Elfenzeit 11: Merlins Erwachen - Hartmann, C: Elfenzeit 11: Merlins Erwachen
beiden hin. »Kehrt zurück in Eure Heimat«, sagte er lächelnd. »Vielleicht wird Notgers Fluch irgendwann von Euch genommen.« Er nahm die Hände der Frau und drückte sie herzlich. »Margaret! Ihr solltet mit Eurer Arbeit neu beginnen, wie Ihr es versprochen habt! Der Teppich, der durch Euch entstehen wird, soll einmal auf der ganzen Welt berühmt sein.«
»He!«, beschwerte sich Sebastian. »Für die Zukunftsvisionen bin ich zuständig!«
Die Frau, die Dafydd Margaret genannt hatte, lachte unter Tränen. »Ich danke Euch für alles!«, hauchte sie. »Gott segne Euch.«
Dafydd neigte den Kopf und küsste sie auf die Stirn. »Geht jetzt. Unsere Mission ist noch nicht zu Ende, und wir brauchen unsere ganze Kraft dafür.«
Er reichte Sebastian die Hand. Dann sah er mit beinahe ergriffener Miene zu, wie die beiden davongingen.
Kenneth verneigte sich ein zweites Mal vor Dafydd. »Wir werden ebenfalls zurück in unser Land gehen. Gott möge Euch schützen, wo auch immer Ihr hingeht.«
Auch ihm gab Dafydd die Hand, blickte ihm aber nicht hinterher, bis er verschwunden war. Stattdessen ließ er sich mit einem erschöpften Seufzen auf einen Baumstumpf sinken.
14 Tränen und Blut
Ungefähr eine Viertelstunde später trat die schöne Frau zu Eleanor, die bei Dafydd gewesen war, als sie selbst die Senke betreten hatte.
»Mein Name ist Rian«, sagte sie. »Ich bin seine Schwester.« Sie wies auf Dafydd, der gemeinsam mit Guy gerade den bewusstlosen Mann auf ein eilends errichtetes Lager aus Moos und trockenem Laub bettete.
»Seine Schwester …«, murmelte Eleanor. All die verwirrenden Gefühle, die mit Dafydd zusammenhingen, kehrten jäh zurück.
Schlag ihn dir aus dem Kopf
, mahnte die Stimme der Vernunft in ihrem Schädel, aber sie konnte nicht auf sie hören. Zu sehr klopfte ihr Herz allein bei dem Anblick des Mannes, zu leuchtend waren die Erinnerungen an die Szenen aus ihren Träumen.
Rian lächelte traurig. »Seine Schwester, ja.«
Eleanor zwang sich, ihre Gedanken auf etwas anderes als ihn zu richten. »Wer ist der Fremde dort?« Nachdem er ohnmächtig zusammengebrochen war, schien der Mann aus dem Baum in eine Art totenähnlichen Schlaf gefallen zu sein. Sein Gesicht war wachsbleich und unbewegt wie das einer Puppe. Kein Herzschlag zeigte sich an seiner Schläfe oder seinem Hals; absolut nichts wies darauf hin, dass er noch am Leben war.
Guy prüfte ein letztes Mal, ob der Mann bequem lag, dann richtete er sich auf. Ernst sah er Eleanor an.
»Sein Name ist Merlin«, erklärte Rian.
Erneut stockte Eleanor der Atem, diesmal jedoch nicht als Reaktion auf Dafydds Nähe. »Merlin?«, krächzte sie. Natürlich kannte sie all die alten Geschichten über diesen Mann. Er sollte der Sohn einer Nonne und des Teufels gewesen sein, so lauteten jedenfalls die christlichen Versionen seiner Geschichte. Eleanor jedoch glaubte nach all dem, was sie in der letzten Zeit erlebt hatte, etwas ganz anderes.
»Stammt er aus der Anderswelt?«, fragte sie vorsichtig. Die Art, wie sie Merlin aus dem gespaltenen Baum geholt hatten, legte diesen Schluss nahe, fand sie.
Über Rians Gesicht glitt ein wehmütiges Lächeln. »Die Wahrheit ist, dass ich es nicht weiß. Er ist eine Legende, und zwar nicht nur in deiner, sondern auch in der Anderswelt. Manche sagen, er sei einer von uns, andere behaupten, er sei der Sohn einer Menschenfrau und eines Elfen, aber tatsächlich weiß das niemand so genau.«
Als Rian
einer von uns
sagte, verspürte Eleanor einen kleinen Stich, ignorierte ihn aber. Dies war weder der Ort noch die Zeit für neidische Gefühle. Dass Dafydd und seine Schwester aus der Anderswelt stammten, hatte sie inzwischen begriffen. »Nun«, sagte sie und versuchte, dabei so leichthin zu klingen wie nur irgend möglich. »Er wird es uns selbst sagen, sobald er wieder aufwacht.«
Rian nickte nachdenklich. »Sobald er wieder aufwacht«, wiederholte sie. »Hoffen wir, dass das bald sein wird.«
»Pass auf, was du sagst, wenn du mit ihr redest«, riet Rian David.
Die Zwillinge saßen an Merlins provisorischem Lager und beratschlagten, was sie mit dem Zauberer tun sollten. Die Sonnenfinsternis war inzwischen vollständig beendet, das Leben in den Wald zurückgekehrt, und in den Baumwipfeln zwitscherte es wieder wie gewohnt.
David folgte Rians Blick hin zu Eleanor, die mit Guy zusammen am Rande der Senke saß und schweigend vor sich hin starrte. »Warum sollte ich mit ihr reden?«
Rian zog die Nase kraus. »Du bist doch
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