Elfenschwestern
Alles in Ordnung?“
Lily richtete sich mühsam auf. Holte zitternd Atem. „Sicher“, log sie. „Ich bin nur, du weißt schon, völlig erledigt.“ Sie schenkte ihm ein schiefes Lächeln.
„So“, sagte Alistair zweifelnd. Er zögerte noch einen Moment, aber als Lily keine Anstalten machte, sich erneut wie unter Schmerzen zu winden, ließ er Prince langsam weitergehen.
Mit klopfendem Herzen ritt Lily neben ihn. In der Dunkelheit würde Alistair sicher nicht bemerken, dass ihre Finger bebten. Und ihre Schultern fast schmerzhaft angespannt waren.
Unauffällig warf Lily einen Blick zurück. Der Schnee reflektierte das erste Mondlicht und erhellte den dunklen Park. Lily konnte es deutlich sehen: Leer lagen die Rasenflächen da, verlassen die Wege. Trotzdem schwor Lily sich, sobald wie möglich genau an diese Stelle zurückzukehren. Denn für einen verwirrenden, seligen Moment hatte der Wind Lily einen bekannten Geruch unter die Nase geweht: einen Hauch von Kindershampoo und einem Sonnentag am Meer.
20
I would entreat you not to fear, not to bremble.
My life for yours! ~ Ich täte Sie ersuchen – zagen Sie nicht! Zittern Sie nicht!
Mein Leben für Ihr Leben!
Die Pferde überließen sie den Stallknechten. Baskerville allerdings schien nicht gewillt, seinen Herrn zu verlassen: Leise winselnd drängte er sich an Alistairs unverletzte Seite.
Der junge Fey legte ihm eine Hand auf den breiten Schädel. Es schien die übliche Form der Kommunikation zwischen den beiden zu sein. Der große Labradormischling verstummte sofort.
„Es gibt bald Dinner“, erklärte Alistair mit einem Blick auf seine Armbanduhr. „Wir müssen zurück, wenn wir nicht zu spät kommen wollen.“
„Ja“, bestätigte Lily. „Und das wollen wir nicht.“ Sie sehnte sich unsäglich nach ihrer Schwester. Es gab so viel, was sie mit Rose besprechen musste. Die Pixies waren wieder da und hatten einen York angegriffen. Und Lily war sich sicher, für eine Sekunde Grayson gewittert zu haben!
Mit Baskerville auf den Fersen gingen sie durch die dunkle Nacht zurück zum Haus, stiegen nebeneinander die Treppen zum Portal hinauf. Alistair hinkte ein wenig. Er lehnte sich gegen einen Türflügel, um ihn für Lily aufzuhalten. Sie wollte eben mit einem kleinen Lächeln an ihm vorbeischlüpfen, da wurde sie plötzlich durch seinen Arm gestoppt, der vor ihr nach dem anderen Türflügel griff. Zuerst dachte Lily, Alistair hätte nur Halt gesucht. Als Alistair aber in ihrem Rücken auch den anderen Arm hob und gegen das Holz stemmte, war sie plötzlich zwischen seinen Armen gefangen.
Oh, oh, dachte sie.
Dort auf der Schwelle sagte er zu ihr: „Beute oder Jägerin, Tigerlily? Wolltest du dich nicht entscheiden?“
Lily starrte ihn erschrocken an. Er hatte nicht seine sanfte Zauberstimme benutzt, er klang ernsthaft. Seine dunklen Augen waren unlesbar, aber ihr Blick bohrte sich eindringlich in Lilys.
„Falls du ein Spiel spielst, spielst du es so gut, dass ich es nicht durchschaue, kleine Lancaster“, sagte er. „Falls du aber nicht spielst, heißt das wohl, dass du dich nicht sonderlich für mich erwärmen kannst, oder? Und auch wenn ich mich wiederholen sollte: Das bin ich einfach nicht gewohnt.“
Lily war sprachlos. Während sie nach einer Antwort suchte, legte Alistair den Kopf schief.
„Was machst du, wenn ich dich jetzt küsse?“, erkundigte er sich.
Das war leichter. „Kratzen und beißen“, fauchte sie. Was glaubte dieser eingebildete Kerl eigentlich, wer er war?
Alistair lachte. Aber seine Arme schlossen sich enger um sie.
„Tigerlily!“
Lilys Kopf fuhr herum.
Grace eilte ihnen quer durch die Halle entgegen, anmutig in einem cremeweißen Georgettekleid und spitzen rosenfarbenen Pumps mit Kitten Heels.
Alistair verwandelte seinen Annäherungsversuch ohne den leisesten Anflug von Verlegenheit in eine große Geste, Lily ins Haus zu bitten. Grinsend schloss er hinter ihr die Tür.
„Und Alistair!“, rief Grace. „Sieh dich an, Earl of Rosebery, du bist ja ein Mann geworden. Was drei Jahre doch aus einem schlaksigen Teenager machen können. Dein Vater sagt, du bist Etons bester Polospieler. Das sieht man. Diese Haltung!“ Grace schloss den jungen Earl in eine innige Umarmung.
Alistair blinzelte einmal überrascht, erholte sich jedoch schnell.
„Mrs Lancaster“, begrüßte er sie warm. Als Grace sich von ihm löste, schenkte er ihr sogar dieses charmante Lächeln mit den gekräuselten Mundwinkeln.
„Grace, nicht
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