Elfenlicht
Reiterangriffs. Wie eine Lawine war er durch die Spitzen des Trollangriffs gebrochen und hatte alles mit sich gerissen, bis er an Kraft verlor und zuletzt aufgehalten wurde.
Es waren wenig mehr als fünfhundert Menschen, die wir dem Leichenfeld entreißen konnten, und kaum einer war dem Schrecken der Schlacht ohne Wunden entkommen. Jene von uns, die von Anfang an dabei waren, werden wohl für immer ein anderes Bild von den Männern und Frauen des Fjordlands haben. Sie haben nicht unser Geschick und unsere Kunstfertigkeit im Umgang mit Waffen. Wenn vier von ihnen sich einem Troll stellen, dann werden drei davon mit dem Leben bezahlen, bevor das Ungeheuer vielleicht bezwungen ist. All jene, die gern abfällig über Menschen sprechen, fordere ich auf, daran zu denken, wie viel Mut es erfordert, sich solchen Gegnern zu stellen und nicht zu weichen. Wir, die wir als ausgebildete Elfenkrieger darauf hoffen dürfen, sogar allein in einem Kampf mit einem Troll bestehen zu können, werden diesen verzweifelten Mut niemals ermessen können.
Nie werde ich vergessen, wie mir der stolze Fingayn aus dem Sturm entgegenwankte. Selbst am Ende seiner Kräfte, trug er ein rothaariges Menschenmädchen in den Armen, dem vom Frost fast die Seele entrissen worden war. Der sonst so Schweigsame, der sich gern den Blicken entzieht, stammelte von ihrem Mut und ihrem Geschick, unfähig, einen Satz mit einem Anfang und einem Ende hervorzubringen. Yilvina, die viele für die Meisterschülerin Ollowains hielten, stand breitbeinig vor einem Mann ohne Nase, der seinen Sohn betrauerte und das Kämpfen aufgegeben hatte. Verletzt war sie umringt von toten Trollen und bot, als wir sie fanden, noch immer dreien von ihnen die Stirn, statt den hässlichen Kerl und den Toten ihrem Schicksal zu überlassen.
Wir brachten die Menschen zu unseren Schiffen, da öffneten sich die Tore der Nachtzinne. Und heraus trat Elodrin und war wie eine Missgeburt des Krieges anzusehen. Nackt, wie er einst aus dem Schoß seiner Mutter gekommen war, stand er im Tor, mit Blut beschmiert, in jeder Hand ein Schwert. Sein weißes Haar klebte ihm in roten Strähnen am Kopf, und in seinen Augen funkelte der Wahn, der manche befällt, die das Töten zu sehr lieben.
Er und seine Kriegerschar hatten Stunden gebraucht, um sich einen Weg durch die mit Steinen verfüllten Tunnel zu bahnen, von denen er sich einen so einfachen Weg ins Herz der Festung versprochen hatte. So fanden wir also zuletzt doch Zuflucht in der Nachtzinne.
Elodrin hatte hunderte Gefangene gemacht, denn wie sich zeigte, hatte Orgrim alle Weiber und Welpen – wie die Trolle ihre Kinder nennen – in die stärkste Festung der Trolle befohlen. Hätte ich geahnt, welch schändlichen Verrat Elodrin an ihnen und auch an den Menschen plante, ich hätte den Fürsten getötet, als ich ihn durch das Tor schreiten sah. Jetzt, so viele Jahre später, fällt es mir schwer zu begreifen, warum ich das deutliche Bild nicht verstand, als er mir unter dem Tor entgegentrat, nackt und blutbedeckt.
Alles, was einen ehrenhaften Herrscher ausmacht, war von ihm abgefallen. Doch in jener stürmischen Nacht war ich froh, dass er das Tor zur Nachtzinne öffnete und allen Zuflucht vor dem Wüten des Winters gab, denn für das Wüten in seinem Herzen blieb ich blind, bis es zu spät war, das Verhängnis abzuwenden....
AUS: DER BLICK DES FALKEN, S. 1304, DIE LEBENSERINNERUNGEN VON FENRYL, GRAF VON ROSENBERG
DER WEG DER GRÄBER
Er flog mit Leylin hoch am Himmel. Die Sonne schien zum Greifen nahe. Wie ein grünes Meer wogten die Frühlingsweiden des Windlands unter ihnen. Er lachte, Eisfeder und Wolkentaucher schrieen ihre Freude in das weite Blau. Leylin rief seinen Namen. Plötzlich war sie verschwunden. Von einem Augenblick zum anderen war der Himmel mit Sturmwolken bedeckt. Wind peitschte ihm ins Gesicht. Er rief seine Liebste. Der böige Wind zupfte an Wolkentauchers Gefieder. Seine Flügel schlugen unregelmäßig. Unstet flatternd glitt er in weiten Kreisen den Bergen unter ihnen entgegen. Etwas spritzte Melvyn ins Gesicht. Blut! Im linken Auge des Adlers steckte ein Pfeil! Er starb! Wer hatte sie angegriffen? Plötzlich füllte ein Gesicht, verdeckt von einer weißen Maske, den ganzen Himmel aus.
Melvyn schrak hoch. Er war schweißgebadet. Seine Augen ... Er war gefangen in Finsternis. Er hatte die Augen doch offen? Da war etwas auf seinem Gesicht! Er wollte die Arme heben. Etwas stimmte nicht mit seinen Händen! Sie waren ... Die
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