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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Verderben entgegen.
    Das sind kindische Ängste, schalt sie sich. Die Wahrheit ist, dass der Hüter des Wissens einen Abend lang nicht hier war und sie in Ruhe das geheimnisvolle Buch untersuchen konnte. Es lag auf dem niedrigen Tisch im Zelt. Daneben ruhten die Handschuhe.
    Ganda leckte sich nervös die Schnauze. Wie für sie hingelegt, dachte sie. Wieder blickte sie sich um. Sie war allein! Was konnte schon geschehen? In ein Buch zu blicken, war doch ungefährlich.
    Die widerlichen Handschuhe packte sie nicht mehr an. Wer wohl die Haut seiner Hände dafür gegeben haben mochte?, fragte sie sich erneut. Und warum tat man so etwas? Wofür brauchte man lebendige Handschuhe?
    Vorsichtig klopfte sie mit dem Knöchel gegen das große Buch. Das dunkelbraune Leder des Einbands war erstaunlich weich. Fast schluckte es das Geräusch des Klopfens. Ein Schauder überlief die Lutin. Sie spürte die Macht des Buches, sie schien Ganda willkommen zu heißen.
    Doch die Lutin blieb skeptisch. Sie legte den Kopf auf die Tischplatte und betrachtete das Buch eindringlich. An den Rändern der beiden Messingbänder, die den Folianten wie Fesseln umschlossen, hatten sich Staub und Grünspan gesammelt. Auch die feinen Spiralmuster der Messingbeschläge waren fast unter Grünspan verschwunden. Kein Schriftzug war in das Leder geprägt. Nichts gab einen Hinweis auf den Text, der sich zwischen den dicken Buchdeckeln verbarg. Es schien, als sei der Verfasser ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass man wusste, worum es in diesem Buch ging.
    Merkwürdig waren auch die grauen Bruchsteine, die in die Messingbänder eingelassen waren. Bei einigen der Steinsplitter entdeckte sie eingravierte Linien, doch keiner war größer als ihr Daumennagel. Ganda hatte das Gefühl, man könne diese Steine zusammenfügen, wenn man sie aus ihren Fassungen brach. Die Bruchkanten der Stellen, die fünf parallele Linien zeigten, passten zusammen. Wahrscheinlich war es mit dem Rest genauso.
    Ganda griff nach dem Buch, um es umzudrehen und sich die Rückseite anzusehen. Ein kurzer, stechender Schmerz fuhr in ihre Handflächen. Ein Schmerz, wie man ihn spürt, wenn man sich den Ellenbogen unglücklich stößt.
    Perlmuttenes Licht umspielte die grauen Steine. Mit einem metallischen Seufzer klappten die Bronzebänder auseinander, und das Buch schlug auf. Die Wege der Alben, von Meliander, Fürst von Arkadien, stand in schnörkeliger Handschrift auf der Titelseite. Rauschend blätterten die Seiten weiter. Flüchtig sah Ganda Bilder von Schattengestalten, die zwischen goldenen Stangen hervorquollen.
    Die Lutin kniff die Augen zusammen. Ihr war plötzlich schwindelig. Erst als das Rauschen der Pergamentseiten endete, wagte sie es, wieder zu blinzeln. Sie blickte auf ein Bild, das eine weiße Brücke zeigte. Ein enthaupteter Krieger, ganz in Weiß und mit dem Schwert in der Hand, trat auf die Brücke. Er trug seinen Kopf unter dem Arm.
    Der Himmel war voller Schatten, die durch einen Riss im Firmament quollen und sich streckten, um den Mond zu verschlingen. Auf der anderen Seite der Brücke erhob sich eine weiße Festung. Im Schatten des Tores standen zwei weitere Gestalten. Eine von ihnen schien Krallen statt Finger zu haben. Acht feine Silberstriche leuchteten im Dunkel, etwa dort, wo ihre Hände sein sollten. Der Zweite Schatten ließ nur erraten, dass es sich wohl um einen Elfen handelte. Besondere Eigenarten erschlossen sich auch bei aufmerksamer Betrachtung nicht. Der Tag, an dem das Herzland fällt, stand unter dem Bild. Und was Ganda auf der gegenüberliegenden Seite las, erfüllte sie mit kalter Angst. Dort war von einem lebenden Toten, der erst im Tod ein Leben fand, die Rede. Meliander, dem Autor, gefiel es wohl, sich so verworren auszudrücken. Ganda wollte gerade umblättern, als sie aus den Augenwinkeln einen Schatten sah. In den Himmel jenseits der großen Düne war ein rechteckiges Loch gestanzt. Die Tür zum Saal des Lichts stand offen ...
    Klatschend schlug das Buch zu. Mit einem klagend schleifenden Laut schlossen sich die Bronzebänder. Ganda sprang auf. Sie rannte zur Rückseite des Zeltes und weiter in die falschen Dünen hinein. Wie lebendig griff der verzauberte Sand nach ihren Füßen, als sei er mit dem im Bunde, der gerade den Saal des Lichts betreten hatte,
    Mit einem Sprung hechtete Ganda über den Kamm einer flachen Düne. Wenn sie sich tief duckte, war sie hier außer Sichtweite. Sie spürte den Sand unter ihrem Leib dahinfließen. Die

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