Elfentausch
blaue Latzhose und einen roten Pulli und braune Wanderschuhe. Hast du sie gesehen?«
Rudi überlegte. »Ja«, meinte er dann. »Das heißt, gesehen habe ich sie nicht, aber mein Vetter hat mir erzählt, dass ein Mädchen im Wald unterwegs ist, das mit einer Elfe und einem Himbeerwichtel reist. Das muss dann wohl deine Schwester sein.«
»Mit wem reist sie?«, fragte Axel.
»Einer Elfe und einem Himbeerwichtel«, wiederholte Rudi geduldig.
»Ach du Scheiße!«, entfuhr es Axel. Und schuldbewusst schaute er gleich über seine Schulter nach den Eltern. Schimpfen und Fluchen waren nämlich unanständig und deshalb verboten.
»Tut mir leid«, entschuldigte er sich gleich bei Rudi. »Aber ich bin total überrascht. Warum sollte meine Schwester mit einer Elfe und einem Himbeerwichtel reisen? Und wohin überhaupt?«
»Das weiß ich nicht genau«, sagte Rudi. »Mein Vetter hat auch nicht mit ihnen gesprochen. Er hat sie nur gesehen«
»Das muss ich sofort meinen Eltern berichten«, sagte Axel dann.
»Nein«, rief Rudi. »Dann sind ja erst recht alle Menschen hier unterwegs und außerdem noch hinter der Elfe her. Das geht nicht.«
»Aber ich will meine Schwester finden!«, beharrte Axel.
»Tut mir leid, da kann ich dir nicht helfen«, sagte Rudi.
Axel legte den Kopf schräg und dachte nach. Dann packte er Rudi vorsichtig mit der rechten Hand und steckte ihn in seine Tasche. »Ich glaube doch«, sagte er und ging zu seinen Eltern zurück. Rudi zeterte und ratterte in der Tasche und schimpfte wüst und hilflos. Aber es nützte nichts, er war gefangen von einem kleinen Jungen und wer weiß, was der ihm alles antun würde? Schluchzend ergab er sich schließlich in sein Schicksal und wartete ab, was auf ihn zukam.
Axel rief sofort seine Eltern herbei und zeigte ihnen stolz Rudi, den er vorsichtig auf die Handfläche legte. Rudi ratterte verdrossen. Er dachte nicht wirklich, dass ihm das helfen würde. Aber was sollte er sonst machen? Die Eltern und Lutz warfen einen kurzen Blick auf die fette gelbe Raupe und Frau Busch meinte: »Ja, das ist nett, Schatz. Aber jetzt leg die Raupe wieder weg und hilf uns suchen!«
»Aber die Raupe weiß etwas!«, rief Axel ganz aufgeregt. »Sie hat mir verraten, dass Evelin zusammen mit einer Elfe und einem Himbeerwichtel unterwegs ist. Wenn die Raupe uns hilft, können wir Evelin vielleicht finden!«
Die Eltern schauten sich nur an, Lutz lachte. Rudi streckte Axel die Zunge heraus und grinste. »Schatz«, sagte Frau Busch. »Das ist nicht möglich, dass die Raupe dir das verraten hat. Raupen reden nicht mit Menschen. Bitte lass sie hier im Gras und hilf uns, nach deiner Schwester zu suchen!«
Axel war enttäuscht von seinen Eltern. Warum glaubten sie ihm denn nicht? Er starrte Rudi an, der hämisch grinste, und tat dann so, als ob er ihn ins Gras setzte. Schnell schloss er jedoch wieder die Hand um ihn und steckte ihn unbemerkt in die Tasche. Auch wenn ihm niemand glaubte – Rudi war der Einzige, der ihnen helfen konnte, Evelin zu finden. Er würde ihn schon davon überzeugen. Während er sich einen Plan zurechtlegte, folgte er gehorsam seinen Eltern. Dabei suchte er jetzt nicht mehr so gründlich, denn er war sich schon sicher, dass er Evelin hier nicht finden würde. Was machte seine Schwester nur mit einem Wichtel und einer Elfe? Was war so dringend, dass sie einfach mit den beiden davongelaufen war? Grübelnd stiefelte er weiter durch den Wald, während ein Plan in ihm zu reifen begann.
RÜDIGER
Tamara und Evelin ahnten von all dem nichts. Sie hatten noch drei Tage im Wald zugebracht und nachts Unterschlupf im Gebüsch gefunden. Gut, dass es nicht geregnet hatte. Sie hatten sogar Wasser entdeckt, weil ein winziges Rinnsal von einem Bach durch den Wald floss. Der Bach musste wohl auf dem Berg entsprungen sein. Das Wasser war schön kühl und frisch und sie brauchten zumindest nicht weitere Gegenstände in irgendwelchen Kneipen einzutauschen, um etwas zu Trinken zu bekommen. Beeren und Pilze gab es auch in ausreichender Zahl, sodass sie nicht hungern mussten.
Die Freunde lernten einander immer besser kennen und waren schon ein eingefleischtes Team. Es war, als wären sie schon immer miteinander unterwegs gewesen. Es war nun bereits Mittwoch – nach menschlicher Zeitrechnung - und sie freuten sich, an diesem schönen, sonnigen Tag zusammen weiter Richtung Donnerberg zu wandern. Bald wären sie dann auch bei der Sumpfhexe und endlich am Ziel ihrer Reise.
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