Elfenmeer: Roman (German Edition)
…«
»Der liegt doch schon so lange zurück!« Endlich erhob sie ihre Stimme, aber besser fühlte er sich trotzdem nicht. »Ardemir, ich weiß, wie schrecklich dieser Krieg war. Es war meine Mutter, die all diese Verbrechen beging, denkst du, ich habe das vergessen? Und es war mein Vater, der gegen sie kämpfen musste, der so vieles verlor. Ich weiß, auch du hast vieles verloren und …«
»Es ist nicht nur der Wiedervereinigungskrieg. Daeron und …«
»Er ist tot, Ardemir.« Plötzlich kam sie auf ihn zu und ergriff sein Gesicht mit beiden Händen. »Ich gehöre ihm nicht mehr.« Ihre eisblauen Augen hielten ihn gefangen, bis er meinte, darin zu versinken. »Seine Magie, sein Gift, er ist fort. Ich gehöre ihm nicht mehr. Ich gehöre dir, Ardemir, erkennst du das denn immer noch nicht? Ich gehöre nur dir!«
Ardemir hatte das Gefühl zu ersticken. »Die Nebelpriester …«
»Auch sie sind tot.« Ihre Finger strichen über seine Wangen, und ihre Lippen waren so nah – und doch so unendlich weit weg.
Seine Worte fühlten sich an, als würden Nadeln durch seinen Hals dringen. »Aber ich gehöre noch immer ihnen.«
Ihre Augen verengten sich, ihr prüfender Blick fand keine Antwort, und so fuhr Ardemir fort. »Vin, der Drache ist in mir und ich kann nicht … diese Schmerzen, immer wieder, das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren.«
»Aber du lebst doch schon so lange mit ihm.«
»Ich muss ihn schon so lange ertragen. Doch am liebsten würde ich ihn aus mir herausreißen. Verstehst du das denn nicht? Ich will endlich wieder ich selbst sein.«
Ihre Hände sanken herab, und für ein paar Augenblicke sah sie ihn nur voller Mitgefühl an, dann deutete sie zum Mineneingang hinab. »Du denkst, ohne Magie würde der Drache verschwinden?«
»Er wurde durch Magie geschaffen, und ich habe bereits alles versucht. Ich habe einen Schattenkristall getragen, ich habe ihn in mich aufgenommen, aber der Drache ist immer noch da. Ich glaube … solange es auf dieser Welt Magie gibt, kann er nicht vernichtet werden. Erst wenn die Magie gänzlich verschwunden ist …«
»Du hast einen Schattenkristall in dich aufgenommen? Du hast … keine Magie mehr?«
Ardemir nickte, und sie schlug sich die Hand vor den Mund. »Du hast mir nie etwas davon erzählt.«
»Ich weiß, wie du zur Magie stehst. Du hättest uns bei diesem Vorhaben niemals unterstützt. Aber die Magie muss verschwinden.«
Vinae warf die Arme in die Luft. »Eine bloße Spekulation kann doch nicht der Grund dafür sein, dass die ganze Welt völlig verändert wird! Wir brauchen die Magie!«
»Es ist nicht nur der Drache. Ihn zu vernichten ist nur eine Hoffnung, die ich hege. Es geht um mehr als das. Ich glaube daran, dass die Welt ohne Magie ein besserer Ort sein wird. Ich glaube an Liadans Vision. Ich muss sie in ihrem Vorhaben unterstützen.«
»Liadan …« Vinae schüttelte langsam den Kopf. »Weiß sie überhaupt, was für ein Glück sie mit dir hat? Jemanden, der so loyal ist wie du, wird sie niemals wieder finden.«
»Ich bin alles, was sie noch hat, Vin. Ich bin der Einzige, der aus ihrer Familie übrig ist. Eamon ist fortgegangen, und ich muss ihr helfen. Sie ist meine Cousine und trägt die Verantwortung für ein ganzes Königreich. Sie braucht mich.«
Die von der Kälte leicht bläulichen Lippen waren nun kaum mehr als eine Linie, als Vinae ihn ansah. »Ich bin nicht überrascht. Ich wusste immer, dass sie für dich an erster Stelle steht. Ein Auftrag folgt dem nächsten. Das war mir stets bewusst, aber ich werde nicht lügen und behaupten, dass es mir nicht weh tut. Die Wahrheit tut meistens weh.«
»Vin …« Er streckte die Hand nach ihr aus, doch sie schüttelte den Kopf.
»Liadan braucht dich.«
Ardemir kämpfte gegen die Enge in seiner Kehle an. »Liadan braucht mich«, wiederholte er. »Ihre Eltern sind tot, ihr Bruder fort und meine Mutter versteht nichts von Politik und ist nicht dazu in der Lage, ein Schwert zu führen, geschweige denn ein Kommando. Sollte Liadan sich je das Knie aufschlagen, ist sie zur Stelle, aber …«
»… aber für alles andere braucht sie dich.« Vinae nickte und drehte sich um. Eine Weile blickte sie auf den Mineneingang, durch den hin und wieder Menschen kamen und gingen, während Ardemir auf ihren Rücken starrte.
»Deshalb also haben die Piraten Liadan entführt.« Sie drehte sich wieder zu ihm um. »Sie haben Wind von der Sache bekommen. Es heißt, die Piraten seien süchtig nach Magie und dem Wahnsinn
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