Elfenschiffe (Mithgar 03)
übrigens, gestern hatte ich wieder den Albtraum. Er kommt jetzt alle drei oder vier Tage.« Damit wandte sie sich wieder ab und schritt mit Rux im Schlepptau in die Richtung, die Alamar eingeschlagen hatte.
Hinter ihr wandte Aylis sich an Aravan. »Ich habe sie gebeten, mir zu sagen, wenn sie den Nachtmahr hat. Ich hatte mich gefragt, ob sich etwas ändert, wo sie jetzt am Tage schläft und nachts wacht.«
»Vielleicht könnten wir ihn jetzt anstatt Nachtmahr Tagmahr nennen«, sagte Aravan mit einem grimmigen Lächeln.
Aylis tat ein wenig schockiert. »Ach, Aravan, iocatio inmitten von alledem?«
»Iocatio?«
Aylis nickte. »Noch ein Magierwort, und es bedeutet«, beantwortete sie sein Lächeln mit einem eigenen, »dass dir der angemessene Ernst in diesen Angelegenheiten abgeht.«
»Ach, Chieran, was auch auf dem Spiel stehen mag, ich lächle lieber im Angesicht des Ungemachs, als finster und trübsinnig zu werden.«
Aylis nahm seine Hand in ihre. »Ich weiß, Liebster, und mir geht es genauso.«
Aravan hob ihre Finger an die Lippen, und seine saphirblauen Augen schauten in ihre smaragdgrünen. Ihr Blick wurde weicher, und sie sagte: »Zuerst gibt es noch mehr Unterricht, Liebster. Die Belohnung kommt später.«
Aravans Grinsen wurde breiter. »Worauf wartest du dann noch? Halte uns nicht unnötig auf.«
Aylis entzog ihm ihre Hand und sagte: »Wenn du zwei Magierworte miteinander verbindest, änderst du gewöhnlich die Endung des ersten. Manchmal hängst du ein ›o‹ an oder auch…«
Der Südwind flaute kurz nach Sonnenuntergang vollständig ab, und die Segel der Eroean hingen schlaff herunter. Frizian kam zu Aravan. »Wir hängen an den Hörnern einer Winterkalme fest, Herr Käpt’n. Sollen wir die Gigs zu Wasser lassen?«
Aravan schaute hoch zu den Sternen. »Uns fehlen noch zu viele Meilen, Frizian. Zu viele, um sie rudernd zurückzulegen, ob mit dem Schiff im Schlepptau oder ohne. Nein, lasst die Boote an Bord.«
»Kruk!«, fluchte Bokar. »Das bedeutet, Durlok wird wahrscheinlich wieder seine bösen Zauber wirken.«
Boder kam zu Aravan. »Herr Käpt’n, auf dem Wasser bildet sich Nebel.«
Aravan, Bokar und Frizian traten an die Reling und lugten hinaus, während der Zweite Offizier eine Lampe in die Höhe hielt, damit seine Menschenaugen das Wasser unter ihm sehen konnten, obwohl Aravan und Bokar den Lampenschein nicht brauchten. »Verflixt!«, rief Frizian. »Warme Luft über kaltem Wasser. Ich wusste, dass ein Südwind nichts Gutes bedeuten kann. Heute Nacht wird es Nebel geben, Herr Käpt’n.«
»Kala!«, brüllte Bokar. »Wenn der Nebel dicht genug ist und weit genug reicht, sieht der Schwarzmagier heute kein Nordlicht.«
Aravan wandte sich an Bokar. »Waffenmeister, wenn Durlok tatsächlich hinter den Wolken steckt, habt Ihr vielleicht Recht, und der Nebel durchkreuzt seine Pläne. Doch bedenkt eines: Wir haben Winter und befinden uns am Rande des Nordmeers, daher wird ein Nebel die Eroean mit einer Eisschicht überziehen.«
Frizian schaute zu den Seidensegeln hoch. »Herr Käpt’n, soll ich die Segel reffen lassen? Damit sie eisfrei bleiben?«
Bokar knurrte: »Aber wenn wir wieder Wind bekommen, dauert es länger, bis wir wieder Fahrt aufnehmen können.«
Aravan nickte und sagte dann: »Frizian, wenn der Nebel in die Wanten steigt, pfeift die Mannschaft an Deck und lasst die Segel reffen. Ich will lieber Zeit mit dem Hissen der Segel verlieren als mit dem Abklopfen von Eis.«
»Was ist mit den Gewinden, Herr Käpt’n?«, fragte Boder. »Die werden auch vereisen.«
»Das lässt sich nicht ändern, Boder«, erwiderte Aravan. »Wir müssen sie oft benutzen, um sie eisfrei zu halten.«
Bokar warf noch einen Blick auf den steigenden Nebel. »Fluch und Segen«, grollte er. »Fluch und Segen zugleich.«
Langsam, aber sicher stieg der Nebel vom Wasser auf und hüllte das Elfenschiff allmählich ein. Frizian ließ Reydeau die Mannschaft an Deck pfeifen, die vorsichtig in die Takelage kletterte, denn das Gewirr der Strickleitern war bereits mit einer dünnen Eisschicht überzogen. Sie refften die Rahsegel völlig und holten Klüver und Stag ein, und nun trieb das Elfenschiff frei auf dem Meer, ohne Seide an den Masten. Immer höher stieg der Eisnebel und verdeckte allmählich den Blick auf den Sternenhimmel, bis er nicht mehr zu sehen war. Laternen wurden angezündet, geisterhaft gelbe Flecken in dem wallenden Grau. Der Nebel hauchte eine durchsichtige Kristallschicht auf
Weitere Kostenlose Bücher