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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Silberhand auf und löste die Schutzkappe über Gandas Armstumpf. »Dafür, dass du vierzehn Jahre verloren hast, hast du es verdächtig eilig. Was zählt da noch ein Tag oder zwei? Und was den Elfen angeht, rate ich dir, frage dein Herz nach der Wahrheit. Ich hoffe, das hast du nicht zugleich mit deiner Hand verloren. Worte legen sich manchmal wie ein Schleier vor die Wirklichkeit. Sie blenden den Verstand. Das Herz zu täuschen ist schwieriger. Das ist meist unser eigenes Werk. Und nun beiß die Zähne zusammen und setz dich, sonst kommt Breitnase nicht an deinen Stumpf heran.«

OLLOWAINS VERSPRECHEN

    Der Schwertmeister zog den Vorhang zur Seite. Blasse Lichtfinger tasteten in das Zimmer. Nardinel kniete noch immer neben Obilee. Die Heilerin zitterte vor Erschöpfung.
    Kalte Wut packte Ollowain, als er die vielen blutigen Fußabdrücke sah. Sie hatten die Elfe einfach zur Seite gezogen und das Zimmer ausgeräumt. Dabei waren sie immer wieder durch die große Blutlache gelaufen.
    Es war ein Wunder, dass Obilee noch lebte! Der Armbrustbolzen hatte sie in einem glücklichen Winkel getroffen und war am Schädel entlanggeschrammt. Sie hatte sehr viel Blut verloren. Wären sie nur eine halbe Stunde später gekommen, wäre es vermutlich zu spät gewesen. Der Kobold, der Melvyn benachrichtigt hatte, hatte Obilee das Leben gerettet.
    Ollowain machte sich Vorwürfe, weil er nicht in Erwägung gezogen hatte, dass Shandral flüchten könnte. Und er machte sich Vorwürfe, weil er sich überhaupt dazu hatte hinreißen lassen, die Intrige um den vermeintlichen Unfall des Fürsten zu spinnen. Das Lügen und Ränkeschmieden war nicht seine Welt!
    Aber Shandral kannte sich damit gut aus, wie er wohl alle dunklen Seiten der Seele ausgelotet hatte. Natürlich hatte der Fürst durchschaut, was auf dem Festplatz wirklich geschehen war. Jedenfalls beinahe, denn er ging gewiss davon aus, dass man ihm nach dem Leben getrachtet hatte. Dabei war es Ollowain nur darum gegangen war, ihn mit einem gebrochenen Arm oder Bein für jene Verbrechen zu bestrafen, die sich der Gerechtigkeit elfischer Gesetze entzogen.
    Nardinel erhob sich. Ihr Gesicht wirkte eingefallen, und ihre Haut war fast durchscheinend. »Sie wird es überleben. So etwas habe ich noch nie gesehen. Der Armbrustbolzen hat eine tiefe Furche durch den Knochen gezogen, und das auf einer Länge von mehr als einer Hand. Aber er ist nicht durchgeschlagen. Sie wird schlimme Kopfschmerzen haben, wenn sie erwacht. Wahrscheinlich wird sie sich auch an den vergangenen Abend nicht mehr erinnern können. Aber sonst wird von der Wunde nichts zurückbleiben. Ich habe den Knochen wieder hergestellt und die Wunde geschlossen.« Die Heilerin lächelte müde. »Für eine Kriegerin war sie mir sehr zart erschienen, aber sie ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Dickschädel. Wenn du von deinem Feldzug zurückkehrst, wird sie wahrscheinlich schon wieder herumlaufen und jeden Rat von mir, sich zu schonen, in den Wind schlagen.«
    Melvyn war die ganze Zeit über unruhig im Zimmer auf und ab gegangen. »Sie war hier, nicht wahr?« In den Holzdielen des Bodens konnte man die Abdrücke von Bettpfosten sehen. Warum Shandral das ganze Bett hatte mitnehmen lassen, war Ollowain schleierhaft. Es fehlten zwar auch andere Möbel im Haus, aber keine Betten. Auf einer hastigen Flucht belastete man sich doch nicht mit so etwas! Auch waren draußen im Flur offensichtlich Vorhänge abgenommen worden. Kein einziger Kobolddiener war zurückgeblieben, der ihnen Antwort geben konnte, was in den letzten Stunden im Stadtpalast vor sich gegangen war. Sogar die Kobolde, die in der Schmiede am Wehr gearbeitet hatten, waren verschwunden.
    »Warum hängen hier überall diese grässlichen Masken?« Melvyn ballte die Hände zu Fäusten. »Ich wünschte, ich hätte diesen Mistkerl aufgeschlitzt. Ich ...« Tränen der Wut standen ihm in den Augen. »Ich war in der Schmiede. Ich hab sie mir angesehen. Warst du einmal dort, Ollowain? Hast du die Hämmer gesehen?«
    »Wir werden ihn finden. Und wir werden auch Leylin wieder finden.«
    »Schöne Worte! Wölfe schützen die Schwächsten im Rudel. Und wir ... Wir finden schöne Worte. Wer weiß, was er Leylin noch alles antun wird? Ich kann doch nicht hier sitzen und ...«
    »Was willst du stattdessen tun? Wo willst du sie suchen?«, fuhr Ollowain ihn an. »Glaubst du, Shandral ist so dumm und flüchtet in seinen Fürstenpalast? Das wäre ja wohl der erste Ort, an dem du ihn suchen

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