Elfenschiffe (Mithgar 03)
Törichtes: Ohne zu zögern sprang er in den Teich – elegant und sauber und ohne viele Spritzer. Und ich schrie vor Entsetzen…«
Aylis hob eine Hand. »Aber warum, Jinnarin, warum habt Ihr geschrien? Es ist doch klar, dass er Euch nur beeindrucken wollte. Daran ist doch nichts Entsetzliches.«
»Ach, Aylis, es ist nicht zu übersehen, dass Ihr kein Pysk seid. Stellt Euch einmal vor, was passiert wäre, wenn ein großer Barsch oder Hecht in dem Teich gelebt hätte. Für mich oder jemanden in meiner Größe kann eine solche Begegnung tödlich enden. Und deswegen habe ich vor Entsetzen geschrien, wenn ein Ungeheuer in dem Teich gelebt hätte, hätte Farrix den Sprung nicht überlebt. Glücklicherweise war das nicht der Fall, und so wurde meine neue Liebe nicht gefressen.«
Aylis hauchte ein stummes und verständnisvolles Oh.
»Ich sah ihn unter Wasser zu meinem Felsen schwimmen, aber er tauchte nicht auf und tauchte nicht auf und tauchte nicht auf. Ich bekam Angst um ihn, und als ich mich hinkniete und vorbeugte, um nachzusehen, ob er vielleicht an einer Wurzel hing oder sonst in einer Klemme steckte, schoss er aus dem Wasser, küsste mich dabei und lachte. Nun frage ich Euch, wie hätte ich ihn nicht lieben können?
Als er aus dem Wasser stieg, verbeugte er sich tief vor mir, und sein Grinsen ließ die ganze Welt erstrahlen, und dann sagte er: ›Falls Ihr es vergessen haben solltet, ich heiße Farrix, und ich lüge nie, und mein Fuchs dort hinter Euch heißt Rhu.‹«
Wieder beugte Jinnarin sich nach vorn und schaute nach unten auf die ruhige See unter sich. Und während die von den Schleppruderern erzeugte Wellen leise gegen den Rumpf schwappten, sagte sie: »Da habe ich zum ersten Mal das Gesicht meiner wahren Liebe gesehen – als Spiegelbild in einem Teich.«
Es dauerte sechs Tage und Nächte, um den Scheren der Krabbe zu entkommen, aber der Morgen des siebten Tages begrüßte sie mit einem leichten Wind, und Reydeau pfiff die Schleppmannschaft an Bord, während Rico zum Setzen der Segel pfiff, und noch vor dem Frühstück schnitt die Eroean wieder durch die Wellen und hinterließ brodelndes weißes Kielwasser.
Doch an eben diesem Morgen wachte Jinnarin erfrischt nach einer friedlichen Nacht auf und brach in dem Augenblick, als ihr das klar wurde, in Tränen aus. Rux winselte beunruhigt und leckte das Gesicht seiner Herrin, während er sich nach Gefahren umsah, ohne welche zu finden.
»Was ist denn los mit Euch?«, rief Alamar und klopfte an die Holzwand von Jinnarins Kabine unter der Koje.
»Ach, Alamar«, schluchzte Jinnarin, »ich habe die Nacht durchgeschlafen.«
»Was habt Ihr gesagt?« Alamar klopfte an die winzige Tür.
Jinnarin öffnete sie und trat in Alamars Kabine. »Ich sagte, ich habe die Nacht durchgeschlafen.«
Die Miene des Magiers verdüsterte sich. »Ach du meine Güte, das ist nicht gut. Gar nicht gut.«
Jinnarin schluchzte und sank zu Boden, wo sie das Gesicht in den Händen vergrub, während der winselnde Rux sie abwechselnd mit der Nase anstieß und Alamar anfunkelte, als gebe er ihm die Schuld an allem.
»Habt Ihr überhaupt nicht geträumt?«, fragte der Magier.
Ohne aufzuschauen, schüttelte Jinnarin den Kopf.
»Keinen Traum irgendwelcher Art?«
Wieder schüttelte Jinnarin den Kopf. Nein.
»Nun denn, Pysk, wir werden ganz einfach abwarten müssen.«
Und da hob Jinnarin endlich schniefend den Kopf. »W-was könnte das b-bedeuten, Alamar?«
Der Magier strich sich den weißen Bart. »Alles Mögliche, und nicht alles ist schlecht.«
»Wie zum Beispiel…?«
»Hört her, nur weil Ihr nicht Euren üblichen Nachtmahr hattet, heißt das noch lange nicht…«
»Versucht nicht, darum herumzureden, Alamar. Sagt es mir frei heraus.«
Alamar seufzte. »Nun ja, es könnte sein, dass der Absender dieser Vision in der letzten Nacht zu beschäftigt war, um Euch den Albtraum zu schicken. Es könnte aber auch sein, dass er oder sie den Traum nicht mehr zu senden braucht… warum? Das weiß ich nicht. Vielleicht wurde das Problem gelöst. Andererseits könnte der Absender auch krank sein oder…« Der Magier brach jäh ab und verstummte.
»Nur weiter, Alamar, Ihr könnt es ruhig sagen: Der Absender könnte krank sein oder tot!«
Der Magier nickte bedrückt, und nach dieser Bestätigung brach Jinnarin erneut in Tränen aus. Rux knurrte Alamar eine Warnung zu, unternahm aber ansonsten nichts.
Schließlich sagte Alamar: »Lasst uns Aylis fragen. Vielleicht weiß sie mehr…
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