. Shandrals Wunden würden verraten, wer ihn getötet hatte. Natürlich könnte er den Fürsten auch mit dem Seidenlaken erdrosseln. Doch dann würde der Verdacht auf Leylin fallen. Und vielleicht würde sie auch gar nicht zusehen, wie er ihren Gatten ermordete, sondern die Wachen rufen. Melvyn kannte den Ruf der Spinnenmänner. Er würde dieses Haus nicht lebend verlassen, wenn sie ihn hier entdeckten.
    »Ich werde deinen Mann bei seinem Namen rufen und ihm sagen, dass ich dich liebe und er dich ziehen lassen soll.«
    Ihre Augen weiteten sich vor Schrecken, und ihre Hände zitterten, als sie ihm antwortete. »Dann sind wir beide tot. Das ist kein Spaß, Räuberhauptmann.«
    »Ohne dich ist mein Leben ebenso verwirkt.«
    »Das sind nur leere Worte.«
    »Ich sage sie deinem Mann ins Angesicht, auch wenn das mein Tod ist. Ich werde alles tun, um deine Zweifel an mir zu zerstreuen.« Er trat zwischen den Safranschleiern hervor ins Zimmer. »Ich hauche ihm das Geständnis meiner Liebe zu dir ins Ohr.«
    Leylin setzte sich mit einem Ruck auf. »Nein!«, sagte sie laut und erschrak, weil es diesmal nicht ihre Finger waren, die gesprochen hatten.
    Shandral wälzte sich auf die andere Seite und blinzelte. »Was hast du?«
    »Ein schlechter Traum«, stammelte sie.
    Melvyn stand wie versteinert. Der Fürst sah Leylin an. Noch hatte Shandral ihn nicht bemerkt. Doch die leichteste Bewegung mochte seine Aufmerksamkeit erwecken.
    Die langen, schlanken Finger des Fürsten spielten mit Leylins Haar. Dann zog er mit

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