Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs - Kern, C: Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs
er. »Außerdem glaube ich nicht daran. Dies war der Körper einer Göttin.«
»Was macht dich so sicher?«
»Wir sind nach Puauta gegangen, hast du das nicht gespürt?«
»Doch ...«
»Es war nicht ein Portal, sondern ein ... Ich kann es nicht genau erklären. Jedenfalls spürte ich einen letzten Hauch göttlichen Atems, als ich die Schwelle überschritt. Wie ein Seufzen.«
Rian zögerte. »Das habe ich nicht empfunden ...«
David blieb stehen und drehte sich zu ihr um. Seine violetten Augen schimmerten durch die Dunkelheit, und seine Aura umgab ihn mit sanftem Leuchten. »Du hast dich auf den Tod konzentriert und dich hinabziehen lassen. Hattest du nicht das Gefühl, etwas zu verlieren?«
Sie nickte. »Deswegen dachte ich an das Schattenland ...«
David schwieg für eine Sekunde. »Eben das ist alles, was noch da ist, Schwester.« Er streckte die Hand aus und berührte sie kurz am Arm. Sie schämte sich für ihre Furcht, doch er lächelte tröstend. »Nur deine eigenen Gedanken. Hier ist kein Schattenland, welcher Art auch immer.«
»Woher willst du das wissen? Du warst nie dort.«
»Ich glaube, dass das Schattenland Verzweiflung ist. Pure Verzweiflung, ohne Hoffnung. Hier ist es nur ...
tot
«, versuchte er zu erklären. »Vielleicht ist es in ganz Puauta so, vielleicht aber auch nur im Leib der Göttin, die nicht mehr da ist. Also komm, Rian.« David strich ihr über die Schulter. »Wir müssen weiter. Es sieht ganz so aus, als wäre Hine-nui-te-po schon vor langer Zeit gestorben.« Er nahm die Taschenlampe und ging weiter. »Ich denke, damit können auch wir den Maori nicht helfen. Das tut mir leid für sie, aber dennoch sind sie an den Handel gebunden.«
»Was werden wir ihnen erzählen?«, fragte Rian, während sie ihm folgte. »Die Wahrheit?«
»Das sagst du als Elfe? Und das wäre grausam. Nein, wir lassen uns etwas einfallen, was ihnen nicht alle Hoffnung nimmt. Was hältst du davon?«
»Wir verstehen uns, Bruder.«
26 In tiefster Dunkelheit
Hast du nicht auch die Schnauze voll davon, ständig eingesperrt zu werden?«, fragte Robert. Er sah sich in der Zelle um, in der sie aufgewacht waren. Sein Nacken schmerzte von dem Schlag, den Annes Vater –
nein
, warnte er sich selbst,
denk an etwas anderes
– ihm versetzt hatte.
Der Raum war klein, hatte vielleicht einmal als Abstellkammer gedient. Eine schwere Holztür verschloss ihn. Durch ein winziges Fenster drang rötliches Licht hinein. Weit entfernt donnerte es.
Robert trat mit dem Fuß gegen die Tür und hörte draußen einen Riegel knirschen.
»Noch einmal, und ich komm rein!«, brüllte eine wölfische Stimme. Offenbar wurden sie bewacht.
Er drehte sich um. Nadja saß unter dem Fenster, klein und in sich zusammengesunken. »Es ist noch nicht vorbei«, sagte er. »Solange Anne frei ist, haben wir eine Chance.«
Nadja hob den Kopf. Tränen strömten über ihr Gesicht. »Sie hat uns verraten, Robert. Ich habe immer gewusst, dass sie es tun würde, und jetzt ist es so weit. Sie und ihr Vater ...« Sie spuckte das Wort aus. »... werden Talamh umbringen.«
Er hockte sich vor sie, nahm ihre Hände in die seinen. »Du weißt nicht, was sie tun werden.«
»Doch.« Sie zog ihre Hände weg, wischte sich damit über die Augen. »Talamh hat es mir gesagt. Ich höre ihn nach mir rufen. Er hat Angst.«
Verdammt
, dachte Robert. Er stellte nicht infrage, was Nadja behauptete. »Dann müssen wir hier raus. Wir retten ihn. Es ist noch nicht zu spät.«
Er wiederholte sich, aber es war ihm egal. Nadja durfte die Hoffnung nicht verlieren. Sie war das Letzte, was ihnen geblieben war. Kurz erlaubte er sich, an Anne zu denken. Die Leere in ihrem Blick verfolgte ihn, seit er aufgewacht war. Er hatte sich gefühlt, als blicke er in das Gesicht einer Fremden, der alles zuzutrauen war und mit der ihn nichts verband.
Er stand auf, ging unruhig in der Zelle auf und ab. In seinen Gedanken verwarf er Pläne ebenso schnell, wie er sie entwarf. Er blieb erst stehen, als er von draußen Stimmen hörte.
Die eine gehörte dem Werwolf, der vor ihrer Zelle Wache schob. Die anderen klangen zischelnd, schleimig, so wie Schlangen in einem Zeichentrickfilm. Er konnte nicht verstehen, was sie sagten.
»Nadja«, flüsterte er. »Es kommt jemand.«
Er hörte, wie der Riegel zurückgeschoben wurde. Ohne nachzudenken, nahm er Anlauf und warf sich mit der Schulter gegen die Tür. Krachend flog sie gegen die Wand. Jemand stöhnte überrascht und verletzt auf. Robert wurde
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