Elfenschwestern
höflichen Konversation begegnen zu können.
Der Duke lächelte sein schmallippiges Lächeln. „Wie Recht du hast. Es ist wahrscheinlich überflüssig zu sagen, dass wir uns nicht ausstehen konnten, dein Vater und ich.“
„Aber als Sie und Grace, ich meine, sie ist seine Schwester und …“, Lily stoppte sich erschrocken. Sie hatte nichts preisgeben wollen.
Doch der Duke schien sich über ihren Einwurf nicht zu wundern. „Ah, Grace.“ Er lächelte gedankenverloren. „Sie war ein schönes Geschöpf. Das ist sie noch, wenn ich das anmerken darf. Und ich war durchaus in Versuchung. Aber ein York und eine Lancaster?“ Evelyn York schüttelte den Kopf. „Das war undenkbar. Damals.“
Damals? Wie meinte er das? Die Frage musste offen in ihrem Gesicht zu lesen gewesen sein, denn der Duke trat zu ihr, so nah, dass sein schwach nach süßem Tabak riechender Atem sie streifte, so nah, dass sie die Linien sehen konnte, die sich in seine Stirn und längs seiner Mundwinkel in die Haut gegraben hatten – und die Kälte in seinen Augen.
„Tja, Fairchild“, sagte der Duke of Ashford und betonte ihren Nachnamen, den Namen ihrer Mutter, „so sehr ich das menschliche Erbe in dir auch verachte und so sehr ich mir wünsche, dich Menschenkind aus meinem Haus werfen und aus meinem Leben verbannen zu können, muss ich mir doch eingestehen, dass es nicht möglich ist. Unsere Schicksale haben sich verschränkt.“
Er bohrte seinen Blick in ihren. Und Lily stellte fest, dass sie sich vor seiner Erklärung fürchtete.
Der Duke sagte: „Dein Bruder, Tigerlily Fairchild, ist der Sohn eines Lancasters und einer York.“
„Das kann nicht sein.“
Der Duke legte den Kopf schief und betrachtete Lily mit neu erwachtem Interesse. „Seltsam“, sagte er langsam. „Genau dasselbe habe ich auch gesagt, als vor wenigen Wochen dieser Mann vor mir stand und mir eine Schatulle voller auf Papier gebannter Familiengeheimnisse verkaufen wollte. Ich sagte, niemals würden sich Yorks mit Lancasters einlassen. Oder Lancasters mit Yorks. Aber weißt du was?“, der Duke lachte. „Dieser Kerl hatte ein gutes Argument. Er sagte: ‚Und wenn die beiden es nicht wussten?‘“
Jetzt hätte Lily sich doch sehr gerne wieder hingesetzt. Ihre Knie waren so weich, dass sie ihnen nicht länger traute. „Sie meinen, mein Vater“, ihre Lippen hatten Schwierigkeiten dieses Wort zu formen, das sie so selten benutzte, „hat nicht gewusst, wen er geheiratet hat?“
„Richtig.“ Der Duke trat zurück. Er ließ sich in den Sessel bei der Terrassentür sinken, der das Gegenstück zu dem war, in dem Lily so lange gewartet hatte, lehnte sich entspannt zurück und legte beide Arme flach auf die Lehnen. Ganz offensichtlich fühlte er sich so überlegen, dass es ihm keinerlei Schwierigkeiten bereitete, zu Lily aufsehen zu müssen. „Gray hat es nicht gewusst. Als sein Vater starb, kam er zurück von seinem Ausflug in die Menschenwelt und ließ dort zwei Töchter zurück, von denen er niemandem etwas erzählte. Er trat sein Erbe an und beugte sich seinen Pflichten. Er heiratete eine junge Dame von Stand. Alice Sutton-Berger. Es soll eine kleine, stille Zeremonie gewesen sein. Man nahm allgemein an, dass sich der Baron von Greenwood auf seine Pflichten besonnen hatte, und war mit seiner Wahl durchaus zufrieden. Doch dann verschwanden sie plötzlich. Alle beide.“ Der Duke hob die Achseln, als erinnere er sich wieder an die allgemeine Verblüffung, die der Baron und seine frisch Angetraute damals ausgelöst hatten. „Mich hat es nicht interessiert. Ihn konnte ich nicht leiden, sie war ein farbloses Geschöpf, wenn ich mich recht entsinne. Warum sollte es mich kümmern, was sie dazu veranlasste, alles hinter sich zu lassen? Heute denke ich mir: Sie müssen es damals herausgefunden haben. Sie haben herausgefunden, wer Alice Sutton-Berger wirklich war.“
„Wer?“, fragte Lily wider Willen fasziniert.
„Die direkte Nachfahrin der Prinzen im Tower.“
„Der …“ Lily blinzelte. Hatte sie davon nicht schon einmal gehört?
Der Duke beobachtete sie. „Wie schön zu sehen, dass junge Menschen mit der Geschichte Englands so vertraut sind“, konstatierte er spöttisch.
„Ach ja?“ Seine Arroganz machte Lily so furchtbar wütend, dass sie ihn am liebsten mit gebleckten Zähnen angesprungen hätte. Stattdessen strengte sie ihr Gedächtnis an, bis die Erinnerung daran auftauchte, wie Jolyon im gelben Lampenlicht neben ihr gesessen und sich über den
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