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Elfenschwestern

Elfenschwestern

Titel: Elfenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Pixiemädchen. „Jetzt.“
    Mit wem sprach es?
    Lilys Kopf ruckte herum. Da, direkt neben ihrer rechten Wange, flatterte ein männliches, hell geflügeltes Wesen. Sein Haar war weiß, seine Flügel waren getupft wie Birkenrinde und nicht durchsichtig, sondern samten wie die einer Motte. Aber seine Augen glühten genauso rot wie die seiner kleinen Freundin und seine Zähne wirkten nicht weniger spitz.
    Was sie damit alles anstellen könnten …
    Lily hatte noch nicht einmal Zeit, diesen Gedanken zu Ende zu denken, da attackierten die beiden schon ihre Hände, die sich an die Dachrinne klammerten.
    Lily schrie. Nein, ich lasse nicht los!, dachte sie wild. Doch ihre Finger konnten dem Ansturm scharfer Zähne und Krallen nicht standhalten, sie lösten sich, einer nach dem anderen.
    Und Lily fiel.
    Sie war mit sieben Jahren aus einem Apfelbaum hinter Grannys Haus gestürzt. Doch damals hatte sie nicht einmal genug Zeit gehabt, um Angst zu kriegen, so schnell war sie unten gewesen. Mit aufgekratzten Beinen, ansonsten unversehrt.
    Jetzt war es anders. Sie fiel und hörte einen entsetzten Schrei. War es ihr eigener? Sie spürte, wie ihr Magen verrutschte, ihr Herz. Sie wusste, während sie fiel, dass hier kein Kissen aus Moos und Ehrenpreis ihren Sturz dämpfen würde. Dieser Sturz würde ihr Ende sein.
    Der Aufprall raubte ihr den Atem. Aber nur für einen Moment. Denn sie war nicht auf dem Pflaster zerschellt, sie war weicher gelandet.
    Jemand hielt sie. Ein Arm umfing fest ihre Schultern, ein Arm lag unter ihren Kniekehlen, gab ihr das Gefühl federleicht zu sein.
    Lily starrte hinauf in seine Augen. Sie waren so dunkel, wie sein Haar hell war. Seine Züge waren so scharf geschnitten, dass er fast streng wirkte, aber seine Mundwinkel kräuselten sich amüsiert.
    „Hab dich“, sagte er.
    Lily holte tief Luft. Es tat weh, aber nur ein bisschen. Sie atmete erneut ein, dieses Mal ging es schon besser und sie hatte jetzt auch genug Atem, um zu sprechen. „Wer bist du?“, flüsterte sie.
    „Ich bin wie du“, antwortete er.
    Ja, das hatte sie schon erkannt, als sie ihn auf dem Dachfirst entdeckte. Jetzt aus der Nähe sah sie seine Ohrmuscheln, spitz wie ihre. Sie teilten sein glattes, glänzendes Haar. Eine Strähne fiel ihm in die Augen, die so leuchtend waren wie die einer Raubkatze.
    Er war ein Sohn der Fey.
    „Ich bin ein Jäger, meine Hübsche“, sagte er mit dieser kühlen Stimme. „Genau wie du.“
    „Wie ich?“ Lily hörte selbst, wie fassungslos sie klang.
    Er lachte leise. Stand da mitten in diesem verschneiten Hof mit ihr auf seinen Armen, während aus dem Lesesaal Schreie nach unten drangen, und lachte leise.
    Dann näherte er sein Gesicht ihrem. „Die Katze auf dem Dach ist immer auf Beute aus“, raunte er ihr zu.
    Lily war verstört. Von seinem Atem an ihrem Ohr, von seinem Geruch nach mondklaren Nächten, von dem Geschrei ringsum und nicht zuletzt von ihrem Sturz.
    Eine Tür flog auf, ein gelbes Lichtrechteck fiel in den Schnee und Jolyon stürzte in den Hof, T. W. Webber dicht auf den Fersen.
    Lilys Herz tat einen Satz.
    Jolyon sah Lily und den jungen Fey und machte eine Bewegung, als wolle er sich auf den anderen stürzen. Doch Webber hielt ihn zurück.
    Jolyon ballte die Fäuste. Sie konnte ihn riechen: Wolfshaar und Wolle, Wut und noch etwas anderes, das sie noch nie an ihm gerochen hatte.
    „Lass sie los“, sagte Jolyon mit gepresster Stimme. Sein Befehl hallte von den Mauern wider.
    Der Fey lächelte wie Rose, schön und gefährlich. Er blickte wieder auf Lily hinunter. „Na, meine Hübsche, was meinst du?“, fragte er leichthin. „Soll ich?“
    Hinter Jolyon und Webber tauchten jetzt noch mehr Menschen auf: Davis, Eileen und Kate. Kate stand eine solche Panik ins Gesicht geschrieben, dass Lily es eilig hatte zu sagen: „Ja, das wäre gut.“
    Mit einer fließenden Bewegung stellte ihr Retter sie auf die Füße. Als Lily ein wenig schwankte, grinste er.
    Jolyon trat näher, vorsichtig, mit sichtlich angespannten Schultern. „Warte“, sagte er, als der junge Fey sich wegdrehte.
    Der Fey wandte sich noch einmal um. „Mit dir spreche ich nicht“, sagte er fast gelangweilt. „Mensch.“ Wirbelte herum, tat einen Satz und schwang sich in die nächste Platane hinauf, kletterte höher und höher.
    Wie eine Katze, dachte Lily, während sie atemlos versuchte, seinen Bewegungen zu folgen. Er ließ die Äste los und sprang, landete auf einem schmalen Sims des Universitätsgebäudes, als wäre

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