Elfenwinter
nachdrücklich. »Wie willst du sie aufhalten, Lan-doran?«
»Niemand hat jemals die Wälle von Phylangan überwunden! Ihre Heerscharen werden an unseren Festungsmauern zerschellen, wie auch die mächtigste Welle an einer Steilküste zerbricht. Der steinerne Garten wird niemals erobert werden!«
»Nein, wird er nicht? Man hat niemals davon gehört, dass Trolle auf Schiffen fahren! Auch hat man niemals von einem so großen Trollheer gehört. Das Wort niemals scheint seine Bedeutung für die Trolle verloren zu haben.«
»Verfällst du jetzt nicht ein wenig in Panik, Junge?«
»Ich hätte mir auch niemals vorstellen können, Vahan Calyd brennen zu sehen!«, entgegnete der Schwertmeister schroff. »Und doch ist es geschehen. Mach nicht den Fehler, in blinder Zuversicht vor dem, was kommen wird, die Augen zu verschließen.«
»Ich war in der Tat ernsthaft beunruhigt, bevor ihr eingetroffen seid«, gab Landoran zu. »Aber ihr habt ja freundlicherweise die Lösung aller Probleme mitgebracht.« Er wandte sich lächelnd an Lyndwyn. »Diese junge, ein wenig unpassend gekleidete Dame, die offensichtlich keine höfische Erziehung genossen hat, wird uns eine unermessliche Hilfe sein. Vor allem das, was sie - für neugierige Blicke so wohl verborgen - um ihren Hals trägt. Als Ronardin dich nach einem Beweis dafür gefragt hat, dass ihr tatsächlich Boten der Königin seid, hättet ihr ihm ruhig eingestehen können, dass Emerelle euch mit ihrem Albenstein geschickt hat. Hast du vielleicht geglaubt, ich würde die Aura seiner Macht nicht spüren? Mit seiner Kraft wird es uns gelingen, alle Bedrohungen zu überwinden.«
Ollowain hätte Lyndwyn ohrfeigen können. Sie hatte der bewusstlosen Königin das kostbarste Artefakt des Elfenvolkes gestohlen. Jenen Stein, der ihnen einst von den Alben geschenkt wurde, bevor die rätselhaften Alten für immer verschwanden. Es hieß, jedes ihrer Völker habe einen solchen Stein erhalten. In ihnen wohnten ungeheure Kräfte. Wer sie weise einsetzte, konnte mit ihrer Hilfe die Welt verändern.
Landoran durfte auf keinen Fall wissen, dass Lyndwyn den Stein gestohlen hatte. Andernfalls hätte er wohl keine Skrupel, sich seinerseits das kostbare Artefakt anzueignen. »Erkennst du nun die Bedeutung unserer Mission?«, fragte Ollowain herausfordernd. »Emerelle hat Lyndwyn ermächtigt, die Kraft des Albensteins im Sinne der Verteidigung von Phylangan zu nutzen. Die Königin möchte um jeden Preis verhindern, dass sich ein Massaker wie in Vahan Calyd wiederholt.«
»Wo ist Emerelle jetzt?«, fragte der Elfenfürst in beiläufigem Ton.
»An einem Ort, von dem aus sie die Verteidigung Albenmarks vorbereitet.«
»Wäre der beste Ort dafür nicht unsere Festung?«
Schwang eine Unsicherheit in der Stimme des Fürsten mit? Sein Gesicht verriet keinerlei Gefühle. Aber er wirkte angespannt. Er drückte mit Daumen und Zeigefinger auf die letzte Traube in seiner Hand, sodass sie jeden Moment zerplatzen mochte. Als Landoran Ollowains Blick bemerkte, schob er die Frucht in den Mund.
»Emerelle ist keine Kriegerin«, antwortete der Schwertmeister entschieden. Er wusste nicht, was den Fürsten verunsicherte, doch er spürte deutlich, dass er dieses eine Mal die Oberhand gewinnen konnte. Er - der gedemütigte Junge, der vor Jahrhunderten Carandamon verlassen hatte, weil es ihm nicht gelungen war, den Schutzzauber gegen die Kälte zu erlernen - war zurückgekehrt, und er würde dem Fürsten, seinem Vater, seinen Willen aufzwingen! »Der Platz der Königin ist nicht innerhalb der Mauern einer Festung, die bald von zwanzigtausend Trollen bestürmt werden wird. Sie wird versuchen, die Völker Albenmarks im Kampf gegen die alten Feinde zu vereinen. Überall anders wird sie mehr bewirken als hier. An ihrer Stelle hat sie mich geschickt. Ihr Schwert! Ihren ersten Krieger. Im Namen Emerelles fordere ich hiermit das Kommando über Phylangan und alle Truppen, die bis zur Belagerung aus den Felsschlössern von Carandamon herangeführt werden können.«
Eine steile Falte erschien zwischen den Brauen des Fürsten. Einen Augenblick nur. Dann entspannten sich seine Züge, und er brach in herzhaftes Gelächter aus.
»Du, der du nach den Gesetzen unseres Volkes noch ein Kind bist, forderst das Kommando. Das ist absurd! Meine Krieger würden dir nicht folgen, Junge. Und damit nicht genug! Du wagst es, dich das Schwert der Königin zu nennen? Ich weiß, dass du das Kommando über ihre Wachen geführt hast, und ich habe es
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