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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Fährte, die vom Zelt zu ihrem Versteck führte, verschwand.
    Ganda wagte es nicht, den Kopf zu heben. Jeden Augenblick rechnete sie damit, Galawayns Stimme zu hören. Sie hätte einfach sitzen bleiben sollen, dachte sie. Hätte sie sich eine der Schriftrollen aus dem hölzernen Ständer genommen, dann hätte sie so tun können, als sei sie zurückgekehrt, um weiter zu arbeiten. Aber der schwarze Spalt im falschen Himmel war dem Riss im Himmel des Bildes so ähnlich gewesen. Ohne dass es eine vernünftige Begründung dafür gab, war sie sich sicher, in tödlicher Gefahr zu sein.
    Der Sand unter ihr glitt auseinander. Langsam bildete sich eine flache Kuhle in der Flanke der Düne. Ganda presste die Wange fest in den Sand. Am liebsten wäre sie ganz darin verschwunden, so wie die Urnen mit den geheimen Schriften, die Galawayn hier versteckte. Jeden Augenblick rechnete sie damit, dass ein Schatten auf sie fiel und sie die spöttische Stimme des Hüters der Geheimnisse hörte.
    Etwas kratzte an ihrer Wange. Erschrocken zuckte sie zusammen. Sie schob den Kopf ein wenig zur Seite. Etwas Braunes ragte aus dem Sand. Es sah aus wie eine abgestorbene Wurzel.
    Weiterer Sand rutschte fort, und Ganda reckte sich eine ausgedorrte Hand entgegen. Die Haut war schrumpelig und goldbraun, wo sie noch vorhanden war. In der Handfläche selbst gab es keine Haut mehr. Sie war fein säuberlich abgezogen worden.
    Rückwärts kroch Ganda von der Hand fort, unfähig, den Blick abzuwenden. Eine weitere kleine Sandlawine legte ein Stück Unterarm frei. Die Hand winkte ihr zu. Der Gruß eines Toten, der schon bald nicht mehr allein in der Düne verborgen liegen würde!
    Die Lutin sprang auf und begann zu laufen. In irgendeinem fernen Winkel ihres Verstandes begriff sie, dass wahrscheinlich nur der sich bewegende Sand für den vermeintlichen Gruß des Leichnams verantwortlich war. Doch diese Erkenntnis drang nicht bis zu ihren Beinen vor. Ohne sich darum zu scheren, ob sie gesehen wurde, lief sie in weitem Bogen um die große Düne herum und schlüpfte durch das klaffende Loch im Himmel.
    Blindlings rannte sie in die labyrinthische Bibliothek, und als sie völlig außer Atem innehalten musste, hatte sie keine Ahnung mehr, wo sie steckte. Der Saal sah aus wie ein großer Lagerraum. Auf breiten Tischen langen hunderte von runden Tonscheiben, in die fremdartige Glyphen in Spiralen geritzt waren.
    Ganda musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um über die Tischplatten zu blicken. Nur drei Öllampen brannten. Nicht genug, um die Dunkelheit zu vertreiben. Waren da verstohlene Schritte? Die Lutin blickte zurück zur Tür. Nichts.
    Sie ging in die Knie und spähte durch den Wald von Tischbeinen. Außer ihr war niemand hier. Und dennoch fühlte sie sich beobachtet. Mit hastigen Schritten eilte sie der Tür am anderen Ende des Gangs entgegen, flüchtete über eine Galerie, von der man auf einen weiten Büchersaal blicken konnte. Dieser Ort kam ihr vertraut vor. Hier war sie am Morgen, als sie nach Ollowain gesucht hatte, schon einmal gewesen. Auf dem Geländer der Galerie standen große Lampen, die ein blendend weißes Licht verstrahlten.
    Ganda wusste, dass es von hier aus nicht mehr weit zu ihrer Kammer war. Erleichtert stieg sie eine Wendeltreppe hinab in den Büchersaal. Sie ging an den Regalen entlang, bis sie das Buch mit dem auffälligen gelben Rücken wieder fand. Es stand ganz auf der Ecke eines Regals, gerade in Augenhöhe für sie und es hatte einen Titel, den sie gewiss nicht vergessen würde: Die dreizehn großen Geheimnisse der Epilation. Der Haarwuchs an ihren Beinen gehörte zu den wahren Ärgernissen in ihren Leben. Ihm war nicht einmal mit Magie beizukommen. Heute Morgen hatte sie überlegt, das Buch mit auf ihr Zimmer zu nehmen. Jetzt streichelte sie nur flüchtig im Vorübergehen den Leineneinband. Wir werden uns wiedersehen, schwor sie sich lächelnd.
    An so etwas Banales wie das Auszupfen von Haaren zu denken, dämmte ihre Angst ein. Sie würde jetzt einfach in ihr Zimmer gehen und sich dort einschließen. Dort konnte ihr nichts passieren. Das Zimmer hatte eine schwere Tür und direkt nebenan war Ollowains Kammer. Da wäre sie in Sicherheit!
    Sie schritt ein wenig zuversichtlicher aus und war schon weit in den Büchersaal vorgedrungen, als sie noch einmal zurück zur Galerie blickte. Ein riesiger Schatten huschte über das Mosaik aus Buchrücken an der Rückwand der Galerie. Und als habe er ihren Blick gespürt, verschwand er

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