Elfentausch
konnten gar nicht voneinander lassen und nicht aufhören, einander zu liebkosen und gegenseitig zu versichern, dass sie sich nie vergessen würden und wie lieb sie sich alle hatten und wie dankbar sie waren, dass sie einander hatten.
Die Hexe hatte es sich derweil in einer Hängematte bequem gemacht, die im Nichts aufgehängt war und sachte hin und her schaukelte. Die Sache würde ja länger dauern, wie sie bereits wusste. Sie konnte schaukelnd beobachten, wie Rüdiger aufgeregt mit seinen Freunden tuschelte und wie sich ihre Gesichter dabei aufhellten. Sie konnte von hier aus zwar nichts hören, aber vor ihrem geistigen Auge sah sie genau, was die drei ausgeheckt hatten. So wie es sich die Hexe gewünscht hatte, hatten die drei doch noch eine Möglichkeit gefunden, wie sie sich nicht ganz verlieren würden und wenigstens einen Teil ihrer Wünsche erfüllen konnten, ohne sich selbst zu schaden oder ihr ganzes Leben zu zerstören. Die Hexe schmunzelte und stand dann wieder behände aus der Hängematte auf, die sich sofort in Nichts auflöste. »Seid ihr jetzt soweit?«, fragte sei noch einmal, und als alle nickten, schnippte sie mit den Fingern und die drei Freunde waren aus der Hütte verschwunden. »Das hätten wir wohl geschafft«, sagte sie aufatmend zu Karamba. Zustimmend blies er eine kleine Rauchwolke der Erleichterung aus seinen Nüstern. »Wir hätten uns jetzt einen kleinen Urlaub verdient, oder nicht?«, fragte die Hexe. Karamba nickte und fragte sich, wo sie den Urlaub wohl diesmal verbringen würden. Die Alte hatte immer ganz besonders gute Ideen. Während er noch darüber nachdachte, schnippte die Hexe kurz mit den Fingern und die beiden saßen am Whirlpool eines 10-Sterne-Hotels auf der Venus.
Hier waren sie schon lange nicht mehr gewesen. Die beiden liebten diesen Ort. Das Wetter war immer warm, die Gäste angenehm, der Service hervorragend – und das Beste war, dass man wegen seines Hausdrachens nicht so merkwürdig angeschaut wurde wie auf Mallorca oder Fuerteventura. Entspannt rekelten sie sich in ihren Liegestühlen und ließen sich von den Einheimischen einen Cocktail servieren. Den hatten sie sich wirklich verdient.
ZU HAUSE
Durch das Schnippen mit den Fingern war Tamara wieder nach Elfenhausen zurückversetzt worden und fand sich plötzlich vor ihrer Haustür wieder. Während sie noch verwirrt versuchte, sich zu orientieren, stürzten schon ihre Familie und ihre Freunde aus dem Haus und umarmten sie heftig. Alle bestürmten sie gleichzeitig mit Fragen, bis Sofie ihre Tochter in den Arm nahm, um sie von den anderen abzuschirmen und die Freunde, Verwandten und Schaulustigen erst einmal abwimmelte. »Lasst sie doch erst einmal wieder richtig hier sein!«, rief sie in den Pulk von flatternden Körpern. »Ihr könnt morgen zurückkommen, wenn Tamara ausgeruht ist, dann könnt ihr sie alles fragen, was ihr wollt!«
Nur zögernd zogen sich die vielen Elfen, Trolle und Gnome zurück. Aber es blieb ihnen ja nichts anderes übrig.
»Du siehst überhaupt nicht besonders überrascht aus, dass ich wieder da bin, Mama«, sagte Tamara schließlich und schmiegte sich in die Arme ihrer Mutter.
»Naja, ich wusste ja Bescheid«, schmunzelte Sofie und drückte ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn. »Die alte Sumpfhexe hat es genau so vorausgesehen!«
»Du warst bei der Hexe?« Tamara war überrascht und trat einen Schritt zurück, um der Mutter in die Augen zu sehen. »Das musst du mir aber ganz genau erzählen!«
Sofie nickte und führte ihre Tochter zu einem besonders hübschen Blumenarrangement, wo sie sich gemeinsam niederließen und einander ihre Geschichten erzählten.
Auch Evelin stand plötzlich durch den Zauber der Hexe vor ihrer Haustür in der Vogelgasse Nr. 17. Sie sah an sich herunter und war entsetzt. Sie sah zum Fürchten aus. Total verdreckt. Aber sie war wieder zu Hause. Zaghaft drückte sie den Klingelknopf.
Als ihr Vater die Tür öffnete, verlor sein Gesicht jede Farbe. Dann stürmte er hinaus, ließ sich auf die Knie fallen und umschlang weinend seine Tochter. Evelin hatte ihren Vater noch nie weinen sehen. Und sie war schuld. Sie fühlte sich furchtbar.
»Wo warst du nur?«, schluchzte der Vater und auch die Mutter und die Geschwister erschienen im Hausflur. Alle weinten und freuten sich gleichzeitig und fragten alles Mögliche.
»Ich habe nach Hause gefunden«, stellte Evelin schließlich fest.
»Oh ja, das hast du«, weinte die Mutter und drückte sie an sich.
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