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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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niemals begriffen. In meinen Augen verdient es kein Krieger in Albenmark weniger als du, diesen Titel zu führen. Ich war Zeuge, wie du die Königin verraten hast, als die Schärfe des Schwerts verlangt wurde!« Er deutete hinaus zu der Brücke, die mitten über dem Abgrund endete. »Du weißt, an welcher Stelle der Albenstern liegt? Dort, wo der König und die Fürsten der Trolle in den Abgrund gestoßen wurden. Dort, wo der Ort deiner Schande ist! Der Platz, an dem du der Königin den Befehl verweigert hast. Erinnerst du dich an die Nacht, in der du dich gegen alle Elfenvölker gestellt hast? Wer das Leben von Trollen verschont, der raubt unseren Frieden!«
    »Für mich ist dies der Platz meiner Ehre, Landoran. Ich konnte das Unrecht nicht verhindern. Doch zumindest hatte ich keinen Anteil daran!«
    »Was für ein Unrecht? Die Trolle hatten diesen Krieg begonnen. Hast du vergessen, wie sie dein Volk von der Hochebene von Carandamon vertrieben haben? Als es in ganz Albenmark keinen anderen Platz mehr für uns gab als die stickigen, von Fiebern verseuchten Mangroven am Waldmeer? Für mich war die Nacht an der Shalyn Falah nach Jahrhunderten der Triumph der Gerechtigkeit.«
    »Du bist verblendet, Landoran. Unser Volk konnte zurück nach Carandamon, dies war Recht. Aber diese Felsenburg hier hat uns niemals gehört. Ebenso wenig wie die Snaiwamark, die den Trollen von den Alben geschenkt wurde. Wir haben dieses Land gestohlen, als wir die Macht dazu hatten. Wir haben seine Fürsten ermordet. In der Nacht auf der Shalyn Falah haben wir Wind gesät, Landoran. Und nun ist die Stunde gekommen, in der wir Sturm ernten werden.«
    Der Elfenfürst hatte seine Fassung wieder gefunden. Je mehr Ollowain sich in Rage redete, desto gelassener wirkte Lando-ran. Er ging wieder hinüber zur Obstplatte und rupfte mit aufreizender Ruhe einige Trauben ab. Dann deutete er hinaus zur Himmelshalle.
    »Weißt du, was das hier war, als wir ankamen, Ollowain? Ein Dreckloch. Hier gab es nur ein paar Höhlen, kaum besser als Tierbauten. Es stank nach Fäkalien und räudigem Fell. Nirgends gab es sauberes Wasser. Und nun sieh dir an, was wir daraus gemacht haben! Ja, es gab hier einmal ein paar Höhlen, in denen Trolle gehaust haben. Aber Phylangan, so wie du es nun siehst, der Felsgarten, ist eine Blüte, die dein Volk hat wachsen lassen, Ollowain.«
    »Was ich sehe, wenn ich dort hinausblicke, ist der Sieg der Ästhetik über die Ethik. Ich sehe einen Hinrichtungsplatz, der zum landschaftsgestaltenden Mittel wurde. Ich sehe eine Brücke, die ins Leere führt. Damit hast du wahrlich ein Sinnbild für den Weg erschaffen, auf den du unser Volk geführt hast, Landoran!«
    Der Fürst lächelte spöttisch. »Schön formuliert für einen Mann des Schwertes, Ollowain. Man merkt dir doch immer noch an, welchem Volk du entwachsen bist. Freilich haftet deiner Argumentation der Makel kindlicher Entrüstung an. Doch was will man von einem Jungen, der nie zum Manne geworden ist, auch anderes erwarten? Alles, was du über die Brücke sagst, zeigt, wie sehr Zorn und Scham dich verblendet haben. Sie ist kein Weg ins Leere. An ihrem Ende liegt ein Albenstern. Der Kundige kann von dort ins Netz der Albenpfade gelangen. So führt dieser Weg also überallhin, wenn man den Mut hat, ihn zu beschreiten.«
    »Und er ist ein weit geöffnetes Tor für die Trolle«, mischte sich Lyndwyn plötzlich in das Gespräch ein. »Ich sehe hier keine Verteidigungsanlagen. Was wird geschehen, wenn die Trolle einen Angriff durch den Albenstern wagen?«
    »Das ist undenkbar!«, entgegnete Landoran unwirsch.
    »Undenkbar? Was glaubst du, wie sie nach Albenmark zurückkehren konnten? Es gibt nur einen Weg, der von der Welt der Menschen hierher führt. Den Weg über die Albenpfade. Sie haben es also schon einmal getan. Warum sollten sie wochenlang die Verteidigungsanlagen von Phylangan bestürmen, wenn es so leicht ist, den steinernen Garten zu erobern?«
    »So denken Trolle nicht!«, beharrte der Fürst.
    »Du bist ein Schöngeist. Ein Mann, der die völlige Freiheit der Kunst und der Selbstinszenierung über alle Fesseln der Moral und des Geistes verkörpert. Du bist der Schöpfer der Wunder von Vahan Calyd und der Himmelshalle. Glaubst du wirklich, du wüsstest, wie Trolle denken?«, hielt Lyndwyn dagegen.
    Der Fürst senkte wie geistesabwesend das Haupt. Die Einwände der Magierin schienen ihn zutiefst berührt zu haben.
    Lyndwyn nutzte den Augenblick der Schwäche. »Ich kann

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