Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Titel: Elfennacht 01. Die siebte Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
Vom Netzwerk:
ich werde dir den Trank ans Bett stelle n – nimm ruhig mehr, wenn nötig.« Sie runzelte die Stirn. »Ich habe noch zu tun. Ruf nach mir, wenn der Schmerz nicht bis zum Zapfenstreich vergangen ist.«
    Sie verließ das Zimmer und Anita sah ihr nach, zu durcheinander, um zu fragen, was »Zapfenstreich« bedeutete. Sie betastete ihre Schulter, überrascht, wie schnell der Schmerz nachließ.
    Dieses Zeug mochte zwar schmecken und riechen wie direkt aus der Kanalisation geschöpft, aber es erfüllte seinen Zweck.
    Sie blickte sich um: Hopies Gemach war an Wänden und Decke mit dunklem Holz getäfelt, das mit Schnitzereien übersäht war: Bäume, Farne und lange, dünne Gräser waren darauf zu erkennen. Holzranken kletterten die Bettpfosten hinauf und verteilten sich unter dem Baldachin. Von dort hingen hölzerne Weintrauben und große geschnitzte Blumen herab.
    Plötzlich erregte eine kleine Bewegung ihre Aufmerksamkeit. Eine Hummel machte sich an einer der Blumen zu schaffen. Sie hatte dieselbe dunkelbraune Farbe wie das geschnitzte Hol z – aber sie bewegte sich. Vor Anitas Augen erhob sich die Holzhummel in die Luft und schwebte dort einen Moment reglos, bevor sie schwerfällig zu einer anderen Blume aus Holz unter dem Rankenbaldachin flog.
    Anita fiel wieder ein, was Zara am Vortag zu ihr gesagt hatte, als sie sie nach den lebenden Bildern in ihrem Schlafgemach gefragt hatte: »Hopies Gemach ist ein Wald.«
    Sie setzte sich au f – ihre Schmerzen waren fast vergessen. Überall um sie herum regten und bewegten sich die getäfelten Wände sanft. Die geschnitzten Bäume schwankten leicht im Wind, doch Tania konnte die Brise nicht spüren. Grashalme zitterten, wenn kleine Lebewesen im Unterholz vorbeikrabbelten. Ein Reh spähte kurz hinter einem braunen Baumstamm hervor und verschwand dann lautlos wieder. Man sah nur noch sein Stummelschwänzchen verschwinden.
    Fasziniert sah Anita zu der ebenfalls geschnitzten Kommode hinüber, die an einen großen Baumstumpf erinnerte. Auf der polierten Oberfläche mit den dicht an dicht liegenden Jahresringen lag ein kleiner Handspiegel.
    Anita kam wieder in den Sinn, wie unheimlich es gewesen war, im Mausoleum in Titanias Gesicht zu blicken.
    Sahen sie einander wirklich so ähnlich?
    Anita kletterte mühsam aus dem Bett und humpelte zur Kommode. Erschrocken blieb sie wie angewurzelt stehen, als plötzlich eine hölzerne Libelle aus dem hölzernen Wald auftauchte, einen Augenblick zögernd direkt vor ihr in der Luft verharrte und dann zurück zu den Bäumen schwirrte.
    Anita nahm den Handspiegel und setzte sich damit aufs Bett.
    Sie blickte hinein.
    »Wenn das ein Traum ist und der Schmerz nur Teil des Traums, warum tut es dann so weh?«, fragte sie ihr Spiegelbild laut. »Und wenn der Schmerz echt war, wieso bin ich dann nicht aufgewacht?«
    Ihr Gesicht im Spiegel starrte stumm zurück.
    Es war das Gesicht von Königin Titania.
    Ihr Gesicht.
    Sie sah ihr tatsächlich unglaublich ähnlich.
    Anita hielt den Spiegel noch näher, bis sie nur noch ihre Augen sah.
    Rauchig grü n – mit Goldsprenkeln darin.
    Als sie begriff, was das bedeutete, hielt sie erschrocken den Atem an.
    Dies war kein Traum.
    Sie war die Tochter von Königin Titania und König Obero n – Prinzessin des Ewigen Elfenreichs.
    Fassungslos zwang sie sich, die Worte laut auszusprechen: »Ich bin nicht Anit a … ich bin Tania!«

Tania

IX
    T ania erwachte mit einem Ruck. Verwirrt stellte sie fest, dass sie sich wieder in ihrem eigenen Schlafgemach im Palast befand. Dann fiel ihr ein, dass sie gestern Abend hierher zurückgekehrt war. In ihrem Gemach angekommen hatte sie sich, ohne sich auszuziehen, auf ihr Bett geworfen und war augenblicklich in einen tiefen, traumlosen Schlaf gesunken.
    Sie fühlte sich seltsam erfrischt, obwohl sie zunächst nicht darauf kam, warum. Dann bemerkte sie, dass die Schmerzen fast völlig verschwunden waren. Abgesehen von schwachem Kopfweh und einem leichten Stechen in Schulter und Bein ging es ihr gut.
    Sie setzte sich auf. Goldenes Sonnenlicht fiel schräg von links in den Raum, ließ die Holztäfelung schimmern und brachte die Farben der Wandteppiche zum Leuchten. Die Sonnenstrahlen hoben das Dunkelrot der Bettvorhänge hervor und ließen die Glasfläschchen auf der Kommode funkeln und glitzern.
    Tania stand auf und bewegte behutsam ihr Bei n – keine Schmerzen mehr.
    Sie zog ihr Gewand aus und ging, nur im Unterkleid, zur Waschschüssel, goss Wasser aus dem Krug in das Becken.

Weitere Kostenlose Bücher