Elfenzeit 11: Merlins Erwachen - Hartmann, C: Elfenzeit 11: Merlins Erwachen
Gestalt von Guy. »Fähigkeiten?«, fragte der Mönch.
Wieder kicherte Marie. »Oh! Nichts Besonderes, würd’ ich meinen. Nur ein bisschen …« Sie verstummte und kratzte sich verlegen in den Haaren.
»Magie«, vermutete Joscelin. Er klang ruhig und nun auch ein bisschen interessiert.
Marie errötete. »Ich weiß, Ihr seid ein Gottesmann, und Ihr dürft nicht an solche Dinge glauben, aber …«
»Mutter!« Guy erhob so unvermittelt die Stimme, dass Marie zusammenzuckte. »Lass den Mann in Frieden!«, sagte er. »Er hat in seinem Leben mehr gesehen als du.«
»Mehr Zauberei?« Marie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wohl kaum.«
Eleanor blickte Joscelin an, der das Gespräch zwischen Mutter und Sohn mit amüsierter Miene verfolgte. Zu gerne hätte sie jetzt in seinen Kopf sehen können, um zu erfahren, was er dachte.
»Meine Mutter hält sich für eine große Zauberin«, meinte Guy. »Und irgendwann wird sie ihre Prahlerei den Kopf kosten.« Er beugte sich vor, griff nach dem Kochlöffel, der in der Suppe steckte, und begann umzurühren.
»Nun«, sagte Joscelin und streckte sich, »mich jedenfalls muss sie nicht fürchten.«
»Nein«, sagte Guy. »Euch nicht.« Endlich hob er den Kopf, und seine verfilzten Haare rutschten über seine Schultern nach hinten. Sein Blick suchte den von Eleanor, und als er ihn traf, war es ihr, als falle in ihrem Innersten ein winziges Mosaiksteinchen an seinen vorbestimmten Platz.
Sie holte so tief Luft, wie sie konnte.
Guys Augen waren eisblau.
David erwachte mit dröhnendem Schädel und einem dumpfen Schmerz in den Schultergelenken, den er sich zunächst nicht erklären konnte. Seine Arme waren rechts und links über seinem Kopf mit eisernen Schellen an die Wand gekettet, sodass er wie ein Gekreuzigter ausgestreckt auf einer Lage schimmeligen Strohs lag.
Der Kerker
, schoss es ihm durch den Kopf. Er lag im Kerker von Dol!
Allmählich kehrten auch die Erinnerungen daran zurück, was nach seiner Begegnung mit Conan geschehen war. Zwei der vier Bewaffneten, die Rian und ihn aus dem Zelt zum Herzog gebracht hatten, waren neben ihn getreten und hatten ihn in ihre Mitte genommen. Mit festem Griff hatten sie seine Oberarme umklammert und ihn mit sich gezerrt. Er hatte sich gewehrt und zu erkennen versucht, was mit Rian geschah, war aber erfolglos geblieben. Das Letzte, was er gesehen hatte, bevor man ihn aus dem Raum stieß, war, wie die beiden anderen Bewaffneten Rian zwischen sich nahmen.
Er selbst war einige Treppen hinuntergestoßen worden und schließlich in diesem Kerker gelandet, wo er sich im verzweifelten Versuch zu entkommen herumgeworfen hatte. Danach erinnerte er sich noch an einen harten, schmerzhaften Hieb mitten ins Genick, der alles Empfinden und alle Wahrnehmung ausgelöscht hatte. Seitdem lag er vermutlich da, angekettet wie ein Stück Vieh!
David rüttelte an den Ketten, aber alles, was er erreichte, war, dass ein scharfer Schmerz durch seinen dröhnenden Schädel zuckte und er die Zähne zusammenbiss.
Dennoch bäumte er sich gegen die Fesseln auf. Sie klirrten leise.
»Rian!«, brüllte er, doch seine Stimme hallte nur nutzlos von den feuchten Wänden wider.
Rian lag auf einem breiten Bett, dessen helle Seidenlaken einen schwachen Duft von Lavendel und Rosen ausströmten. Obwohl ihre derzeitige Lage alles andere als unkomfortabel schien, war ihr völlig klar, dass sie eine Gefangene war. Die beiden Holzköpfe, die sie in dieses prunkvolle Schlafgemach gebracht hatten, hatten sich gewissenhaft davon überzeugt, dass es keinen Fluchtweg gab, bevor sie Rian allein gelassen und die Tür hinter sich verriegelt hatten.
Dennoch hatte Rian das gesamte Zimmer abgesucht. Vergeblich. Es gab weder eine zweite Tür noch einen geheimen Gang hinter den mit Holz verkleideten Wänden. Das einzige Fenster führte auf den Marktplatz hinaus und lag im dritten Stockwerk. Kein Mauervorsprung, kein Eisenhaken befand sich zwischen Rian und dem festgetretenen Fußboden fast zehn Meter unter ihr, und da ihre magischen Fähigkeiten nach wie vor nicht zurückgekehrt waren, traute sie sich nicht, den Sprung ins Freie zu wagen.
Also blieb ihr nichts anderes übrig, als es sich so bequem wie möglich zu machen und zu warten, wie sich die Dinge entwickelten.
Lange musste sie sich nicht gedulden. Es waren keine zwanzig Minuten vergangen, als der Riegel vor ihrer Tür zurückgeschoben wurde und Conan das Gemach betrat. Auf seinem breiten Gesicht lag ein lüsterner Ausdruck, der
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