Elfenzeit 11: Merlins Erwachen - Hartmann, C: Elfenzeit 11: Merlins Erwachen
Sorge in eine Art grimmige Entschlossenheit. Er war Fanmórs Sohn, er hatte schon ganz andere Hürden bezwungen. Nein, er würde Merlins Baum finden, den alten Zauberer befreien und zu Viviane zurückbringen! Selbst wenn es das Letzte war, was er tat.
»Wartet hier auf mich!«, rief er Kenneth und seinen Männern zu. Sebastian, der zusammen mit Margaret auf dem dritten neuen Pferd saß und schon seit Tagen zwischen den Bewaffneten ritt, warf David einen fragenden Blick zu, den er schlicht ignorierte.
Einer Eingebung folgend, gab der Elf seinem Pferd einen Klaps, lief die Anhöhe hinunter, auf der sie standen, und machte sich daran, den Felsen zu erklettern.
»Was hast du vor?« Rian wollte ihm folgen, besann sich und band erst ihre Pferde fest. Danach erklomm auch sie den Felsen und blieb dicht neben ihrem Bruder auf dem winzigen, vollkommen ebenen Plateau auf dessen Spitze stehen.
»Ich weiß es …«, murmelte David. Ihm war ein Gedanke gekommen. Er betrachtete ihre beiden künstlichen Schatten, die auf dem hellen Felsen lagen wie ein ungewöhnlich dicht gewebtes Tuch. Als Nächstes blickte er auf und besah sich die Schatten der umstehenden Bäume.
Rian hatte sich unterdessen hingekniet und untersuchte etwas auf dem Boden des Plateaus. »Hier ist ein Loch«, verkündete sie. »Sieht aus, als sei es mit Absicht angebracht worden.«
David hörte ihr nur mit halbem Ohr zu.
Die Schatten der Bäume wandern
, dachte er. War das vielleicht die Lösung ihres Problems?
Neben ihm richtete sich Rian wieder auf und wischte sich die Finger an ihrem Rock ab. »Ich frage mich, wozu jemand ausgerechnet hier oben ein solches Loch in einen Felsen schlägt.« Sie hielt zwei aneinandergelegte Finger in die Höhe. »So groß ist es und kreisrund, mit vier Schlitzen an jeder Seite. Sieht ein bisschen aus, als wäre es für einen dieser Schraubenzieher gedacht, die Régis in seinem Auto hatte.«
»Ha!« David griff zu seinem Gürtel und zog sein Schwert. Vorsichtig schob er es in die Öffnung, doch es hielt nicht. Er brauchte etwas anderes. »Hilf mir suchen!«, forderte er Rian auf. »Wir brauchen einen möglichst geraden Ast, ungefähr so lang wie mein Arm.«
Rian starrte ihn an, als habe er den Verstand verloren, aber er machte sich so euphorisch an die Suche, dass sie ihn fraglos unterstützte. Nach wenigen Minuten hatten sie, was sie brauchten, und mit einem meterlangen, fast vollständig geraden Ast kehrte David zurück auf den Felsen.
»Kannst du mir verraten, was du eigentlich vorhast?«, fragte Rian, als er das Messer zog, das er sich zusammen mit den Pferden vom Wirt gekauft hatte.
Er spitzte das eine Ende des Stabes an, sodass es genau in das runde Loch passte, stellte ihn aufrecht hin und prüfte seinen Halt. Zufrieden wandte er sich zu Rian um. »Die Sonne wandert nicht nur von Osten nach Westen«, erklärte er ihr. »Sondern sie steigt auch in die Höhe und steht mittags am höchsten.« Er kniete sich hin und kratzte mit der Spitze seines Messers eine kleine Kerbe in den Stein, genau an der Stelle, an welcher der Schatten des Schwertknaufs endete.
Zufrieden ließ er sich auf den Boden nieder, zog die Beine vor die Brust und grinste Rian an. »Jetzt müssen wir nur noch warten!«
»Ich habe keine Ahnung«, knurrte Rian ungehalten, »warum wir hier hocken und unsere Zeit verschwenden! Die Sonnenfinsternis ist heute Nachmittag, und wir sollten lieber nach dieser verflixten Eiche suchen!«
»Das tun wir«, gab David ruhig zurück. Er wirkte überaus zuversichtlich, als er nun eine weitere Kerbe in den Felsen ritzte und sich aufrichtete. Kenneth und den anderen hatte er weisgemacht, dass er und Rian auf dem Felsen beteten. Es war verblüffend, wie leicht die Männer ihm alles glaubten, wenn er ihnen nur sagte, was sie hören wollten.
Rian blies ungeduldig die Wangen auf. Die Kerben, die ihr Bruder in den letzten Stunden geschaffen hatte, bildeten auf dem glatten Steinboden eine Art flaches V.
»So«, sagte David und wies in die Richtung, die der Spitze des V genau gegenüberlag. »Da ist Norden. Und genauer geht es nun wirklich nicht mehr!«
Rian ließ ihren Blick über die dichte Wand aus Bäumen schweifen. »Und woher weißt du das nun?«, fragte sie. Sie fühlte sich angespannt und aggressiv wie eine Katze, die man gegen den Strich streichelte.
»Der Schatten hat genau zu Mittag seine geringste Länge gehabt«, erklärte David ihr. »Weil die Sonne da am höchsten stand. Und wo befindet sich die Sonne, wenn
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