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Elfenlied

Elfenlied

Titel: Elfenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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wegzuducken. Aber er war viel zu schnell. Zu geschickt. Es musste ein Elf sein. Ein Schwert sauste nieder. Und ich sah mein abgetrenntes Haupt in weitem Bogen durch die Luft fliegen.
    Meine Beine gaben unter mir nach. Ich sah noch einen Krieger in geschwärzter Rüstung. Es war derselbe, der auch den Angriff der Kentauren angeführt hatte.
    »Ich hätte dir das gern erspart«, sagte die Königin kühl. »Aber ich weiß nur zu gut um deine Unvernunft. Dies wird dein Schicksal sein, wenn du gehst, bevor ich dich entlasse. Bleibe auf dieser Burg. Bewege dich nicht weiter als eine Meile fort. Verbirg deine wahre Gestalt. Dann wirst du leben. Ich habe dich auch andere Tode sterben sehen. Dies war der schnellste.«
    »Was willst du von mir?« Ich war noch jung, aber ich kannte die Elfen inzwischen gut genug, um zu wissen, dass jeder Gefallen seinen Preis hatte.
    »Es wird ein Tag kommen, an dem ich dich gemeinsam mit meinem treuesten Ritter auf eine Reise schicken werde. Ihr werdet einem Feind begegnen, zu dem Alathaia im Vergleich ein Nichts ist. Ich kann ihn nicht erkennen. Er hat die Macht, sich vor mir zu verbergen. Alathaia vermag dies nur im Rosenturm. Er aber bleibt überall unsichtbar. Nur mit dir kann mein Ritter überleben. Und du nur mit ihm!«
    »Und ich bin nicht deine Gefangene?«, fragte ich noch einmal misstrauisch.
    Sie deutete auf die Silberschale. »Du bist Gefangene deines Schicksals. Ich kann es nicht abwenden. Nur verzögern.«
    Das war noch etwas, das ich ebenso wenig hatte wissen wollen wie die Tatsache, dass ein Reiter mich in einem Wald enthaupten wollte.
    Ich blieb. Aber schon bald kamen mir Zweifel, ob ich nicht doch auf eine List der Königin hereingefallen war. Vielleicht war das Bild im Wasser ja kein Blick in die Zukunft, sondern nur eine Illusion, die sie heraufbeschworen hatte, um mich zu ängstigen?
    Ich nahm fürs Erste die Gestalt einer jungen Elfe an. Während sich die Kobolde dort die Finger wund schuften, ist Emerelles Burg für Elfen ein sehr kurzweiliger Ort. Wie als Kind gehörte ich zu ihrem engsten Kreis. Doch diesmal war ich keine Ausgestoßene. Ich gehörte dazu. Niemand hinterfragte meine Herkunft. Ich war eben eine Elfe!
    Ich besaß schöne Kleider, Schmuck, ein wunderbares Gemach. Und ich fühlte mich zutiefst als Verräterin an meinem Volk.
    Es war zu der Zeit, da Emerelle sich auf das Fest der Lichter vorbereitete, als mich eines Mittags jemand mit meinem richtigen Namen ansprach.

Herbst der Liebe
    Ich hatte geglaubt, allein in meinem Zimmer zu sein. In drei Wochen würde Emerelle zum Fest der Lichter aufbrechen. Und ich würde auf der verwaisten Burg zurückbleiben.
    »Du bist Ganda.« Es war eine leise Stimme, kaum zu hören. Fast wie ein Wispern des Windes. Ich musste mich sehr beherrschen, um nicht erschrocken um Hilfe zu rufen.
    »Ich bin hier. Neben dem Windröschen.«
    Mein unerwünschter Gast kauerte auf der Fensterbank. Es war eine Blütenfee. Kaum so lang wie ein Elfenfinger, mit schillernden Schmetterlingsflügeln. Sie war nackt. Das sind sie meistens, selbst in Emerelles Burg.
    »Ich heiße Belinwyn«, entgegnete ich höflich.
    »Nein«, sagte die Blütenfee selbstsicher. »Ich erkenne dich an der Art, wie du dich bewegst. Mein Urgroßvater Mondauge hat so oft von dir erzählt, dass meine Großmutter schließlich ein Gedicht über dich geschrieben hat. Wir haben es aufgehoben, weil der Wind es nicht davontragen wollte. Es trifft dich sehr gut.«
    »Wie heißt du?«, fragte ich, ohne auf das Gesagte einzugehen.
    »Ich bin Mondblüte. Die einzige Enkelin Mondauges. Wir erzählen uns immer noch die Geschichte von der Elfe, die eigentlich eine Lutin war. Aber keine Angst, wir haben es nicht weitergesagt.«
    Ich muss gestehen, ich habe kurz erwogen, sie wie eine lästige Motte zu erschlagen. Aber als sie erklärte, dass ihre ganze Familie um mich wusste, sah ich von der Bluttat ab. Das hätte alles nur noch schlimmer gemacht.
    »Du träumst nachts schlecht. Manchmal murmelst du etwas von Händen. Und von einem schwarzen Reiter.«
    »Du bist nachts in meinem Zimmer?«
    »Nur wenn ich nicht schlafen kann. Du schnarchst auch. Damit hat es angefangen. Du bist die erste schnarchende Elfe, die mir je begegnet ist. Das hat mich so verwundert, dass ich dich lange beobachtet habe. Und dann habe ich begriffen, dass du nur Ganda sein kannst.«
    »Du hast viel Einbildungskraft, Mondblüte, aber ich muss dich enttäuschen. Ich bin Belinwyn. Ich komme aus Carandamon. «
    Sie

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