Elfenschwestern
könntet euch meine Mündel nennen.“
„Sie sind verrückt“, sagte Lily fassungslos.
„Findest du? Ich halte mich eher für äußerst einfallsreich. Und pragmatisch. Denk daran: Wir haben alle etwas von diesem Arrangement. Du wirst dafür sorgen, dass Grayson sich hier wohlfühlt und bereitwillig seinem Unterricht folgt. Ich werde dafür sorgen, dass ihr, du und deine Schwester, in die Kreise aufgenommen werdet, zu denen ihr mit eurem verdorbenen Blut eigentlich keinen Zugang habt. Glücklicherweise scheint der Fey in euch den Menschen zu unterdrücken. Man sieht euch euer bedauerliches Erbe zumindest nicht an.“
Der Duke betrachtete Lily, wie er sonst vielleicht eine seiner Zuchtstuten prüfte. Ihr wurde fast schlecht.
„Meine Mum“, begann sie.
Er hob abwehrend eine Hand. „Oh, natürlich ist euch jeglicher Kontakt untersagt zu“, er machte ein Gesicht, als hinterlasse das Wort einen schlechten Geschmack auf seinen Lippen, „Menschen. Vor allem, wenn sie bürgerlich sind. Bei Zuwiderhandlung sehe ich unsere kleine Vereinbarung als hinfällig an.“
„Aber sie ist unsere Mutter!“, rief Lily.
„Dann wird sie sich sicher freuen, dass sich die Dinge so ausgesprochen gut für euch entwickeln. Bedenke, was du bei unserem kleinen Handel gewinnst.“
„Was?“, fauchte Lily, unfähig sich länger zusammenzureißen. „Fey-Freunde? Adelstreffen? Ein Zimmer mit Himmelbett?“
„Meinen Sohn.“
Lily wich vor dem Duke zurück. „Das“, sagte sie, „kann nicht Ihr Ernst sein.“
„Oh, du bist jung. Noch nicht ganz siebzehn, nicht wahr? Aber sobald du achtzehn bist, wäre eine nette, romantische Verlobung mit einem der begehrtesten jungen Männer des Landes doch eine ansprechende Idee. Und dann sehen wir weiter.“
Lily schüttelte fassungslos den Kopf. Sie versuchte es mit Galgenhumor, denn, nein, das konnte der Duke einfach nicht ernst meinen. „Aber Sie wissen schon, dass arrangierte Ehen ziemlich aus der Mode sind?“, spottete sie schwach.
„Ich verlange von dir nur, meinem Sohn eine Chance zu geben.“
Er meinte es ernst. Lily schluckte schwer. „Aber wenn ich nicht …“ Sie konnte nicht weitersprechen.
„Im schlimmsten Fall funktioniert es nicht und die Verlobung wird aufgelöst. Dann habt ihr, du und deine Schwester, allerdings auch keinen Platz mehr bei uns“, sagte der Duke leichthin. „Im besten Fall allerdings schließen sich zwei Dynastien zusammen. Zwei mächtige Familien, die sich zu einer mächtigen Familie verbinden, könnten unschlagbar sein. Denk darüber nach! Hätten sich die rote und die weiße Rose nicht bekämpft, hätten die Tudors keine Chance auf den Thron gehabt. Vielleicht wird es Zeit, dass wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen.“
„Aber Sie sind ein York. Sie hassen die Lancasters“, wandte Lily schwach ein.
„Die Menschen hasse ich mehr“, sagte der Duke. „Und dass sie mich regieren, hasse ich am meisten.“ Er streckte die Beine aus und verschränkte die Hände hinter seinem Kopf, bot ein Bild der Zufriedenheit und Entspannung. „Du musst dich nicht sofort entscheiden, Tigerlily. Aber heute Abend wäre ein guter Zeitpunkt. Wie wäre das: Gib mir bei unserem Ball einfach ein Zeichen.“ Er kräuselte die Lippen zu einem Lächeln, das an Alistairs erinnerte, jedoch in seiner Kälte wie eine höhnische Verzerrung wirkte.
Lily warf noch einen letzten Blick auf ihren Feind, den Duke of Ashford, und floh.
24
And run through fire I will for sweet sake. ~ Dass ich für dich barfuß durchs Feuer lauf!
Lily irrte durch Englefield Park.
Sie fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Grayson war ein York. Und ein Lancaster. Ein Spross beider Familien. Der erste überhaupt. Der Duke wollte ihn für seine Machtspielchen benutzen – und drohte unverblümt und eiskalt, ihnen Gray für immer wegzunehmen. Wenn wir nicht tun, was er verlangt, dachte Lily und tastete sich langsam an einer Damasttapete entlang. Sie starrte blind vor sich hin, während sie einen Fuß vor den anderen setzte, sah nichts außer den Bildern in ihrem Kopf. Ein Leben ohne Gray. Nicht vorstellbar. Aber ein Leben ohne Mum? Ohne Eileen und Mrs Reilly? Ohne Jolyon? Oh Gott, Jolyon! Lily krümmte sich zusammen, musste sich gegen den weichen Wandbezug lehnen, um aufrecht stehen bleiben zu können. Ich kann doch nicht zwischen Gray und Jolyon wählen, dachte sie verzweifelt. Oder zwischen Gray und Mum.
Es musste einen anderen Weg geben.
Vielleicht, wenn wir einwilligen,
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