Elfenlicht
eifersüchtig auf Kadlin gewesen. Immer wieder hatte er seinen Vater abends am Feuer sitzen sehen, das blaue Kinderkleid auf dem Schoß. Dieses Kleidchen war alles, was ihm von Kadlin geblieben war.
Damals hatte Ulric sich gewünscht, Vater würde mit ihm reden und spielen, statt einfach nur vor sich hin zu starren. Mit den Jahren hatte er diese Eifersucht besiegt. Es war albern, auf ein totes Mädchen eifersüchtig zu sein!
»Ach Halgard, wärst du doch weniger scharfsichtig.« Ulric beschloss, das Geheimnis für sich zu behalten. Daran zu rühren, würde eine Tragödie heraufbeschwören.
EINE ANDERE ART VON KRIEG
Elodrin legte Emerelles Brief zur Seite und sah seine Vertrauten und Ratgeber der Reihe nach an. »Ich verstehe die Königin nicht mehr«, sagte er sehr leise.
Im Kartensaal des Palasts der Gilde der Safranhändler herrschte gedrückte Stimmung. Elodrin hatte der Königin dreimal geschrieben und sie gebeten, ihre neue Strategie noch einmal zu überdenken, aber sie war halsstarrig und blieb bei ihrer Meinung. Auf seine Bitten, nach Feylanviek zu kommen und sich von der Lage an der Grenze selbst ein Bild zu machen, hatte sie erst gar nicht reagiert. Es war nicht mehr die Herrscherin, die er einmal gekannt hatte. Zuletzt hatte er Obilee geschickt, weil die junge Kriegerin ein besonders gutes Verhältnis zur Königin hatte, doch selbst ihr gegenüber war sie wortkarg und abweisend gewesen. Und Obilee hatte ihm erzählt, dass Alathaia auf der Burg der Königin weilte. Das war ihm eine Erklärung für die grausamen Befehle der Herrscherin.
Die Tür zum Kartensaal schwang auf, und Graf Fenryl trat ein. Er trug einen Verband um die Stirn, in den frisches Blut sickerte. Sein Leinenpanzer und sein Umhang erstrahlten im Weiß von frisch gefallenem Schnee. Der Helm, den er unter den Arm geklemmt trug, schimmerte silbern. Manchmal, wenn er ihn nur aus den Augenwinkeln sah, hatte Elodrin das Gefühl, Ollowain sei wieder unter ihnen. Er hatte den Schwertmeister nicht gut gekannt, und sie hatten miteinander gestritten, aber es ließ sich nicht leugnen, dass er ein guter Feldherr und ehrenhafter Mann gewesen war.
»Du bringst Nachricht aus der Snaiwamark?« Fenryl legte den Helm auf dem Kartentisch ab und begrüßte die Versammelten: Yilvina und Obilee, die Gräfin Caileen, die den Oberbefehl über die Streitwagen und Reitertruppen führte, und die Heilerin Nardinel.
Der Graf warf einen Blick auf die Karte und deutete auf den Mordstein. »Es ist Bewegung in die Truppen gekommen. Die Trolle verstärken ihr Heer. Viele junge Welpen sind vor der Zeit zu den Waffen gerufen worden. Sie haben Truppen nach Osten in Richtung der Walbucht in Marsch gesetzt. Weitere fünftausend Krieger sind auf dem Weg nach Süden. Sie stehen kurz vor Jerash und blockieren den Weg hinauf zum Mordstein.« Er machte eine kurze Pause.
»Und was noch schlimmer ist, ich habe Orgrim gesehen. Er scheint den Oberbefehl zu führen. Man spürt es. Die Dinge ändern sich. Es sind viel mehr Späher und Streifen unterwegs. Sie wollen uns unsere Augen nehmen. Ich bin zweimal von Raben angegriffen worden. Ich glaube, Orgrim hat seinen Schamanen befohlen, jeden Vogel vom Himmel zu vertreiben. Auf all meinen Flügen mit Schneeschwinge in diesem Sommer bin ich nicht ein einziges Mal von anderen Vögeln angegriffen worden und nun gleich zweimal. Ich bin nicht geneigt, das für einen Zufall zu halten. Auch wird die Flotte in der Walbucht zum Auslaufen bereit gemacht. Es sind mehr als achtzig riesige schwarze Galeassen. Sie könnten ein ganzes Heer darauf einschiffen. Jede der Galeassen kann zweihundert oder mehr Krieger an Bord nehmen.«
Elodrin versuchte ein Lächeln, um seine Niedergeschlagenheit zu verbergen. »Du bist sicher, dass Orgrim gekommen ist? Er hat doch ein Herzogtum in der Anderen Welt.« Eigentlich zweifelte er nicht an Fenryls Worten. Er wollte lediglich etwas Zeit gewinnen, um seinen Entschluss noch einmal zu überdenken.
»Ein Irrtum ist ausgeschlossen. Wenn ich mit Schneeschwinge fliege, sind meine Augen so scharf, dass ich jeden Namen auf der Landkarte hier noch aus hundert Schritt Entfernung lesen könnte. Es ist Orgrim. Ich kenne ihn noch von Phylangan. Es war sein tollkühner Angriff ins Herz der Festung, der das Schicksal der uneinnehmbaren Felsenburg besiegelte. Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen.«
»Die marschierenden Truppen und das Spielchen mit der Flotte, all das ist nur Augenwischerei«, erklärte Elodrin. »Orgrim
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