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Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Titel: Elfennacht 01. Die siebte Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
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– falsche Richtung. Nachdem sie durch eine Vielzahl verschiedener Räume und Gänge gelaufen war, fand sie endlich ein Fenster, das auf den Fluss hinausging.
    Ja, das war der richtige Weg. Sie lief ins Erdgeschoss, wo sie durch eine Tür auf einen Hof hinaustrat. Der Fluss lag jetzt zu ihrer Linken und vor sich erblickte Tania die weißen Türme der Brücke, die in den Abendhimmel ragten.
    Sie rannte über den Hof, nun schon etwas atemlos, aber dennoch fest entschlossen, den Weg zurück in die Welt der Sterblichen und zu ihren Eltern zu finden. Auch wenn es ihre Bestimmung war, im Elfenreich zu bleiben, musste sie ihre Eltern ein letztes Mal sehen, ihnen erkläre n … ihnen versuchen klarzumachen, was mit ihr geschehen war.
    Mum, Da d – ratet mal, was passiert ist? Ich bin eine Elfenprinzessin!
    Das war so absurd, dass sie fast laut gelacht hätte, wenn es nicht so schrecklich gewesen wäre.
    Sie rannte über die Brücke. Die Abendluft kühlte ihr brennendes Gesicht. Als sie auf die andere Seite der Brücke gelangt war, machte sie sich auf den Weg hinunter zu dem Steg, auf dem sie bei ihrer Ankunft gestanden hatte.
    Sie stellte sich auf dieselbe Stelle, breitete die Arme aus, legte den Kopf in den Nacken und blickte in den Himmel hinauf. »Ich möchte zurück!«, rief sie.
    Die Bäume raschelten und sie hörte das Rauschen des Flusses. Über ihr schienen die Sterne am Firmament.
    Tania schüttelte den Kopf. Nein, es funktionierte nich t – jedenfalls nicht so.
    Aber wie dann?
    Hinter ihr führte ein unebener Steinpfad von der Brücke in den Wald. Hatte Gabriel sie von dort hierhergebracht? War das der Weg zurück?
    Sie sprang vom Steg hinunter und lief so schnell sie konnte auf den Wald zu. Sie atmete schwer, während ihre Füße über die festgetrampelte Erde hämmerten. Der Wald wurde immer dichter und der Pfad wurde in der Ferne immer schmaler, bis er nur noch als schwarzer Strich zu erkennen war.
    Plötzlich begann die Welt sich um sie herum zu drehen wie ein Feuerrad und der Wind nahm zu. Tania sprang über Baumstämme, über Geäst, alles stand auf dem Kopf, die Blätter knirschten unter ihren Füßen und wirbelten um sie herum wie außer Kontrolle geraten.
    Und dann waren die Bäume verschwunden und Tania rannte einen weißen Gang entlang.
    Es roch nach Desinfektionsmittel. Über ihr flackerte Neonlicht. Sie entdeckte ein Schild:
    UNFALLSTATION
    Sie war wieder im Krankenhaus.

X
    E ine Weile stand Tania auf dem Gang, eine Hand in die Hüfte gestützt, den Oberkörper vorgebeugt, und versuchte wieder zu Atem zu kommen.
    Als sie plötzlich Stimmen vernahm, blickte sie sich verzweifelt nach einem Versteck oder einer Fluchtmöglichkeit um. An der Wand stand ein großer Wäschewagen mit Metallgestänge.
    Es war mittlerweile spätabends. Wenn man Tania entdeckte, würde man sie zur Rede stellen, was sie hier trieb, und wahrscheinlich auch fragen, warum sie so ein altertümliches Kleid trug. Mit solchen Dingen wollte sie sich momentan nicht beschäftige n – sie konnte keine Zeit verlieren.
    Also schlüpfte sie schnell hinter den Wäschewagen, drückte sich flach an die Wand und hielt den Atem an, während zwei Ärzte auf sie zukamen.
    »Ich mache bereits mehr Überstunden als jeder andere Arzt in der Klinik«, sagte der eine gerade. »Denen scheint nicht klar zu sein, dass ich eine Familie zu Hause habe, die ich sträflich vernachlässige.«
    Die Ärzte bemerkten Tania im Schatten nicht.
    Als sie um die Ecke bogen, atmete Tania zitternd aus.
    Sie musterte die Metallsstreben des Wäschewagens. Sollte sie es wagen? Ja, sie musste es wissen. Ganz vorsichtig streckte sie den Zeigefinger aus. Ein blauer Funke sprang über und sie schrak zurüc k – Schmerz durchzuckte ihre ganze Hand.
    Sie steckte sich den kribbelnden Finger in den Mun d – der Schlag war sogar noch heftiger als die Male vorher gewesen. Isenmort , dachte sie mit einem Schaudern.
    Sie lauschte, ob noch mehr Stimmen zu hören waren. Aber sonst schien niemand in der Nähe zu sein. Also huschte Tania schnell durch den Gang in Richtung Unfallstatio n – wo sie vor kurzer Zeit noch gelegen hatte, bevor ihr Leben auf den Kopf gestellt worden war.
    War das wirklich erst wenige Tage her? Während Tania durch den Vorraum lief, der zur Station gehörte, hatte sie das Gefühl, einen Ort wiederzusehen, an dem sie vor vielen Jahren gewesen wa r – als würde sie zu einem Lieblingsplatz ihrer Kindheit zurückkehren und diesen vollkommen verändert vorfinden.

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