Elfensturm (Mithgar 04)
die schwarze Galeere, die mit der Abendflut näher kam. Die Ruder tauchten gleichmäßig ins Wasser, die dunklen Segel waren so gesetzt, dass sie den Westwind einfingen, und Rumpf und Segeltuch warfen lange Schatten in der untergehenden Sonne. Und während sie das Schiff über das hellgrüne Meer gleiten sah, klopfte ihr das Herz in der Brust, und Furcht erfüllte sie, und halb erwartete sie, jeden Augenblick das Schiff verschwinden und eine große Spinne über die Algen und die Wellen huschen zu sehen. Sie nahm Farrix’ Hand und sah ihn an – sein Gesicht war weiß und grimmig –, dann schaute sie wieder auf das wogende Wasser, das nun bei Sonnenuntergang nicht mehr hellgrün, sondern malachitfarben war. Ist erst später Nachmittag? Es kommt mir so vor, als seien wir schon ewig hier.
»Fünf Meilen«, schätzte Jatu.
Der hünenhafte Mann trat beiseite, und Bokar schaute wieder durch den Spalt und fragte grollend: »Wie kommt es durch die Algen? Sie scheinen es überhaupt nicht zu behindern. Niedriger Tiefgang? Ein besonderer Rumpf? Magie? Wie?«
»Lasst mich mal sehen«, mischte Alamar sich ein.
Der alte Magier ging an Rux vorbei zum Spalt und drängte sich an Aravan, Jatu und Bokar vorbei. »Visus«, murmelte er und lugte dann nach draußen. Und als sein Blick auf die entfernte Galeere fiel, wich alles Blut aus seinem Gesicht. »Adon!«, hauchte er und ließ die Schultern hängen. »Ach, Adon.«
Aylis trat neben Alamar und aktivierte ihre magische Sicht ebenfalls, um sie auf das Schiff zu richten. Und sie erbleichte und sog scharf Luft durch zusammengebissene Zähne. »So viel Feuer, Vater. So unglaublich viel Feuer.«
Unter ihnen drückte Jinnarin in ihrer Angst Farrix’ Hand noch fester, der den Griff ebenso fest erwiderte, und sie fragte: »Ich sehe nichts. Wovon redet Ihr, Aylis?«
Aylis wandte den Blick nicht von der Galeere ab, als sie die Frage der Pysk beantwortete. »Das Schiff erstrahlt förmlich in astralem Feuer. Wenn es Durlok ist, den wir so brennen sehen, dann können wir nicht hoffen, ihn zu besiegen. Vielleicht könnten es nicht einmal alle Magier auf Mithgar vereint.« Sie wandte sich an Aravan. »Mit so viel magischer Macht können wir es nicht aufnehmen. Wir müssen fliehen.«
Doch es war Alamar, der ihr antwortete, und seine Stimme klang müde. »Nein, Aylis, wir können nicht erwarten, dass uns die Flucht gelingt, ohne von ihm entdeckt zu werden.«
»Kapitän«, sagte Jatu, »wir können zu unseren Booten zurückkehren und zum dunklen Ende der Lagune rudern. Da können wir uns verstecken und uns dann hinausschleichen, nachdem die Galeere festgemacht hat und entladen wurde.«
Wieder antwortete Alamar: »Wir können uns nicht vor Durlok verstecken. Im Moment seiner Ankunft wird er wissen, dass jemand in sein Allerheiligstes eingedrungen ist, denn er wird einen Enthüllungszauber wirken, um festzustellen, ob noch alles so ist, wie er es verlassen hat. Und wir haben den Bann gebrochen, mit dem er Farrix belegt hat, und auch das wird er entdecken.«
»Vielleicht können wir durch die Belüftungsschlitze in der Decke fliehen«, knurrte Bokar.
Aravan schüttelte den Kopf. »Das wäre höchstens eine vorübergehende Flucht.«
»Was wir auch tun, wir müssen uns beeilen«, warf Jatu ein, »denn die Galeere kommt mit jedem Ruderschlag näher.«
»Können wir nicht List und Tücke einsetzen?«, fragte Farrix. »Sie irgendwie hinters Licht führen?«
»Achtundzwanzig Trolle hinters Licht führen? Vielleicht«, murmelte Bokar. »Aber wie führt man einen Magier hinters Licht?«
Stille senkte sich auf alle, und sie sahen einander an, während unten die Wellen gegen die Felsen brandeten und in der Ferne die Galeere immer näher kam.
Alamar blies die Wangen auf und ließ dann die Luft langsam entweichen. »Wie führt man einen Magier hinters Licht? Diesen Magier? Diesen Schwarzmagier? Vielleicht gibt es eine Möglichkeit. Obwohl ich nicht weiß, ob ich über das nötige Feuer verfüge.«
Furcht zeigte sich in Aylis’ Augen. »Was hast du vor, Vater?«
»Ich habe ihn schon einmal besiegt, Tochter. Das kann er nicht vergessen haben…«
Der Magier wandte sich an Bokar. »Wenn mein Plan misslingt, Zwerg, kümmert Euch nicht um die Trolle. Lasst Eure Krieger sich vielmehr darauf konzentrieren, Durlok zu töten. Vielleicht kommt ein Armbrustbolzen oder eine Axt durch.«
»Vater, du kannst nicht…«
»Tochter, ich muss… und um ihn hinters Licht zu führen, brauche ich deine Hilfe.
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