Elfenschiffe (Mithgar 03)
Jujuba in schweren Zeiten, die Götter würden unseren Stamm bestrafen, und wir hätten das Übel verdient, das sie jetzt über uns brächten – sei es Dürre, Pestilenz, Seuche, Hungersnot, Krieg oder sonst etwas –, denn wir seien vom einzig wahren Weg abgekommen.«
Jinnarin sah den großen Menschen an. »Vom einzig wahren Weg? Was…?«
»Ich glaube, der einzig wahre Weg war immer der, den die Jujuba gerade für diesen Tag festgelegt hatten.« Jatu schlug sich mit der Faust auf die geöffnete Handfläche. Er sah zornig aus.
Rux schaute zu Jatu hoch, erhob sich dann und sah sich um, als näherten sich Feinde oder eine Gefahr, dann sah der Fuchs Jinnarin an, als erwarte er einen Befehl von ihr.
Doch die Pysk beachtete den Fuchs gar nicht, sondern beäugte stattdessen den Menschen. »Ihr seid… verstört, Jatu. Kann ich irgendetwas tun…?«
Langsam entspannte Jatu sich wieder. »Ich wollte Euch keinen Anlass zur Sorge geben, Lady Jinnarin. Ich habe mich nur… erinnert.«
Wieder kehrte Stille ein. Nach einem Moment legte Rux sich wieder hin. Die Eroean setzte ihren Weg durch die dunklen Fluten fort, und der Wind kam immer noch von der Seite, wie schon die letzten zwei Tage auf dem Westonischen Ozean.
Ohne Vorrede sagte Jatu: »Als ich vierzehn war, wurde mein Vater krank und siechte rasch dahin. Was der Jujuba auch tat, meinem Vater schien es immer schlechter zu gehen. Es sei der Wille der Götter, sagte der Jujuba dann.
Eines Nachts folgte ich dem Jujuba in den Dschungel, wo er etwas zu suchen schien. Schließlich fand er das Gesuchte, eine gelbe Blume, und er grub ihre Wurzel aus, zerstampfte die Wurzel und füllte die Flüssigkeit in ein kleines Tongefäß.
Die Blume heißt Vipernauge, und der Saft ihrer Wurzel ist giftig. Der Jujuba mischte den Saft in die Medizin, die er meinem Vater gab. Als ich meiner Mutter davon erzählte, stellte sie den Jujuba zur Rede, und da gestand er ihr, dass er sie für sich haben wolle. Er versuchte, meine Mutter mit Gewalt zu nehmen, und da habe ich ihn getötet.
Ich floh, um der Bestrafung durch die Ältesten zu entgehen. Dann fuhr ich mit Kapitän Aravan zur See. Er brachte mir sehr viel bei – nicht nur, was die nautischen Dinge angeht, sondern auch Lesen und Schreiben und Rechnen… und Sprachen und Manieren. Ich war nur ein unwissender Junge, der vor einer finsteren Tat floh, als ich an Bord kam, aber dank Kapitän Aravan bin ich jetzt Erster Offizier auf der Eroean, dem besten Schiff auf allen Meeren der ganzen Welt. Und auf diesem Schiff habe ich mehr gesehen, als sich ein Kind aus Tchanga je hätte träumen lassen – staunenswerte Wunder und schreckliche Gefahren, kostbare Dinge und tödliche und solche von unerreichter Schönheit und Anmut.
Jahre später hatte ich Gelegenheit, nach Hause zu gehen. Dort fand ich heraus, dass meine Mutter noch lebte, mein Vater auch, denn er hatte sich wunderbarerweise wieder erholt, nachdem man den Jujuba mit gebrochenem Genick tot aufgefunden hatte, obwohl später ein anderer Jujuba gekommen war, um seinen Platz einzunehmen.
Da hätte ich in den Stamm zurückkehren können, aber meine Lebensweise hatte sich schon zu sehr verändert.
Und so versteht Ihr sicher, Lady, dass ich angesichts meiner Erfahrungen mit den Jujubas und ihrer Behauptungen über den Willen der Götter wenig Vertrauen zur Religion habe… obwohl ich in letzter Zeit angefangen habe, an die Lehren Adons zu glauben.«
Jinnarin sah den schwarzhäutigen Menschen wiederum an. »Die Lehren Adons? Was genau meint Ihr, Jatu?«
Der Erste Offizier zuckte die Achseln. »Ach, dass Er die Ebenen und die Welten erschaffen hat, dass er das Leben im Wasser, auf der Erde und in der Luft hervorgebracht hat. Dass seine Tochter Elwydd die Völker der Welten erschaffen und ihnen den freien Willen gegeben hat. Dass Adon uns in Ruhe lässt, damit wir ohne Seine Hilfe und Einmischung werden mögen, was wir vermögen.«
Jinnarin nickte versonnen.
Jatu kraulte Rux wieder zwischen den Ohren. »Ich bin aber nicht sicher, ob ich den Rest auch glaube.«
»Welchen Rest?«
Jatu holte tief Luft. »Den Rest der Lehre: dass jedes Volk einen verborgenen Sinn hat, und dass es unsere Bestimmung ist, diesen verborgenen Sinn zu ergründen. Außerdem hat Bokar mir erzählt, dass jede Person immer wiedergeboren wird und…«
»Bokar ist Euer Lehrer?«, warf Jinnarin ein.
Jatu nickte. »In diesen Dingen, ja.«
Jinnarin fing an zu lachen, und ihre Stimme trällerte, als singe ein
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