Elfenzeit 11: Merlins Erwachen - Hartmann, C: Elfenzeit 11: Merlins Erwachen
möglich.«
Verwundert richtete sich Eleanor auf. Daffyd? »Woher weißt du das?« Ihre Stimme schallte laut über das schlafende Lager hinweg, und unter seiner Decke konnte sie Joscelin ächzen hören.
»Scht!« Guy legte Eleanor den Finger auf die Lippen. »Du weckst alle auf!«
»Woher weißt du, was Dafydd von mir will?« Sie packte Guy an den Armen und schüttelte ihn. Er ließ es geschehen.
»Ich erkläre dir alles später«, versprach er, machte sich aus ihrem Griff los und zog sie auf die Füße. »Komm jetzt. Wir müssen uns beeilen.«
Mit vor Schmerz zusammengebissenen Zähnen zerrte David an seiner Fessel. Das Blut, das an seinem verletzten Daumen hinabgelaufen war, hatte mittlerweile sein Handgelenk und die Eisenschelle erreicht und machte beides glitschig. Da die Fesseln für menschliche Hände gemacht worden waren und nicht für die schlankeren Gelenke eines Elfen, schaffte David es, seine Hand aus dem eisernen Ring zu ziehen.
Als der verletzte Daumen durch die Schelle glitt, schrie David vor Schmerz. Danach schrie er noch einmal, aber aus Triumph: Er hatte eine Hand frei!
Nun konnte er sich umdrehen, was ihm zuvor wegen der straff gespannten Ketten nicht möglich gewesen war. Er umklammerte die zweite Kette mit beiden Händen, stemmte die Füße gegen die Mauer und zog mit seinem ganzen Gewicht.
Der Bolzen, der die eiserne Fessel in der Wand hielt, rührte sich keinen Millimeter.
Rian verbrachte die eine Hälfte der Nacht damit, wie ein gefangenes Tier in ihrem Zimmer herumzulaufen, und die andere Hälfte mit dem vergeblichen Versuch, ein wenig Schlaf zu finden. Der Himmel färbte sich bereits rot, als endlich jemand den Riegel vor der Tür entfernte.
Mit einem Satz war Rian auf den Beinen.
Den Mann, der hereinkam, hatte sie noch nie zuvor gesehen. Er war sehr klein, und sein Waffenrock spannte über seinem mächtigen Bauch. »Kommt mit!«, befahl er.
Misstrauisch sah sie ihn an. Er stand einfach da, den Arm ausgestreckt, die Hand in Richtung Tür weisend, und wartete, dass sie reagierte. Als sie sich nicht rührte, seufzte er tief. »Ich bin auf Befehl des Herzogs hier«, erklärte er, und er klang dabei, als trüge er die Last des gesamten Erdballs auf seinen Schultern. »Er hat mir befohlen, Euch zu Eurem Bruder zu bringen.«
»David!« Mit einem Satz war Rian an der Tür. »Wo ist er?«
»Ich bringe Euch zu ihm.« Der Dicke quetschte sich an ihr vorbei und watschelte voraus den Gang entlang, mehrere Treppen nach unten und schließlich in ein Gewölbe, das unter dem Gebäude angelegt worden war. Dort roch es nach Schimmel und Verzweiflung. Rian verzog das Gesicht.
Vor einer eisenbeschlagenen Tür blieb der Dicke stehen, zog einen bolzenartigen Riegel zur Seite und ließ die Tür aufschwingen. »Bitte.« Er machte Rian Platz, und ohne zu überlegen, stürzte sie in das Verlies.
»David!«
Er hockte in einer Ecke des quadratischen Raumes und hatte den Rücken gegen die Wand gelehnt. Das eine Ende einer Kette lag um sein linkes Handgelenk, das andere war an der Wand verankert. Seine Rechte hatte er schützend vor die Brust gepresst, und Rian sah, dass sie blutverschmiert war.
»Geht es dir gut?« Sie suchte seinen Körper nach weiteren Verletzungen ab, fand aber zu ihrer grenzenlosen Erleichterung keine.
Mit verzerrter Miene hob er seine blutige Hand. »Nur ein kleiner Schnitt, den ich mir an diesen blöden Ketten zugezogen habe.« Er rasselte mit den Fesseln an seiner Linken.
Hinter Rian betrat der Dicke den Kerker. Er nestelte eine Weile lang an seinem Gürtel herum und brachte schließlich ein gebogenes Stück Metall zum Vorschein, das Rian erst auf den zweiten Blick als Schlüssel identifizierte. Mit ihm öffnete er Davids verbliebene Fessel und trat ein Stück zurück.
»Unten im Stall stehen zwei schnelle Pferde für Euch«, sagte er, zog ein Tuch aus seiner Tasche und warf es dem Prinzen zu.
David umwickelte seinen verletzten Daumen. »Soll das heißen, wir sind frei?«
Der Dicke nickte. Sein Gesicht wirkte, als sei er überhaupt nicht glücklich über diese Entwicklung der Dinge.
»Wie kommt das auf einmal?«, fragte Rian ihn.
Er zuckte die Achseln. »Nun, der Herzog hat es angeordnet. Ich vermute, er will einfach so viel Abstand wie möglich zwischen sich und Euch bringen.«
Forschend sah David seine Schwester an. Sie konnte ihm an der Nasenspitze ablesen, was ihm auf der Zunge brannte.
Was hast du nur mit dem Kerl angestellt, Weib?
Aber sie wusste die Antwort auf
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