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Elfenlord

Elfenlord

Titel: Elfenlord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brennan
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besser als dieser Unsinn, dass er tot war. Deswegen rannten sie jetzt alle wie kopflose Hühner umher.
    Mr Fogarty rührte sich nicht.
    »Henry   …«, sagte Blue.
    Henry streckte seine Hand aus und rüttelte Mr Fogarty an der Schulter. Der Kopf des alten Mannes fiel auf die Seite, und seine Augen blieben geschlossen. Blue tauchte neben Henry auf und packte ihn am Arm. »Er ist tot, Henry«, sagte sie sanft.
    Henry drehte sich um und sah sie an. »Er kann nicht tot sein. Ich habe noch vor ein paar Minuten mit ihm geredet.« Er drehte sich wieder um und ergriff Mr Fogartys Handgelenk, um nach dem Puls zu fühlen. Es gab keinen.
    Blue sagte: »Ich glaube, wir sollten ihn jetzt allein lassen, Henry. Von nun an werden sich die Priester um ihn kümmern.«
    Henry starrte sie an. »Priester?«
    »Sie setzen einen Zauber ein, um seinen Mund zu öffnen.«
    »Warum sollten sie das tun?«
    »Damit seine Seele frei wird.« Blue zupfte ihn am Arm. »Komm jetzt, Henry. Wir sollten sie nun ihre Arbeit tun lassen.«
    Er hatte gar nicht bemerkt, dass sie das Zimmer betreten hatten, aber es war jetzt voller Zauberer in ihren Zeremoniengewändern. Einige waren in Begleitung von trinianischen Dienern, die Rosenkränze, Weihrauchfässer und andere religiöse Utensilien trugen.
    »Er stammt nicht aus eurer Welt«, sagte Henry. Er konnte nicht klar denken, aber aus irgendeinem Grund störte es ihn, dass Mr Fogartys Mund durch einen Zauber geöffnet werden sollte. Er sollte doch in einem anständigen Sarg liegen und dann in einem anständigen Grab beerdigt werden? Henry fiel ein, dass er gar nicht wusste, welcherKonfession Mr Fogarty angehörte oder ob er überhaupt irgendeiner angehörte. Aber Menschen, die verstorben waren, sollten in die nächst gelegene anglikanische Kirche gebracht werden, in der der Vikar einen Gottesdienst abhalten und lauter nette Dinge über sie sagen würde   …
    Er war ein Bankräuber, aber alle liebten ihn
, sagte ein imaginärer Vikar in Henrys Kopf.
    … und wenn alle ihnen die letzte Ehre erwiesen hätten, würde man sie zum Friedhof tragen und   …
    Henry entdeckte, dass Tränen über sein Gesicht liefen, obwohl er überhaupt keine Trauer fühlte. Eigentlich fühlte er gar nichts, höchstens eine Art Benommenheit.
    »Er wünschte sich unsere Beerdigungsrituale«, sagte Blue. »Wir haben das schon vor Tagen besprochen.«
    Das heißt also, bevor ich hierhergekommen bin
, dachte Henry beiläufig.
Das heißt also, bevor ich überhaupt davon wusste.
    Das Zimmer verschwamm hinter einem Tränenschleier, und so gestattete er Blue, ihn auf den Gang hinaus und die Palasttreppe hinunter zu führen.

ZWANZIG
    E s war wie bei seinem allerersten Besuch im Elfenreich, als er in der Palastküche gelandet war, wo ihn lauter matronenhafte Frauen unter die Fittiche genommen hatten. Jetzt brachte ihn Blue wieder hierher und bugsierte ihn, inmitten der ganzen Geschäftigkeit und der Essensgerüche, an einen gescheuerten Kiefernholztisch. Eine plumpe Gestalt in einer Schürze brachte ihnen dampfende Becher mit etwas, das sich als Tee entpuppte   – eine liebenswerte Idee, denn Tee war teuer im Elfenreich, doch alle wussten, woher Henry kam, und wollten, dass er sich wie zu Hause fühlte.
    Henry starrte in die gelbbraune Flüssigkeit   – sie wussten hier nicht, dass man auch Milch hinzugab   – und schaute zu, wie sich auf der Oberfläche kleine Wellen bildeten, als eine Träne aufschlug. Aus irgendeinem Grund konnte er nicht aufhören zu weinen, obwohl es unmännlich und peinlich war.
    Blue saß auf der Bank neben ihm, so dicht, dass ihr Oberschenkel den seinen berührte. Sie hielt ihren Becher fest zwischen ihren beiden Händen, als wollte sie sie wärmen. Sie hatte sehr lange, schlanke Finger. Er liebte ihre Finger. Sie wirkte fraulicher, als er sie in Erinnerung hatte, wahrscheinlich wegen ihres Kleides. Er liebte ihr Kleid.
    »Was wirst du jetzt tun?«, fragte Blue leise.
    Henry blickte auf einen Punkt irgendwo hinter ihrer Schulter. Er sollte an Mr Fogartys Tochter schreiben und ihr erklären, dass Mr Fogarty tot war, obwohl Mr Fogartys Tochter bereits glaubte, dass er tot war, weil Henry sie auf Anweisung von Mr Fogarty belogen hatte. Also konnte er ihr jetzt gar nicht schreiben. Aber er musste zurück und es Hodge sagen. Hodge würde es wissen wollen.
    Henry begann am ganzen Körper zu zittern und er spürte, dass Blue ihren Arm um seine Schulter legte. »Ganz ruhig«, sagte sie ihm ins Ohr. »Ist schon gut,

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