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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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hinterher.
    Sie hörten seine schweren Schritte auf den Holzdielen. Dann war er fort, ohne ihr geantwortet zu haben. »Ich hole die Träger.«
    Die Heilerin hielt Ollowain zurück. Sie sah ihn durchdringend an. Ahnte sie etwas? »Er wird uns helfen«, sagte sie ruhig. »Aber du wirst Leylin für ihn nicht retten können.«
    Der Schwertmeister räusperte sich. »So«, war alles, was er hervorbrachte.
    »Diese Helme«, fuhr Nardinel flüsternd fort. »Ich kenne sie. Die Wachen Alathaias tragen solche Tiermaskenhelme. Shandral lässt in seinen Schmieden die Rüstungen und Waffen für die Streiter seiner Meisterin fertigen. Aber dieses Zimmer war mehr als nur eine Kammer, in der man die Meisterwerke seiner schwarzen Schmiedekunst ausstellte. Hast du es gerochen?«
    Ollowain nickte knapp. Hatte sie sein falsches Versprechen vielleicht doch nicht durchschaut? Wie sollte sie ahnen, dass er den Tod suchte! »Der Geruch ... Ja. Opium, nicht wahr? Shandral hat es ihr wohl gegeben, um ihre Schmerzen zu lindern.«
    Nardinel sah ihn traurig an. »Glaubst du, ein Mann, der seinem Weib mit Schmiedehämmern die Knie zerschmettern lässt, würde ihr danach Opium geben, damit sie die Schmerzen besser ertragen kann?«
    Ollowain breitete hilflos die Hände aus. »Shandral ist verrückt. Meinem Verstand verschließt sich, was in seinem Kopf vorgeht. Vielleicht hat er seine Untat bereut? Vielleicht liebt er Leylin immer noch?«
    Nardinel sah unschlüssig zur Tür hinüber. Dann bückte sie sich zu Obilee und überprüfte den Verband an ihrem Kopf. »Sag Melvyn nicht, was ich dir jetzt anvertraue. Er würde das nicht verkraften. Aber du solltest es wissen, bevor ihr beide eine Suche beginnt, die nur in Blutvergießen und Wahnsinn münden kann. Ich fürchte, Shandral genügt es nicht, Leylins Leib zu zerstören. Wenn sie stirbt, geht sie entweder ins Mondlicht, oder aber sie wird wiedergeboren. Mit dem Leben streift sie alles ab, was man ihrem Körper angetan hat. Deshalb will Shandral ihre Seele verletzen. Er will ihr etwas antun, das sie in alle weiteren Leben verfolgt, die ihr vielleicht noch bestimmt sind. In der Kammer roch es nicht nur nach Opium. Man hat dem Opium auch weißen Weihrauch beigemischt. Richtig dosiert verursacht er starke Halluzinationen. Stell dir vor, wie Leylin hilflos im Bett liegt, schwer verletzt und außer Stande, ihr Zimmer zu verlassen. Ihre Sinne sind vom Räucherwerk benebelt. Und überall an den Wänden hängen diese Masken. Sie wird keine Helme gesehen haben. Für sie waren diese Fratzen lebendig. Vielleicht hat sie sie sogar flüstern hören. Er will Leylin in einem Ausmaß zerstören, das du dir nicht einmal vorstellen könntest, Ollowain. Es wäre besser gewesen, sein Pferd hätte ihn zu Tode gequetscht.«
    Der Schwertmeister wollte das nicht hören. Was konnte er noch tun? Er würde die Gräfin Caileen zu sich befehlen. Vielleicht konnte er sie dazu bringen, Melvyn bei seiner Suche zu helfen. Sie musste ihren Fürsten doch kennen. Der Adel hatte sich von Shandral abgewandt. Sie wäre gewiss eine gute Verbündete.
    »Ich sehe jetzt selbst nach Trägern für eine Bahre«, sagte Nardinel, als er zu lange geschwiegen hatte.
    Ollowain betrachtete die junge Elfe. Sie lag reglos da. Ihr Haar war von Blut verklebt. Wenigstens war sie dem Abgrund entronnen, der sich hier aufgetan hatte. Wenn auch nur knapp.
    Obilees Augenlider flatterten. Sie sah ihn an. Erkannte ihn. Ihre Pupillen waren winzige Punkte. Die Lippen der Elfe bewegten sich. Ollowain beugte sich vor, dennoch konnte er ihre Worte kaum verstehen. »Ich habe sie gesehen ... Ihre Beine ...«
    »Shandral wird dafür zur Verantwortung gezogen, was er getan hat. Ich weiß, was du ...« Obilee sah ihn mit schreckensweiten Augen an. Sie bot all ihre Kraft auf, um ihm etwas mitzuteilen. »Die Beine ...«, sagte sie noch einmal. Dann wurde sie wieder ohnmächtig.

WILLKÜR

    Emerelle saß allein in ihrem Thronsaal und betrachtete in Gedanken versunken die silbern funkelnden Wasserkaskaden, die in niemals versiegendem Strom die Wände hinabrannen. Seit er gegangen war, dachte sie nur noch an ihn. Sie zürnte ihm noch immer. Aber sie versuchte auch, ihn zu begreifen. Warum hatte er das getan? Wusste er nicht, wie bedeutend er für Albenmark war? Er war unersetzlich! Und das nicht nur für Albenmark ...
    Ollowain kannte die Gesetze der Bibliothek. Er hätte das Buch nicht stehlen dürfen. Er wusste, welche Konsequenzen er dafür zu tragen hatte. Auch wenn der

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