Elfenwinter
Gestänge einer Fischreuse. Zerbrochene Angelruten lagen zerstreut im Schnee. Der Winter trieb ein eigenwilliges Spiel. An manchen Stellen, entlang eingebrochener Holzwände, gab es mannshohe Verwehungen. Anderswo war die Schneedecke dünn wie ein Leinentuch und vermochte kaum zu verbergen, was auf dem Boden verstreut lag.
Alfadas ging an Svenjas Hütte vorbei. Sein Fuß stieß gegen einen rußgeschwärzten, kleinen Kupferkessel, der leise klirrend davonrollte. Der Herzog hatte Angst davor, den Hügel hinaufzusteigen. Angst vor der Gewissheit, die er dort vielleicht finden würde. Solange er durch das Dorf strich, blieb ihm die Hoffnung.
In keinem der zerstörten Häuser fand er Tote. Langsam wuchs sein Mut. Sie waren rechtzeitig gewarnt gewesen! Aber wer, in Luths Namen, hatte Firnstayn angegriffen? Wer führte Krieg mitten im Winter? Und so wie es aussah, hatten die Angreifer nicht geplündert, sondern die Häuser mit allem, was darinnen war, in Brand gesetzt. Es ging ihnen nur um Zerstörung. Welchen Nutzen hatte solch ein Krieg?
Wieder blickte er zu dem Hügel. Er konnte es nicht endlos hinauszögern. Allein dort würde er eine Antwort auf seine drängendste Frage finden. Waren Asla und die Kinder entkommen?
Schweren Herzens machte er sich auf den Weg. Unzählige Male war er diesen Hügel schon hinaufgestiegen. Und so oft hatte ihn Asla zwischen den Türpfosten stehend erwartet. Oder Ulric war ihm mit Freudenschreien durch die offene Tür entgegengelaufen, um ihm in die Arme zu springen und ihn dabei fast umzuwerfen. Jetzt stand das narbige Antlitz des Mondes zwischen den verkohlten Türpfosten, und Stille empfing Alfa-das. Zögerlich trat er in die Ruine, die einmal sein Zuhause gewesen war. Der lange Dachbalken beherrschte das Trümmerfeld auf dem Boden. Umgeben von verkohlten Dachsparren und zersplitterten Möbeln hatte das Feuer ihn nicht vernichten können. Alfadas erinnerte sich noch, wie sie die riesige Eiche in einem alten Waldstück auf der anderen Seite des Fjordes gefällt hatten. Es war eine elende Plackerei gewesen, sie zum Ufer zu ziehen. Von dort hatte man sie mit Booten über den Fjord geschleppt. Erst oben auf dem Hügel hatten sie den mächtigen Balken, der einmal das Dach des Langhauses tragen sollte, aus dem alten Baumstamm geschnitten.
Die Finger des Herzogs strichen gedankenverloren über das Holz. An manchen Stellen bröckelte es verkohlt. Doch nirgends hatte sich das Feuer bis zum Herzen des Stamms fressen können. Selbst der größte Teil des verschlungenen Musters, das er im Winter vor drei Jahren in den Balken geschnitzt hatte, war noch zu erkennen. Sein Blick schweifte über Schnee und Asche. Nichts sonst hatte den Brand so gut überstanden. Von den Schlafnischen waren nur Umrisse geblieben.
Alfadas zog sein Schwert und stocherte zwischen den ausgeglühten Töpfen und Pfannen herum. Sie standen noch dort, wo Asla einst ihre Feuergrube gehabt hatte. Unter einer umgestürzten Bank fand er das Holzpferd, das er einmal für Ulric geschnitzt hatte. Die Beine und der Schweif waren verschwunden. Nur der Rumpf und ein Teil des Kopfes hatten den Brand überstanden.
Alfadas säuberte die Klinge seiner Waffe und schob sie zurück in die Scheide. Hier gab es keine verkohlten Leichen. Asla und die Kinder waren nicht hier gewesen, als das Haus gebrannt hatte. Seltsamerweise verschaffte ihm diese Gewissheit nicht die Erleichterung, die er sich erhofft hatte.
Dicht neben einem Stützbalken sah er eine von Aslas Truhen. Sie war ganz verkohlt, aber nicht auseinander gebrochen. Er ging hinüber. Mit einiger Mühe ließ sich der Deckel öffnen. Zuoberst lag ein kleines blaues Kleidchen. Tränen schossen Alfa-das in die Augen. Ungelenk holte er mit seinen frostroten Fingern das Kleidchen hervor. Kadlin hatte es oft gegen Ende des Sommers getragen, in dem sie gerade laufen gelernt hatte. Zärtlich strich der Herzog über den feinen Stoff. Er fand einen dunklen Blutfleck und erinnerte sich an den Tag, an dem sich Kadlin auf den Steinen am Ufer die Knie aufgeschürft hatte. Die Kleine hatte damals kaum geweint. Sie war einfach weitergelaufen, um all den Wundern nachzujagen, die nur Kinder an einem öden Steinstrand zu finden vermochten. Alfadas dachte daran, wie Asla geflucht hatte, weil sich der Blutfleck einfach nicht aus dem blauen Leinen waschen ließ. Wegen Kadlins Knie hatte sie ihn nicht getadelt. Verschorfte Kinderknie waren unvermeidlich. Aber nur ein Nichtsnutz und Tagträumer konnte ihrer
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