Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
Hornschnabel überging. »Fürchten dich die Wölfe noch immer, Starkschnabel?«, fragte sie zärtlich. »Alt wie ein Fels kommst du mir vor und genauso stark. Ich weiß noch, wie ich im Schatten zwischen deinen Beinen mit Grashüpfern gespielt habe. Kennst du mich noch?«
    Die große Echse legte den Kopf schief. Die weiten Nüstern bebten. Fauchend schnaubte das Reptil. Dann schoss die raue, lila Zunge hervor. Ihre Berührung fühlte sich an, als reibe grober Sand über Gandas Haut.
    »Komm herauf!«, erklang eine Stimme über ihr. Auf das Geländer der Bambusplattform stützte sich ein junger Lutin. Er zwinkerte ihr freundlich zu. Etwas an ihm kam Ganda vertraut vor. Selbst für einen Lutin war der junge Mann recht extravagant gekleidet. Seine Hose war mit goldenen Blumen bestickt. Statt eines Gürtels trug er eine breite, rote Bauchbinde, aus der die Griffe des Häutermessers und des Nackenstechers hervorlugten. Seine Lederjacke war mit roten Litzen abgesetzt. Um den Hals hatte er einen schmuddelig weißen Seidenschal geschlungen. Die Jacke klaffte weit offen, sodass man seinen flachen Bauch sehen konnte. Ein hübscher Kerl, dachte Ganda beiläufig. Sie kletterte die Leiter hoch und duckte sich unter dem Geländer hindurch.
    Der Krieger schnalzte mit der Zunge. »Du siehst gut aus, Tante Ganda. Du ...« Sein Blick verharrte auf ihrer Silberhand. »Bei den Alben, was ist denn das?«
    Ganda überging die Frage. »Tante?« Der Lutin lächelte breit. »Nikodemus. Ich war noch ein Junge, als die Elfen dich verschleppt haben, Kommandantin. Das hat sich inzwischen geändert.« Ganda trat einen Schritt zurück und musterte ihn noch einmal von den Ohrenspitzen bis zur Sohle. Niemals hätte sie in dem selbstsicheren jungen Kobold den schüchternen Jungen von einst erkannt. Jetzt verstand sie, warum er einen so nachhaltigen Eindruck bei Rika, der Flusshexe, hinterlassen hatte.
    Er deutete über die Schulter. »Mein Bruder erwartet dich, Kommandantin Schlüsselchen.« Nikodemus beugte sich vor und flüsterte. »Pass auf dich auf. Er hat heute wieder seine Stimmungen. Er ist wütend, weil die Trolle sich dermaßen das Fell gerben lassen. Sei vorsichtig mit dem, was du sagst. An solchen Tagen weiß man nie, wie er sich verhalten wird.«
    »Danke«, entgegnete sie knapp. Zumindest daran hatte sich also nichts geändert. Elija war auch früher schon für seine Launen berüchtigt gewesen, auch wenn Nikodemus das als Kind vielleicht nicht hatte wahr haben wollen.
    Plötzlich umarmte der junge Lutin sie. Er drückte sie fest an sich. Ganda schob die spitze Fuchsschnauze in seinen offenen Kragen. Er duftete angenehm nach Schweiß, Fuchsfell und dem unverwechselbaren Geruch der Hornechsen. Die Lutin musste mit den Tränen kämpfen. Fast ihr ganzes Leben hatte sie dieser Geruch umgeben. Sie war zu Hause! Kein Duftwasser der Elfen roch so köstlich.
    »Geh jetzt, Tantchen«, drängte Nikodemus. »Er wartet nicht gern.« Ganda löste sich aus der Umarmung. Wolfsbeißer bewegte sich, und die Plattform schwankte ein wenig. Ganda musste nach dem Geländer greifen, um ihr Gleichgewicht zu halten. Nikodemus hatte das nicht nötig. Er grinste sie an. Wer hätte gedacht, dass aus dem kleinen Lümmel einmal so ein gut aussehender Lutin werden würde! Als Ganda das schwarze Zelt umrundete, fühlte sie sich zunehmend unwohler. Früher hatte sie sich ganz gut darauf verstanden, wie man Elija zu nehmen hatte. Ob er sich wohl sehr verändert hatte? Der Anführer der Lutin wandte ihr den Rücken zu. Er blickte auf ein weites Feld hinaus, auf dem sich ein großes Rudel Trolle ein erbittertes Gefecht mit den Streitwagen der Elfen lieferte. Elija hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Ganda spürte, dass er um ihre Anwesenheit wusste. Aber er ließ sie warten. Strafte sie mit seinem Schweigen.
    Elija hatte sich einen weiten, rotbraunen Ledermantel lose um die Schultern gehängt. Aus der linken Tasche lugte eine rote Mütze hervor. Um den Hals des Kobolds war ein weinroter Schal geschlungen. Eine abgewetzte blaue Hose mit breiten roten Streifen über den Nähten war nachlässig in hohe Schaftstiefel gestopft. Ob er ein Hemd trug, konnte Ganda nicht sagen, solange er ihr den Rücken zuwandte.
    Die Trolle behaupteten sich im Kampf gegen die Streitwagen. Als die Elfen sie nicht zu überrennen vermochten, zogen sie sich zurück.
    »Die Masse triumphiert über die Arroganz der Elite«, sagte Elija endlich. Dann wandte er sich um. Seine Brust war mit

Weitere Kostenlose Bücher