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Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Titel: Elfennacht 01. Die siebte Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
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Dann band sie ihre Haare zusammen und tauchte ihre Gesicht ins kühle Wasser.
    Während sie sich abtrocknete, blickte sie den Wandteppich an, der direkt vor ihr hing.
    Überrascht hielt sie den Atem an. Das bestickte Bild zeigte wie immer Berge in der Fern e – doch jetzt bemerkte Tania plötzlich einen kleinen schmalen Umriss, der in feiner schwarzer Stickerei herausgearbeitet wa r – und dieser Umriss bewegte sich. Er flog über den blauen handgearbeiteten Himmel. Staunend beobachtete Tania, wie die schlanke Gestalt in einem langen, weiten Bogen auf sie zuglitt.
    »Ein Adler!«, hauchte sie. Jetzt konnte sie die breite Spanne der Flügel ausmachen, die ausgefransten Federenden, die wie schwarze Finger aussahen. Tania erkannte nun auch den weißen Kopf und den prächtig gebogenen Schnabel. Der Vogel kam näher und näher und Tania wurde bewusst, dass sie ihm direkt in die glänzend schwarzen Augen blickte. Der Schnabel öffnete sich, als würde der Vogel ihr etwas zurufen. Instinktiv wich Tania einen Schritt zurück, weil sie Angst hatte, der Adler würde geradewegs aus dem Wandteppich herausschießen. Doch in letzter Sekunde schwenkte er zur Seite und stieg auf, bevor er zum Sinkflug ansetzte.
    Mit klopfendem Herzen lief Tania rasch von Teppich zu Teppich. Die Eisberge spiegelten sich im kobaltblauen Meer und ein Eisbär trottete über eine Eisscholle, bevor er schwerfällig ins Wasser tauchte. Auf einem anderen Wandteppich toste ein Gewitter über ein Gebirge. Ein gezackter Blitz aus gesticktem Faden schnappte nach den Hügeln und die Berge leuchteten auf. Große schwarze Wolken zogen heran und Regen prasselte auf einen kleinen, von einem Pferd gezogenen Wagen, der sich auf einen schmalen Weg vorwärtskämpfte.
    Aufgeregt rannte Tania zum dritten Wandteppich, einer Meereslandschaft mit klarem blauem Wasser. Als fliegende Fische die stille Wasseroberfläche durchbrachen, lachte Tania aus vollem Hals. Die glatten Schuppen der Fische fingen das Sonnenlicht ein und schillerten türkis, smaragdgrün und saphirblau, bevor sie zurück ins Wasser tauchten.
    Ihr Zimmer war lebendig geworden.
    Tania rannte ans Flügelfenster und riss es auf. Das Licht des schwindenden Tages warf lange Schatten und tauchte die Gartenanlage in einen goldenen Schein.
    Tania beugte sich hinaus und bewunderte den flammend roten Sonnenuntergang am Horizont. Sie atmete den Duft von Sommerflieder und Geißblatt ein.
    »Ich bin Tania!«, rief sie in die Welt hinaus. »Ich bin Prinzessin Tania!«
    Sie hatte das Gefühl, als wäre sie auf wundersame Weise geheilt worden. Während sie geschlafen hatte, war der Zauber des Elfenreichs in ihr Gemach zurückgekehrt und hatte die Wandteppiche wieder zum Leben erweckt.
    Aber warum gerade jetzt?
    Doch insgeheim kannte Tania bereits die Antwort: weil sie endlich akzeptiert hatte, dass das Elfenreich wirklich existierte.
    Lange wanderte sie in ihrem Zimmer herum, bewunderte die Schönheit der lebendig gewordenen Teppiche und versuchte sich darüber klar zu werden, was das alles für sie bedeutete. Vom Schulmädchen zur Prinzessin. Vom Krankenhaus in einen Elfenpalast. Von Anita zu Tania.
    Mit einem Mal wurde ihr bewusst, dass sie ja immer noch ihr Unterkleid anhatte. Sie ging zum Schrank und wählte ein schlichtes weißes Kleid. Als sie gerade das Mieder schnürte, wurde leise an ihre Tür geklopft.
    »Herein.«
    Eine Dienstmagd trat ein. »Mit Verlaub, Mylady, der König erwartet Euch im privaten Speisesaal.«
    »Ich fürchte, ich weiß nicht, wo das ist«, gab Tania zu.
    »Ich werde Euch hingeleiten, Mylady.«
    Tania hatte sich fertig angekleidet und strich über die Röcke. »Dann geh vor«, sagte sie. »Ich habe seit dem Frühstück nichts mehr gegesse n – ich könnte ein ganzes Pferd verdrücken.«
    Die Dienstmagd sah sie erschrocken an und führte sie aus dem Raum.
    Doch das Prinzessinnen-Dasein hatte auch seine Schattenseiten, denn als sie die Schlosstreppen hinunterging, bemerkte Tania, dass die Dienstboten hastig zur Seite wichen und sie nur scheu begrüßten.
    Auch die Magd, die sie zum Speisesaal geleitete zeigte sich schüchtern und zurückhaltend. Tania hatte sich bemüht, das Mädchen in ein Gespräch zu verwickeln, bekam aber nur einsilbige Antworten und jeden Satz endete auf »Mylady«. Schon bald gab Tania es auf.
    Der Speisesaal der königlichen Familie war relativ klein und gemütlich, obwohl es dieselben holzgetäfelten Wände und hohe Decken wie die anderen Gemächer aufwies. Die hohen

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