Elfenzeit 11: Merlins Erwachen - Hartmann, C: Elfenzeit 11: Merlins Erwachen
Louise, eine Frau aus Eurem Küchenpersonal, Monseigneur«, stellte Baptiste sie vor. »Eine Köchin, um genau zu sein.« Die arme Frau tat David leid. Sie zitterte vor Angst so sehr, dass ihre Lippen bebten und ihre Blicke im Zelt umherhuschten wie lebendige Tiere. Doch dann begriff er, dass es nicht die Würdenträger rings um sie herum waren, vor denen Louise Angst hatte. Im Gegenteil! Ihr Blick blieb immer wieder kurz an Rian hängen, und jedes Mal zuckte sie wie unter einem kleinen Hieb zusammen.
Ungläubig betrachtete David Louise genauer. Sie hatte eindeutig Angst vor Rian! Fast hätte er aufgelacht angesichts dieser Erkenntnis, doch dann begriff er, dass seine Schwester sich in großer Gefahr befand.
»Louise«, sprach Baptiste die Köchin an. »Erzähl dem Herzog, was du in den letzten Tagen beobachtet hast.«
»Die Milch, Monseigneur; sie wird in den Krügen sauer. Manchmal schon eine Stunde nachdem wir sie gemolken haben. Die Kühe sind unruhig. Sie brüllen viel, und eine von ihnen hat ihr Kalb verloren.«
»Wann ist das alles geschehen?«, hakte Baptiste nach.
»Gestern«, antwortete Louise, und wieder blickte sie ganz kurz in Rians Richtung. Ihre Zunge erschien zwischen ihren Lippen und leckte nervös darüber. »Und heute.«
»Was machst du für diese Vorfälle verantwortlich?«, fragte Baptiste.
David registrierte, dass er was gesagt hatte und nicht wen. Gerade so, als wolle er sich den Anschein geben, Louise nicht zu beeinflussen. Dennoch war dieses Verhör ein glatter Witz.
Wenn diese Frau nicht vorab gesagt bekommen hat, was sie erzählen soll, fresse ich mein eigenes Schwert!
»Diese beiden da!« Mit zitterndem Finger zeigte Louise erst auf David und dann – nach einem Zögern – auf Rian. Sie schluckte so hart, dass David es hören konnte.
Baptiste stand ganz ruhig da. »Bringt die beiden Krüge und das tote Kalb!«, befahl er seinen Soldaten. Die Männer verschwanden und kehrten nach wenigen Augenblicken zurück.
Sie stellten zwei große Tonkrüge vor dem Herzog auf den Boden. Den Kadaver eines schmächtigen dunkelbraunen Stierkalbes ließen sie in der Nähe des Eingangs auf die Erde fallen. Ein eindeutig säuerlicher Geruch erfüllte die Luft.
»Wann hast du diese Milch gemolken?«, fragte Baptiste die Köchin.
»Ich melke nicht selbst«, antwortete sie mit einem Anflug von Empörung in der Stimme. Dann besann sie sich wieder, wo sie war, strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und senkte ehrerbietig den Kopf. »Meine Milchmagd hat es getan. Jeannine. Und es war heute Morgen, ungefähr eine Stunde nach Sonnenaufgang.«
David rechnete nach. Das war sechs oder sieben Stunden her. Normalerweise wurde Milch nicht so schnell schlecht, zumal das Wetter nicht übermäßig warm war, aber wer wusste schon, was vorher in den beiden Krügen gewesen war? Was, wenn diese Jeannine zu faul gewesen war, sie richtig sauber zu machen, und sich noch ein Rest alter, saurer Milch darin befunden hatte?
David wollte bereits den Mund öffnen, um seine Bedenken zu äußern, als Baptiste ihm zuvorkam. »Kann es sein, dass deine Milchmagd die Milch beim Melken verunreinigt hat?«
Louise schüttelte den Kopf. »Sie ist eine sehr sorgfältige Melkerin. Die Kühe mögen sie.« Sie zog die Nase hoch. »Und wenn sie Mist baut, bekommt sie meinen Gürtel zu spüren. Das weiß sie. Also ist die Antwort auf Eure Frage nein, Capitaine.«
»Und das Kalb?« Baptiste wies auf den Kadaver.
»Es lag heute Morgen einfach im Pferch, Capitaine. Die Kuh, die es getragen hat, hätte erst in ein paar Wochen kalben sollen; und seht es Euch an, es ist noch ganz mager.«
Baptiste nickte. »Gut. Du kannst gehen, Louise.«
Nachdem die Frau fort war und die Soldaten die schweren Krüge und das tote Kalb fortgeräumt hatten, wandte Baptiste sich an den Herzog. »Monseigneur, Ihr habt gehört, was die Frau gesagt hat. Milch- und Schadenszauber. Diese Dinge geschehen erst, seit die beiden Fremden sich in Eurem Gefolge befinden.«
Eine Weile lang sagte Wilhelm gar nichts. Er hatte das Kinn auf die rechte Hand gestützt und ging im Zelt auf und ab, während er nachdachte.
»Sire!« David schob sich ein Stück vor. »Darf ich sprechen?«
Mit einem Wink gab Wilhelm ihm die Erlaubnis.
»Verzeiht, Sire, aber diese Frau ist eine einfache Köchin. Meine Schwester hingegen ist Prinzessin von Earrach! Ist das Recht in Eurem Land so minderwertig, dass eine einfache Küchenfrau gegen eine hohe Person vom Hof aussagen
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