Elfenschiffe (Mithgar 03)
»Herrje! Ist das…?«
Jatu trat rasch zwischen Tisch und Gastwirt und versperrte ihm die Sicht. »Ich nehme das, Herr Orgle.« Der Gastwirt versuchte an Jatu vorbeizuspähen, aber der schwarzhäutige Mensch stand ihm im Weg und nahm ihm das Tablett ab. »Recht vielen Dank, Herr Orgle.«
»Arfuse! Arapp!«, sagte Alamar laut, während die in Schatten gehüllte Jinnarin den Tisch verließ und außer Sicht glitt. »Ahem!«, räusperte er sich laut. »Diese Illusion ist nun verschwunden. Ich zeige Euch eine andere. Flores rosae pendete.« Plötzlich schwebten überall in dem Zimmer rosa Blüten.
Orgle riss vor Staunen die Augen auf, während er, von Jatu dazu genötigt, langsam rückwärts den Raum verließ, wobei er sich den Hals verrenkte, um mehr sehen zu können, doch ohne Erfolg. »Meister Alamar, Ihr seid ein Wunder, mehr gibt es dazu nicht zu sagen! Mit Euren funkelnden Lichtern und Eurer schönen Musik auf dem Fest und den Schattenspielen und schwebenden Blumen und alles, wenn Ihr für Kost und Logis nicht zahlen könntet, würde ich auch diese Illusionen dafür nehmen.« Als er durch die Tür ging, rief er noch: »Natürlich müsstet Ihr sie vorführen, wenn zahlende Kundschaft da wäre. Die würden dann nämlich zum Essen kommen und danach noch reichlich trinken, wenn Ihr hier seid.« Jatu lächelte, dann sperrte er ihm die Tür vor der Nase zu, legte den Riegel vor und trug das Tablett zur wartenden Gruppe.
Der Schatten löste sich auf, und Jinnarin stieg wieder auf den Tisch und fragte aufgebracht: »Wann fahren wir?«
Am nächsten Tag traf man auf der Eroean Vorbereitungen, den Anker zu lichten und die Segel zu setzen, und praktisch die gesamte Einwohnerschaft von Arbor folgte den Zwergen aus der Sturmlaterne und der Mannschaft aus der Blauen Meerjungfrau zum Kai. Die Stimmung war festlich, beinah wie bei einer Parade. Die Städter redeten und lachten mit der Mannschaft und grinsten über Alamar, der sich mit Rux abplagte. Im Hafen stieg die Besatzung in wartende Boote, die sie zum Elfenschiff brachten. Als alle an Bord waren, blieb die Menge noch und schaute zu, wie die Seidensegel gesetzt und der Anker gelichtet wurden, und das Schiff majestätisch mit der Morgenflut aus dem Hafen glitt. Männer wie Frauen machten ihrem Erstaunen beim Anblick des stolzen Schiffs mit Ohs und Ahs Luft. Lange standen sie da und beobachteten es, und manche liefen sogar am Ufer entlang, um noch einen letzten Blick darauf zu erhaschen, bevor es endgültig verschwand. Schließlich war das Elfenschiff verschwunden und segelte auf seiner geheimnisvollen Fahrt nach Norden, und die Bewohner von Arbor kehrten zu ihren Häusern und Arbeiten zurück. Noch Jahre später redeten sie von der Zeit, als das Elfenschiff in ihrer Stadt angelegt hatte, und das zu Recht, denn es war im Kampf mit tausend furchtbaren Ungeheuern beschädigt worden, und gab es denn einen besseren Ort für Reparaturen?
Schweißgebadet und nach Luft schnappend, schoss Jinnarin in ihrem Bett kerzengerade in die Höhe, da ihr noch der Schrecken ihres Albtraums in den Gliedern steckte. Während sie sich verstört umsah, ging ihr auf, dass sie sich in ihrer Kabine unter der Koje befand und der alarmierte Rux neben ihr stand. »Alles in Ordnung, Rux. Alles in Ordnung«, sagte sie mehr zu ihrer eigenen Beruhigung als zu der des Fuchses. »Er sendet mir immer noch den Traum, und dafür können wir wirklich dankbar sein.« Sie lächelte Rux an, drehte sich um… und schlief kurze Zeit später wieder ein.
»Adon misereatur«, sagte Aylis.
»Möge Adon sich erbarmen«, übersetzte Aravan.
»Cui bono?«, fragte sie.
»Wem nützt es?«, erwiderte Aravan.
»Alis volat propriis.«
»Sie fliegt auf ihren eigenen Schwingen.«
»Virtutis fortuna comes.«
»Das Glück ist der Begleiter der Tapferkeit.«
»Ach, Liebster, du lernst schnell«, sagte Aylis. »Aber jetzt möchte ich, dass du dich mit mir in der Sprache der Magier unterhältst.«
Aravan nickte und sagte dann: »Amor vincit omnia, et nos cedamus amori…«
… und das taten sie dann auch.
Frizian betrat das Ruderhaus und betrachtete im Schein einer Laterne die Abstufungen auf dem Astrolabium und dann eine Karte. Er stellte das Gerät beiseite, zog sich die Handschuhe aus, nahm ein dickes Buch und blätterte langsam Seiten um, die alle Zahlentabellen enthielten. Bei einer hielt er inne, folgte mit dem Finger den Einträgen nach unten und verharrte bei einem. Vor sich hinmurmelnd, schaute er
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