Elfenwinter
des Feuers floss zitternd heiße Luft gleich flüssigem Glas. Der Gluthauch trieb große Ascheflocken vor sich her. Wie schwarze Schmetterlinge tanzten sie einen wilden Reigen. Ollowains Kehle war ausgedörrt. Schweiß rann ihm über Gesicht und Rücken und brannte in seinen Wunden. Es roch nach Steinstaub. Ein bitterer Geschmack lag ihm auf der Zunge.
Die heiße Luft brannte auf seinen Wangen, als er in die Halle trat. Nicht einmal ein halbes hundert Normirga kauerten noch auf dem Boden. Die Bänke entlang der Wände waren verlassen. Es gab keine Reserven mehr im Kampf mit dem Berg.
Vorsichtig ging Ollowain zwischen den Zauberwebern hindurch zur Mitte der Halle. Niemand beachtete ihn. Lyndwyn kniete noch immer auf der goldenen Scheibe, als habe sie sich in all den Wochen keinen Zoll weit bewegt. Ihr Gesicht war bleich, die Züge von stummem Ernst. Erstes Silber schimmerte in ihrem schwarzen Haar.
Der Schwertmeister kniete vor ihr nieder. Sanft legte er ihr die Hände auf die Schultern.
»Hörst du mich?«, fragte er leise.
Lyndwyns Gesicht zeigte keine Regung. Ihre Augen starrten blicklos.
»Es ist vorbei.« Er strich ihr zärtlich über eine der Silbersträhnen. »Wir haben alles gegeben. Nun lass uns gehen!«
Lyndwyn hörte ihn nicht. Ollowain dachte daran, was sein Vater ihm über den Chor der Zauberweber erzählt hatte. Was würde geschehen, wenn er den Schlussstein aus dem Gewölbe brach, wenn er seine Liebste einfach mit sich nahm? Würde sie in einer Flamme vergehen, wenn sie zu schnell aus ihrer Trance erwachte? Er wusste es nicht! Aber er wusste, was geschehen würde, wenn er hier einfach an Lyndwyns Seite verharrte. Die Trolle würden kommen. Sie waren im Siegestaumel, und sie würden alle töten.
Ollowain hob die Magierin sanft auf seine Arme. Er trug sie eng an seine Brust gedrückt, um sie zu schützen.
Der Bann schien gebrochen! Alle Zauberweber blickten auf. Eine junge Frau, dicht neben ihm, verging in Flammen.
»Verräter!« Eine schlanke Gestalt erhob sich zwischen den Magiern. Sein Vater.
Ollowain hielt nicht inne. Unbeirrt ging er auf das Tor zu, das hinaus zum steinernen Wald führte.
»Wir hätten den Berg immer noch besiegen können!«, klagte ihn sein Vater an. »Deine Tat macht all unsere Opfer vergebens!«
Der Schwertmeister schwieg. Viel zu lange hatte er sich dem Wahnsinn seines Vaters gebeugt.
»Ich verfluche dich, mein Sohn! Ich verfluche dich! Nimm sie nur, es wird dir nichts nutzen. Lyndwyn weiß, wohin sie gehört. Du kannst sie nicht mehr besitzen. Selbst jetzt in diesem Augenblick versucht sie, die Disharmonie aus dem großen Lied zu verbannen. Dich! Nie mehr wirst du bei ihr liegen! Das ist mein Fluch!« Ollowain wollte sich den Worten verschließen. Sein Vater hatte keine Macht mehr über ihn. Seine Zauberkraft war in dem Lied gebunden.
Die Zauberweber senkten wieder ihre Häupter. Stille senkte sich über die Halle des Feuers. Selbst das ferne Grollen war verstummt. Nur das Geräusch seiner Schritte begleitete den Schwertmeister.
Mit Lyndwyn in den Armen durchquerte er den steinernen Wald. Der Boden vibrierte jetzt stärker. Feiner Staub rieselte vom Goldgeäst der Deckenbögen. Ollowain küsste sie und flüsterte Liebesschwüre, doch sie erwachte ebenso wenig wie Eme-relle.
Verzweifelt trug er Lyndwyn die lange Treppe hinauf. Er wusste, dass er nicht mehr zum Himmelshafen vordringen konnte. Dort würde kein Eissegler mehr auf sie beide warten. Die Trolle mussten den Hafen längst gestürmt haben. Ollowain wandte sich nach Westen. Durch verborgene Gänge lief er nach Osten, immer dem Herzen des Berges entgegen. Und dann kehrte das ferne Grollen zurück. Der Boden schwankte unter seinen Füßen. Ein Netzwerk feiner Risse huschte den Gang entlang.
Ollowain begann zu laufen. Manchmal hörte er Schritte und die kehligen Rufe von Trollen. Schließlich erreichte er eine Treppe, die sich hoch über dem See der Himmelshalle in den leuchtenden Fels wand. Geröll lag auf ihren Stufen. Trockene, heiße Luft schlug dem Schwertmeister entgegen, als er über breite Marmorstufen am Abgrund entlangeilte.
Tief unter ihm erstreckte sich die Halle. Viele Bäume brannten. Dort, wo der See gewesen war, schossen Fontänen aus flüssigem Feuer aus dem Boden. Hunderte Trolle flüchteten über die Mandan Fallah, über deren Ende sich ein goldener Lichtbogen spannte.
Höher und höher stiegen die Feuerfontänen im See. Ollowain wusste, dass es für sie beide nur noch eine Rettung gab:
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