Elfentausch
Donnerberg wanderte, waren die Familien der Verschollenen immer noch auf der Suche nach dem Mädchen und der Elfe. Unermüdlich flogen die Elfen durch den Wald und wanderte Familie Busch ebenfalls mit den Suchmannschaften durch den Wald. Alles ergebnislos. Auch die Polizei war ratlos. Es gab kein Anzeichen für ein Verbrechen und es waren keine Spuren zu finden. Es war niemand zur selben Zeit wie die Familie auf dem Spielplatz oder dem Wanderweg gewesen. Nicht einmal Jäger oder Förster hatten sich in diesem Gebiet aufgehalten. Evelin musste sich wohl in Luft aufgelöst haben. Trotzdem gab niemand auf. Ein kleines Mädchen konnte nicht einfach so verschwinden. Wenn man nur wüsste, wohin sie hatte gehen wollen, dann hätte man die Richtung besser bestimmen können. Familie Busch war ebenfalls mit Rucksack, Nahrung, Taschenlampe und Handy bewaffnet im Wald unterwegs. Selbst Lutz und Axel durften bei der Suche helfen – aber natürlich immer in Rufweite der Eltern und mit eigenen Handys. Man wollte ja nicht noch mehr Kinder verlieren.
Da Herr und Frau Busch gleichzeitig mit der Suche und damit beschäftigt waren, auf die beiden Söhne zu achten, kamen sie nicht besonders schnell voran. Sie suchten sowieso in der falschen Richtung. Denn man vermutete, dass Evelin nach Hause hatte gehen wollen und um die Eltern zu überraschen, eine Abkürzung durch den Wald genommen hatte, um auf dem Weg wieder aus dem Wald zu springen. So fanden alle Suchaktionen weit vom Donnerberg entfernt statt.
Bei der Elfenfamilie verhielt es sich ähnlich. Man suchte Tamara zwischen dem Spielplatz und Elfenhausen. Mittlerweile dämmert es Trixi und Tina allerdings, dass Tamara sich gar nicht beleidigt versteckte, sondern womöglich das Unmögliche gewagt hatte und auf dem Weg zur Sumpfhexe war. Allein und ohne genaue Wegbeschreibung. Als die beiden diese Vermutung schließlich Tamaras Eltern beichteten, brachen diese beinahe zusammen. »Zur Hexe?! Um Himmels willen!«, rief Tamaras Mutter laut. »Mein armes Kind! Sie wird nie wieder zurückkommen! Was wollte sie denn bei der Hexe?« Tina und Trixi drückten sich vor der Antwort und stammelten herum, rückten aber schließlich mit der Sprache heraus.
»Sie wollte ein Mensch werden.«
»Ein Mensch?«, japste Tamaras Mutter und musste sich an einem Blumenstängel festhalten. »Warum um alles in der Welt wollte sie denn ein Mensch werden?«
»Sie findet das Menschsein spannender als das Elfendasein«, sagten Tina und Trixi wie aus einem Munde. Die Eltern der Elfe – sie hatten keine Nachnamen, so etwas brauchen Elfen nicht, aber sie hießen Sofie und Didi – hatten sich weitgehend wieder im Griff.
Didi sagte kurz entschlossen: »Ich fliege zur Hexe und versuche, den Zauber zu verhindern!«
»Aber du weißt doch gar nicht genau, wo die Hexe wohnt«, gab Sofie zu bedenken. »Der Berg und der Sumpf sind groß. Du könntest viel zu spät kommen! Außerdem könnte ich dich dann auch noch verlieren! Die Hexe ist schließlich gefährlich. Und was ist, wenn du dort ankommst und sie Tamara tatsächlich hat? Glaubst du etwa, dass sie das zugeben würde? Nein, im Moment verlassen wir uns lieber auf unsere Profis und warten ab. Vielleicht hat sie sich wirklich nur im Wald versteckt. Wenn wir die Hexe auf uns aufmerksam machen, könnte sie uns allen etwas antun. Wir werden diese Möglichkeit natürlich in Betracht ziehen, wenn es keinen anderen Ausweg gibt, aber lasst uns im Moment noch etwas abwarten. Wenn das arme Kind nach Hause kommt und wir alle nicht da sind, was soll sie denn dann von uns denken? Sie weiß ja nicht, wo wir sind und dann geht sie los, um uns zu suchen ...«
So kam es also, dass voneinander unbemerkt zwei große Suchmannschaften den Wald nach der Elfe und dem Mädchen absuchten. Die Profisuchmannschaft der Elfen konnte die Menschen zwar wohl sehen, aber da sie nicht wussten, was die Menschen hier wollten – und es auch gar nicht wissen wollten – gingen sie ihnen einfach aus dem Weg. Den Menschen waren die Elfen sowieso egal, sie achteten nicht auf sie und konnten sie schließlich auch nicht sehen. Obwohl, das war nicht ganz richtig. Der fünfjährige Axel konnte es nämlich sehr wohl. Er schenkte ihnen nur keine große Beachtung, denn er wollte unbedingt seine Schwester wieder finden. Er freute sich nur kurz, wenn er ein hübsches geflügeltes Wesen vorbeifliegen sah, aber er hatte keine Zeit, den anderen davon zu berichten. Seine Schwester war wichtiger.
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