Elfenstern
trotz der brennenden Sonne. Kalt und hart und undurchdringlich
– wie die
Vergangenheit für all die aus dem Paradies Vertriebenen. Noch
waren nicht alle
seine Fragen beantwortet. Das Licht zum Beispiel. Damit verhielt es
sich wie
mit dem Allüberall auf Arianus: Wieso? Warum? Zu welchem
Zweck? Auf Arianus
hatte er das Rätsel gelöst, oder es war für
ihn gelöst worden. Er war ziemlich
sicher, auch den Schlüssel zum Geheimnis der Sterne von Pryan
finden zu können.
Immerhin stand er kurz davor, sich Zugang zu einem davon zu
verschaffen.
Haplo schaute zu dem hexagonalen Tor zurück. Er
kannte das System der Runenstruktur auf der silbern schimmernden
Außenverkleidung. Eine Rune fehlte. Man brauchte nichts
weiter zu tun, als das
betreffende Sigel einzufügen, und das Tor öffnete
sich. Es war eine simple
Konstruktion, elementare Sartanmagie. Sie hatten sich nicht viel
Mühe gemacht.
Warum auch? Außer ihnen beherrschte niemand die Runenmagie.
Nun, fast niemand.
Haplo lächelte grimmig. Er kannte die Magie der
Sartan, er verfügte über das Wissen, um das Tor zu
öffnen, doch er zögerte.
Wenn er sich ihrer Runen bediente, fühlte er sich unbeholfen
und dumm, wie ein
Kind, das Zeichen in den Sand malt. Außerdem würde
es eine ungeheuer große
Befriedigung bedeuten, sich Einlaß in diese so unbezwingbare
Festung zu
erzwingen, indem er von seiner eigenen Magie Gebrauch machte.
Patrynmagie. Die
Magie der erbittersten Feinde der Sartan.
Er hob die Hände, legte die Fingerspitzen gegen
den Marmor und begann, die Runen auf den glatten weißen Stein
zu zeichnen.
»Leise!«
»Ich habe gar nichts gesagt.«
»Weiß ich. Ihr sollt still sein. Ich
glaube, ich
habe was gehört.«
Die vier erstarrten mitten in der Bewegung und
hielten den Atem an. Auch im Wald herrschte Totenstille. Kein Blatt
regte sich,
kein Tier huschte vorüber, kein Vogel sang. Zuerst
hörten sie nichts. Die
Stille war eine fast körperlich spürbare Last,
bedrückend wie die Hitze. Die
Schatten der mächtigen Bäume schienen sich zu
verdichten und sie
einzuschließen; mehr als einer von ihnen fröstelte
und wischte sich den kalten
Schweiß von der Stirn.
Und dann hörten sie eine Stimme.
»Und dann sagte ich zu George:
›Georgie‹, sagte
ich, ›die dritte Folge war ein Hammer. Ganz
süße kleine pelzige Viecher. Wer
nur ein bißchen Verstand hatte, wurde von dem
unwiderstehlichen Bedürfnis
gepackt, sie allesamt ausstopfen zu lassen
…‹«
»Warte«, ertönte eine zweite
Stimme, matt und
leise. »Hörst du nichts?« Die Stimme wurde
lebhafter. »Doch, ich hatte recht!
Ich glaube, sie kommt!«
»Vater!« rief Aleatha und stürmte
blindlings
vorwärts.
Die anderen stürzten hinter ihr mit kampfbereit
gezückten Waffen auf die Lichtung. Sie blieben stehen,
schauten sich um und
kamen sich ziemlich albern vor, als sie nur den alten Zauberer und
Lenthan
Quindiniar an einen Baumstamm gelehnt im Moos sitzen sahen.
»Vater!« Aleatha wollte zu ihm, aber der
Zauberer stellte sich ihr in den Weg. Sein Gesichtsausdruck war ernst
und
feierlich.
Hinter ihm stand Lenthan Quindiniar mit
ausgebreiteten Armen, ein verklärtes Leuchten auf den
Zügen.
»Meine liebe Elithenia!« hauchte er und
tat
einen Schritt nach vorn. »Wie bezaubernd du aussiehst.
Genauso, wie ich dich in
Erinnerung habe!«
Die vier folgten seinem Blick, vermochten aber
nichts weiter zu erkennen als Dunkelheit und unstete Schatten.
»Mit wem spricht er?« fragte Roland in
ehrfürchtigem Flüsterton.
Paithans Augen füllten sich mit Tränen, er
schüttelte den Kopf. Rega trat verstohlen neben ihn und
ergriff seine Hand.
»Laß mich vorbei!« rief Aleatha
zornig. »Er
braucht mich!«
Zifnab hielt sie zurück. In seinen dürren
Armen
steckte überraschend große Kraft.
»Nein, Kind. Nicht mehr.«
Aleatha starrte ihn wortlos an, dann richtete
sie den Blick auf ihren Vater. Lenthan hatte die Hände
ausgestreckt, wie um
jemanden zu begrüßen, der ihm lieb und teuer war.
»Es waren meine Raketen, Elithenia«, sagte
er
mit schüchternem Stolz. »Die ganz weite Reise war
nur möglich wegen meiner
Raketen. Ich wußte, daß du hier sein
würdest. Immer, wenn ich zum Himmel
schaute, konnte ich dich über mir
leuchten sehen – hell und klar und
unbeirrbar.«
»Vater!« flüsterte Aleatha. Er
hörte sie nicht;
er bemerkte nicht einmal ihre Anwesenheit. Seine Hände
schlossen sich, als
wollte
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