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Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin

Titel: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Paradigi
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die vier Ecken eines imaginären fünfzackigen Sterns. Der letzte Platz – die Spitze – war für ihn reserviert. Bevor er die nötigen magischen Worte rezitierte, nahm er vorsichtig die gläserne Pipette, in die er das Elixier umgefüllt hatte, und legte sie griffbereit an das Kopfende des Sarges.
    »Es ist so weit«, sagte er feierlich und mehr zu sich als zu Jarosh.
    Es ist so weit
.
    Als er den Zettel aus seiner Brusttasche holte, auf dem er am Abend sorgsam in Druckbuchstaben den nötigen Zauberspruch notiert hatte, waren seine Hände schweißnass. Erst wenn die Gräfin sich regen, an den Deckel klopfen und die Freilassung fordern würde, war es Zeit für den allerletzten Schritt. Sie musste das Elixier trinken, um ihren Geist dauerhaft im Hier und Jetzt zu verankern.
    Das Papier knisterte leise, als Saul es entfaltete. Sogar das Flackern der Kerzen war zu hören, so sehr waren seine Sinne geschärft. Sein ganzer Körper schien nur noch aus Angst und Aufregung zu bestehen. Ein letztes Mal holte er Luft, straffte die Schultern und senkte seinen Blick auf die erste Zeile des lateinischen Textes.
    »Mors nigron est …« Seine Stimme hallte an den Wänden wider. Und je länger er rezitierte, desto stärker wurde das Gefühl, mit sich selbst im Chor die Magie zu wirken – als hätte er sich vervielfacht im Raum und in den Dimensionen.
    Die Kerzenflammen wuchsen in die Höhe, Schatten wanderten vor dem rötlichen Schein über die Mauerwände. Fratzen tauchten aus dem Dunkel auf, starrten ihn an und griffen mit ihren Klauen nach ihm. Der Höllenschlund öffnete sich, bereit, ihn und alles andere zu verschlingen! Brennende Funkenwinde fegten durch den Raum, zerrten an Tanners Kleidung, Haaren und Haut. Er spürte, wie die Hitze ihn versengte, aber er war schon zu weit gekommen, zu weit über seine Grenzen hinausgegangen, um noch abzubrechen.
    Von Schmerz und dem Rausch der Macht durchdrungen, schrie er dem Schrecken die letzte Silbe entgegen, und das Getöse verebbte so schnell, wie es entstanden war. Flammen schrumpften zusammen, die züngelnden Höllengeister zogen sich zurück. Keuchend und bebend stand Tanner da, starrte auf den Sarg und wartete – sicher, dass sein Zauber gewirkt hatte. Sekunden verstrichen, wurden zu Minuten. Und nichts geschah.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit räusperte sich der Ghul, und endlich resignierte Tanner. Erschöpft wischte er sich den Ruß von der Stirn und trat aus dem Pentagramm heraus. Es hatte nicht geklappt. Irgendetwas hatte gefehlt oder war schiefgelaufen. Das bedeutete das Aus für seine Träume und Visionen, das Aus für ihn und sein mickriges Dasein als Sterblicher. Die Ärzte konnten seinen Krebs nicht heilen, und er konnte es auch nicht.
    Über eine Stunde dauerte es, bis Tanner sich von der Stelle rührte. Wie in Trance nahm er die Glaspipette auf und steckte sie in die Tasche. Dann löschte er die heruntergebrannten Kerzenstummel und stieg mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern die Wendeltreppe wieder hinauf.
    »Aber Herr, wollt Ihr es nicht noch einmal versuchen?«, ereiferte sich der Ghul, während er im Bibliotheksraum notdürftig die Stelle, an der sich die nunmehr wieder geschlossene Bodenklappe befand, mit einer Plastikplane abdeckte.
    Tanner, der bereits die Hand an der Türklinke hatte, blieb stehen. »Es steht nicht in meiner Macht, die Gräfin zu erwecken. Ich habe es versucht und bin gescheitert. In allem. Niemand auf der Welt kann mir jetzt noch helfen.«
    »Sag niemals nie.«
    Erschrocken drehte Tanner sich um. Im Türrahmen stand ein Mann, breitschultrig, mit rotem Haar und einem Unheil verheißenden Glimmen in den Augen.
    »Wer sind Sie«, fragte der Amerikaner und wich zurück. »Was haben Sie hier zu suchen?«
    Grinsend verschränkte der Fremde die Arme vor der Brust. An seiner Seite tauchte ein riesiges, zottiges Hundevieh auf und fletschte bedrohlich die Zähne.
    Tanner presste sich an die Wand. Sein unerschütterlicher Glaube an sich und sein großartiges Schicksal war gebrochen. Oder … hatte er versagen
müssen?
War sein stümperhafter Versuch, das Ritual durchzuführen, nur ein notwendiger Umweg gewesen?
    »Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle«, sagte der Rothaarige freundlich, ignorierte Tanners offensichtlichen Zusammenbruch und deutete mit der Hand eine Verbeugung an. »Darby O’Gill ist mein Name. Und mit wem habe ich das ungewöhnliche Vergnügen?«
    »Saul Tanner. Und … und mein Begleiter ist …«
    »Ich sehe, was er ist«,

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