Elfenmeer: Roman (German Edition)
jemanden mit, der euch verteidigen kann. Wenn du schon den Helden spielen willst, dann wirst du das nicht allein tun.« Avree klopfte ihm auf die Schulter und wies aufs Wasser hinab, ohne zu bemerken, mit welch zornigemBlick sein Sohn ihn ansah. »Das wird lustig, Junge. Du bist doch schon lange nicht mehr mit Meerjungfrauen geschwommen.«
Der Halbelf biss die Zähne aufeinander und seine Wangenmuskeln zuckten. Doch anstatt Widerworte zu geben, wandte er sich der Königin zu, die sich immer noch nicht gerührt hatte. Er beugte sich zu ihr vor und flüsterte ihr etwas zu, aber Nayla konnte beim besten Willen nicht verstehen, was er sagte. Sie trat etwas näher heran, doch da richtete Arn sich bereits wieder auf und verneigte sich.
»Liebesschwüre?«, fragte Avree lachend und rieb seinem Sohn über den Kopf. »Da greifst du etwas hoch, meinst du nicht?«
»Besser als zu tief.« Arn warf Nayla einen flüchtigen Blick zu, doch noch ehe sie etwas sagen konnte, ging der Halbelf rasch davon.
Nayla biss sich auf die Unterlippe. Sie traute Arn nicht, hatte es nie getan, und diese Worte an die Königin beunruhigten sie mehr, als sie es von Arn gewohnt war. Wieso wollte er unbedingt allein nach Riniel? Was hatte er der Königin gesagt? Er heckte doch etwas aus, es konnte nicht anders sein.
»Ihr solltet jetzt besser gehen«, meinte Avree an die Königin gewandt und wies zum Niedergang, der zum unteren Deck hinabführte. »Ihr könnt Euch mit dem Korallenfürsten in Naylas Kajüte unterhalten. Ich bin sicher, wenn Ihr erst in Ruhe miteinander sprecht, werdet Ihr zur Vernunft kommen.«
»Das wird ein interessantes Gespräch, wenn man seine Wortgewalt bedenkt«, meinte die Königin und schritt hocherhobenen Hauptes an ihnen vorbei. Flosse folgte ihr vor sich hin kauend und scheuchte die neugierigen Matrosen fort.
»Ich fürchte mich«, flüsterte Nayla, als sie den beiden hinterherblickteund dann Arn beobachtete, der sich mit Merifel von der Ewigkeit zum Quarterdeck begab. »Ich traue ihm nicht.«
»Ach Liebes.« Avree zog sie an sich heran und küsste sie auf den Scheitel. »Er ist ein mürrischer Bursche, aber er würde uns doch nie etwas Böses wollen. Er ist einer von uns. Ein Pirat.«
Nayla legte ihre Wange an Avrees Brust und blickte zu Arn hoch, der sich in diesem Moment auf der Treppe umdrehte und ihrem Blick begegnete.
Ein Schauer fuhr wie eisig tastende Finger ihren Rücken hinab, als sie von einem Sturm des Hasses getroffen wurde. Seine hellen Mandelaugen schienen ihr wie bodenlos tiefe Löcher, die sie ins Verderben zu führen versuchten.
»Ich hoffe, du hast recht, Avree. Das hoffe ich wirklich.«
Valuar
Die Sonne brannte unbarmherzig auf Valuar herab, und hätte er sich nicht mit Magie dagegen schützen können, so wäre er wohl schon längst unter den glühenden Strahlen verkohlt. Seine Heimat war das Land des Schnees, in dem es so kalt war, dass der Atem vor dem Gesicht gefror, und so hatte er früh gelernt, sich gegen die Widrigkeiten des Wetters zu schützen. Dann hatte er in Lurness gelebt, und dort gab es warme Sommer und kühle Winter, aber weder war der Schnee in Lurness so zerstörerisch wie in Valdoreen noch die Sonne derart beherrschend wie hier in Riniel. Noch nicht einmal das Sonnental, das er nach seiner Ritterprüfung durchquert hatte, war ein derart blendender und versengender Ort. Es war ihm unbegreiflich, wie Elfen hier leben konnten. Schon als er mit seiner Gruppe das Weltentor in einem dicht verwachsenen Wald, etwas außerhalb von Riniel, verlassen hatte, war er von der feuchten Hitze getroffen worden, als begieße ihn jemand mit heißem Wasser.
Jetzt ritten sie über kargen Sandstein, wo weit und breit kein Pflänzchen wuchs, und der Staub kroch in seine Augen, die Nase und Ohren, den Mund und unter seine Kleidung. Erst als sie durch das Tor in der halbkreisförmigen Stadtmauer aus weißem Stein ritten und ins Herz von Riniel gelangten, kehrte das Leben in Form von Pflanzen, Tieren und Elfen zurück. Sie befanden sich nahe am Wasser, doch Valuar war nicht in der Lage, den salzigen Geruch des Meeres in den heißen Windböenzu vernehmen, denn über der Stadt lag der süßliche Gestank von Fäulnis. An der Hauptstraße drängten sich Marktstände, an denen ihm völlig unbekanntes Obst in der Sonne verdarb. Die Elfen schrien durcheinander und versuchten sich gegenseitig bei ihren Verkaufsgesprächen zu übertönen, aber Valuar fiel auf, dass hinter manchen Ständen auch Menschen ihre
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