Elfenlord
entsprungen. Sie war es immer noch, wenn man sich das Ganze hier anschaute.
»Ich benutze normalerweise nur einen kleinen tragbaren Transporter«, sagte Henry zum Leitenden Portalingenieur Peacock, der sie zum Tempel begleitet hatte. Die einzelnen Bestandteile des Portals waren ironischerweise Mr Fogartys Erfindung gewesen.
Peacock rümpfte geringschätzig die Nase. »Sie sind derzeit so etwas wie ein modisches Accessoire«, sagte er in einem Tonfall, der keinen Zweifel daran ließ, was er von solch einem Unsinn hielt. »Ich hab denen selbst nie getraut.« Sein Gesicht nahm einen völlig anderen Ausdruck an, als er Henrys Blick zu den blauen Flammen folgte, und er fügte stolz hinzu: »
Dies
gibt es nun schon seit Jahrhunderten.« Er legte liebevoll eine Hand auf die Obsidianverkleidung des Kontrollpultes.
»Was machen wir genau?«, fragte Henry. »Wir gehen einfachins Feuer?« Er war ziemlich sicher, dass es das war, was sie tun sollten, obwohl er jetzt, als er es tatsächlich sah, den Gedanken nicht mehr so mochte.
»Einer nach dem anderen«, sagte Peacock. »Sie zuerst, da Sie die Gegenwelt kennen. Dann Torhüter Fogarty, sobald er hierhergelangt. Und dann Prinzessin Nymph. Auf diese Weise können Sie sichergehen, dass alles in Ordnung ist, wenn er nach drüben kommt, Sir, und die Prinzessin kann die Nachhut bilden. Ich habe gehört, dass auch Prinz Pyrgus Sie erwarten wird. Das Ganze dauert nur eine Sekunde oder so.«
Und es würde in ungefähr einer Minute losgehen, dachte Henry mit schmerzlich gemischten Gefühlen. Er hatte sich davor gefürchtet, auf dieser Reise Blue wiederzusehen, und jetzt war er kurz vorm Heimweg, ohne auch nur einen Blick auf sie erhascht zu haben. Erleichterung vermischte sich mit Bedauern und aufwallendem Groll. Obwohl er sie eigentlich nicht treffen wollte, gefiel es ihm auch nicht, dass sie ihn ignorierte. Ignoriert zu werden war wirklich das Allerschlimmste. »Ich frage mich, was Mr Fogarty aufhält?«, sagte er zu niemandem im Besonderen.
»Vielleicht müssen sie ihn tragen«, sagte Nymph. »Er ist furchtbar gebrechlich.«
»Er hätte eher nach Hause kommen müssen«, sagte Henry ohne viel Mitgefühl, weil er sich wegen Blue selbst bemitleidete. Zur Ablenkung wandte er sich wieder dem Leitenden Portalingenieur Peacock zu. »Könnten Sie mir erklären, wie es funktioniert?«, fragte er.
Ein breites Lächeln ergoss sich über Peacocks Gesicht. »Also, Sir, ich –« Er brach ab. Im Tempel gab es einen plötzlichen Stimmungswandel, und augenblicklich trat Stille ein. Peacock sah über Henrys Schulter hinweg. Henry drehte sich um.
Blue stand auf der Türschwelle. Ein großer, schlanker und sehr gut aussehender junger Mann war an ihrer Seite. Henry konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Siewar … sie war … Er holte tief Luft. Blue war ein wenig gewachsen, falls das nicht bloß seine Einbildung war, hatte vielleicht ein paar Pfund Gewicht verloren. Und sie hatte ihr Haar lang wachsen lassen. Es war nicht mehr der kurze, burschikose Haarschnitt, an den er sich erinnerte. Jetzt fiel es in Wellen über ihre Schultern.
Sie war vollkommen, absolut hinreißend!
Er überlegte, wer der Mann neben ihr war.
Auch ihr Gang war anders. Nicht affektiert, aber voller Selbstvertrauen, sehr aufrecht, irgendwie … majestätisch. Als sie den Raum betrat, verbeugten sich die Priester tief vor ihr, wie in einer Welle. Henry betrachtete sie mit offenem Mund, und während sie sich näherte, fragte er sich, ob er sich auch verbeugen sollte, konnte den Blick aber nicht von ihr abwenden. Er hatte in seinem ganzen Leben noch nie etwas so Schönes gesehen.
Sie hatte ihn erblickt, aber sie lächelte nicht.
»Hallo, Blue«, sagte Henry mit klopfendem Herzen.
»O Henry, es tut mir so leid!«, sagte Blue; und dann schlang sie ihre Arme um seinen Hals.
SECHZEHN
S ie roch nach Moschus und Jasmin, und einen Augenblick lang nahm er nichts anderes mehr wahr als den Duft ihrer Haut und ihrer Haare. Sein Herz klopfte jetzt so wild, dass er sicher war, sie müsste es hören. Er wollte sie halten und auf den Mund küssen. Er wollte sie –
Sie weinte! Er konnte ihre Tränen auf seiner Wange fühlen, und plötzlich brach die Welt wieder herein und er löste seine Arme und trat einen Schritt zurück. Er hob den Kopf und blickte in die Augen des gut aussehenden jungen Mannes, der ihn ausdruckslos ansah.
Henrys Verstand begann wieder zu arbeiten.
So leid?
Was sollte Blue denn auf einmal
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