Elfenzauber (Mithgar 1)
Tropfen Alkohol, so jämmerlich er auch darum flehte. Also musste der Alte mit gesüßtem Tee vorlieb nehmen, um sein Hammelgulasch herunterzuspülen.
Beim Essen ließen die anderen Gäste sie keinen Moment aus den Augen und stellten untereinander im Flüsterton die wildesten Spekulationen an:
Seht sie euch an, was für ein winziges Persönchen. Eine Elfe ist sie, aber ich dachte, die wären größer.
Ja, sie ist eine Dylvana. Die Lian sind die großen Elfen.
Aber die andere Frau, das ist keine Elfe, aber weiß jemand, aus welchem Land sie kommt?
Ich nicht, aber sie trägt Schwerter, also ist sie wohl eine Kriegerin.
Und der junge Kerl – das ist auch ein Krieger. Seht doch nur mal seine Narbe.
Die könnte er auch von einem Duell haben.
Ja. Vielleicht ist er ein Edelmann, der eine Elfendame begleitet.
Vergesst die Kriegerin nicht. Die Narbe könnte auch von ihr stammen. Vielleicht hat sie ihm mit ihren Schwertern das Gesicht verunstaltet.
Nein, das glaube ich nicht. Er ist einen ganzen Kopf größer als sie.
Der alte Mann und der jüngere könnten Onkel und Neffe sein.
Wenn ja, liegt es wohl in der Familie, nur ein Auge zu haben, haben.
Wenn ich du wäre, würde ich meine Zunge im Zaum halten und den Alten nicht wütend machen – sonst verflucht er dich noch.
Ob er ein Zauberer ist?
Nein, aber er hat den Bösen Blick … sieh doch nur sein blindes Auge an. Es ist ganz weiß und funkelt.
Um den Mann mit der roten Augenklappe würde ich einen großen Bogen machen. Mit der Axt in seinem Gürtel könnte er einem ganz leicht den Kopf abschlagen.
All die gemurmelten Vermutungen über die Neuankömmlinge wurden fortgesetzt, aber dann betrat gnädigerweise ein Barde eine winzige Bühne, und die Gäste ließen von ihren Spekulationen ab und wandten sich ihm mit spärlichem Applaus zu. Er hob ein kleines Tamburin und verkündete: »Gurd und das Ungeheuer Kraam.« Lauter Jubel folgte seinen Worten, dann ehrfürchtige Stille, als er zum Schlag seiner winzigen Trommel mit einer Art Sprechgesang begann und die Geschichte eines jungen Kriegers und seines schwer erkämpften Sieges über einen schrecklichen Drachen vortrug.
Arin schüttelte den Kopf, als sie die Ode hörte, und sie wandte sich an Egil und fragte: »Ist diese Ballade allgemein bekannt?«
Egil beugte sich vor und erwiderte leise: »Das ist sie, Liebste. Obwohl die meisten Leute, darunter auch ich, nicht glauben, dass eines Menschen Hand jemals einen Drachen erschlagen hat, tut das der außerordentlichen Beliebtheit der Ode keinen Abbruch.«
»Hmm«, sann Arin und hob eine Augenbraue. Mit einem Kopfnicken deutete sie auf den Barden. »Es scheint sich zwar um eine sehr gern gehörte Ballade zu handeln, aber ich würde doch vorschlagen, dass er sie niemals einem Drachen vorträgt.«
Egil entfuhr ein lautes Lachen, bevor er seine Belustigung unterdrücken konnte, obwohl er weiterhin grinste. Ein Gast in der Nähe funkelte Egil verärgert an, richtete seine Aufmerksamkeit jedoch sehr rasch wieder auf den Barden und dessen Vortrag. Arin betrachtete Egil lächelnd und drohte ihm spöttisch mahnend mit dem Finger, musste sich dann aber alle Mühe geben, nicht selbst in Gelächter auszubrechen. Es dauerte einige Augenblicke, bis die beiden sich wieder völlig unter Kontrolle hatten, während der Barde auf der Bühne seinen Vortrag fortsetzte.
»Ich habe auch mal so etwas gespielt«, sagte Alos, der mit den Fingern den Rhythmus klopfte, und deutete mit dem Kinn auf die Trommel des Barden.
»Ein Tamburin?«, fragte Aiko staunend, die Alos noch nie etwas anderes als Trinken zugetraut hatte.
»Ja, aber wo er die Hände benutzt, habe ich immer mit einem Cruik gespielt.«
»Mit einem Cruik?«
»Das ist ein gekrümmter Stock mit einem Knopf am Ende, mit dem man auf das Trommelfell schlägt. Jedenfalls wird er in den Jillischen Höhen so genannt, wo ich zu spielen gelernt habe.«
»Aha«, meinte Aiko überrascht.
Der Barde beendete seinen Vortrag unter begeistertem Applaus, und die Gäste verlangten lautstark eine Zugabe. »Vielleicht singt er ›Snorri Bonis Sohn und die Mystische Maid des Mahlstroms‹«, sagte Egil.
Alos lachte und klatschte in die Hände. »Das kenne ich, Egil, mein Junge. Das ist ein ziemlich zotiges Lied.«
Arin sah Egil fragend an. Er räusperte sich. »Ein Seemannslied, Liebste.«
Doch der Barde stimmte die so genannte »Weise von Jaangor« an, über das Pferd aus schwarzem Eisen, und alle sangen den Refrain mit, denn auch
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