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Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Elfennacht 01. Die siebte Tochter

Titel: Elfennacht 01. Die siebte Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frewin Jones
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auseinanderschob und mit den Füßen zertrampelte.
    Doch egal, wie schnell sie lief, und egal, wie weit sie rannte, sie konnte diese Welt nicht verlasse n – sie befand sich immer noch im Elfenreich. Irgendwann stolperte sie vor Erschöpfung und fiel mit dem Gesicht voran hin.
    Ihre Hände berührten Wasser und nach einer Weile stützte sie sich auf alle viere und schob den Schilfvorhang beiseite. Vor ihr lag ein großer See. Mauersegler schossen über das ruhige Wasser. Überall um Anita herum zirpten Grillen und Insekten schwebten über der schimmernden Wasseroberfläche.
    Auf der anderen Uferseite sah Anita schlanke weiße Turmspitzen aus den Baumwipfeln ragen.
    Das war das Gebäude, das sie heute Nachmittag vom Dach des Turms gesehen hatte: das allein stehende weiße Gebäude.
    Sie stand auf und bahnte sich den Weg zurück durch das niedergetrampelte Schilf, bis sie wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Dann ging sie am Seeufer entlang zu dem Bau. Eine seltsame Ruhe überkam sie, als hätte ihr die Anstrengung des Laufens alle Ängste genommen. Jetzt hatte sie nur noch einen Gedanken: das einzeln stehende Gebäude zu erreichen.
    Schließlich tauchte der weiße Bau vor ihr auf, umgeben von schlanken silberfarbenen Birken. Er stand auf einem glänzend weißen Marmorsockel und polierte Steinstufen führten hinauf zu einem massiven Eingang mit einem Vordach, das von weißen Säulen gestützt wurde. Die Türmchen ragten in den Himmel über den Baumwipfeln.
    Mit Herzklopfen stieg Anita die Stufen hinauf. Das Mausoleum war etwa zwölf oder fünfzehn Meter hoch, sodass Anita sich daneben ganz klein fühlte. Sie ging auf den riesigen offenen Eingang zu, der viermal so hoch war wie sie. Dort blieb sie stehen und starrte zum Türsturz hinauf, denn in den weißen Stein war etwas eingraviert:
    TITANIA . GELIEBTE EHEFRAU . GELIEBTE MUTTER . GELIEBTE KÖNIGIN .
    Jetzt wusste sie, worum es sich bei diesem allein stehenden Gebäude handelte: Es war das Mausoleum, von dem ihr Sancha und Zara in Mistress Mirrlees Atelier erzählt hatten. Das große Mausoleum, das der König im Andenken an seine Frau errichtet hatte. Das leere Grabmal der Frau, die in dieser Traumwelt Anitas tote Mutter war.
    Bebend betrat Anita das stille Gebäude. Direkt vor ihr stand eine lebensgroße Frauenstatue, die so bemalt war, dass sie fast lebendig wirkte.
    Die Skulptur trug ein langes hellblaues Kleid. Die Frau lächelte und hatte einladend die Arme ausgebreitet. Ihr Gesicht war herzförmig mit einem breiten Mund und hohen, schräg stehenden Wangenknochen und ihre Augen waren grün. Auf ihrem langen roten Haar saß eine mit Edelsteinen besetzte Kristallkrone.
    Anita ging näher heran, betrachtete das vertraute Gesicht und blickte in die Augen.
    Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus.
    Die Zeit blieb stehen.
    Die Augen hatten kleine goldene Sprenkel auf der der Iris.
    »Nein!«
    Anita wich zurück.
    Ihr fiel plötzlich wieder ein, was Oberon an jenem ersten Tag auf dem Boot zu ihr gesagt hatte: »Du bist noch genau so, wie ich dich in Erinnerung hab e – das Ebenbild deiner Mutter.«
    Das Gesicht der Statue hätte ihr eigenes sein können.
    »Das ist total verrückt!«, rief Anita und die Worte hallten im Inneren des Mausoleums wieder. Verrückt. Verrückt. Verrückt. »Ich bin nicht deine Tochter!« Tochter. Tochter. Tochter.
    Panisch drehte sie sich um und rannte von der Statue we g – sie wollte nicht länger in dieses Gesicht blicken.
    Doch plötzlich gab der Boden unter ihr nach und ihr Fuß fand keinen Halt mehr. Sie bemerkte zu spät, dass sie am oberen Absatz der langen Marmortreppe angelangt war und stürzte die Stufen hinunter.
    In ihrem Kopf dröhnte es. Schulter und Rippen taten ihr weh und das rechte Bein schmerzte heftig.
    Hinter ihren geschlossenen Lidern war es hell.
    Sie stöhnte. Der Schmerz war echt, daran gab es keinen Zweife l – so echt wie der Schmerz, den sie gespürt hatte, als sie nach dem Unfall auf der Themse zum ersten Mal aufgewacht war.
    »Na endlich!« Sie zwang sich, die Augen zu öffnen, da sie davon überzeugt im Krankenhaus aufzuwachen.
    Über ihr jedoch befand sich ein wolkenloser blauer Himmel und unter ihren Fingern spürte sie Gras.
    »Oh nein! Bitte nicht!«
    »Pst, meine Schwester«, erklang eine sanfte Stimme und ein Gesicht tauchte vor Anita auf. Sie erkannte Hopie, die sich über sie beugte, sodass das braune Haar ihr ins Gesicht fiel. Sie legte eine kühle Hand auf Anitas Stirn.
    Anita schlug die

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