Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs - Kern, C: Elfenzeit 13: Im Reich des Priesterkönigs
war nicht die erwartete.
»Wer ist er?«
Anne ließ sich auf dem mittleren Bett nieder und begann ihre Schuhe auszuziehen.
Nadja nahm ihr gegenüber Platz. »Ich weiß, dass du ihn kennst«, drängte die Journalistin weiter. »Man konnte es in seinem Blick sehen und auch in deinem. Also, wer ist er?«
Sie erhielt keine Antwort, genau wie Robert vermutet hatte. Stattdessen schob Anne ruhig die Schuhe unter das Bett und legte sich auf die Matratze.
»Anne?« Robert setzte sich neben sie. Die Matratze war durchgelegen und weich. »Warum sagst du uns nicht, wer er ist? Niemand will einen Wikipedia-Eintrag über Catans Leben hören, aber ein paar Hinweise würden uns allen helfen, ihn besser einzuschätzen.«
Er machte eine Pause. »Auch dir. Wenn allein du weißt, was passieren wird, kannst auch nur du richtig reagieren.«
Sie stützte sich auf die Ellenbogen und sah ihn an. Er glaubte, in ihre dunklen Augen zu stürzen, sich tiefer und tiefer in ihnen zu verlieren. Anne öffnete den Mund. Ihre Lippen glänzten. Er sah ihre Fangzähne und spürte noch einmal den Biss. Unwillkürlich tastete er mit der Hand nach seinem Hals, aber Anne zog sie herunter und nahm sie in ihre eigenen Hände.
»Er ist gefährlich«, sagte sie. »Sehr gefährlich. Ich will nichts mit ihm zu tun haben. Je schneller wir diesen Ort verlassen, desto besser.«
Sie ließ seine Hand los, drehte sich zur Wand und schloss die Augen. Robert wusste, dass er nicht mehr von ihr erfahren würde.
Er sah Nadja an. »Und nun?«
Sie hob die Schultern. Talamh begann in seiner Wiege leise zu weinen.
4 Geteiltes Leid
Ihr Knie schmerzte, der Arm auch. Ihren pochenden Fußknöchel, der mit jedem Schritt mehr wehzutun schien, ignorierte Rian verbissen.
Sie hatte nicht gedacht, dass die Wegstrecke bis zur Hütte so weit sein würde. Irgendwie hatte das Haus so ausgesehen, als läge es ganz in der Nähe. Doch immer wieder war es, als tauche noch ein Hügel zwischen dem Giebel und ihnen auf. Am liebsten hätte Rian sich ins Gras geworfen und darauf gewartet, dass der Getreue sie abholte. Sie sehnte sich nach einem großen Glas Wasser, einer Liege, einem Eisbeutel für das Knie.
»David, mach doch keine solche Hektik!«, rief sie ihrem Bruder nach. »Die Hütte läuft uns schon nicht weg.«
»Ist ja gut.« Er ging ein wenig langsamer.
»Ich weiß, du bist ungeduldig, aber das bringt uns keineswegs schneller nach Hause. Komm zu dir, David! Es ist nicht zu ändern, dass du wieder von Nadja getrennt bist. Seien wir lieber froh, dem Untergang gerade noch entronnen zu sein. Wir werden schon wieder zusammenfinden. Ein wenig elfische Zuversicht wäre hier angebracht, nicht immer dieser menschliche Trübsinn.«
David zuckte zusammen und warf ihr einen undeutbaren Blick zu, schwieg jedoch. Er blieb auf einem Hügel stehen. Als Rian zu ihm aufschloss, sah sie die Hütte unter ihr in einer Senke.
Das Haus war mit roten Ziegeln gedeckt, die beinahe bis auf den Boden reichten. Die Giebel des Dachs, der First und der Pfosten davor waren mit kunstvoll verschlungenen, geschnitzten Ornamenten aus einer rötlichen Holzart verziert, die ein wenig aussah wie Mahagoni. Um dieses prachtvolle Gebäude gruppierten sich einige kleinere Häuser, die ebenfalls sehr ordentlich, aber nicht ganz so liebevoll ausgestaltet wirkten. In Gattern hinter ihnen standen einige Ziegen, und ein Pickup, der schon bessere Tage gesehen hatte, parkte vor einem der Häuser.
Aus dem Inneren des Zentralgebäudes erklang Gesang.
»Na«, murmelte Rian. »Es gibt Menschen. Und es sieht so aus, als haben sie auch ein Telefon.«
»Wie kommst du darauf?«
Rian deutete auf die Leitungen, die von einem der kleinen Häuser über die Hügel führten. »Zumindest gibt es hier Strom«, sagte sie. »Und Handys gibt es mittlerweile auf der ganzen Welt.«
»Wir müssen sehr weit weg von zu Hause sein«, bemerkte David. »Sieh dir die Schnitzereien an! Als Kind habe ich mal einen Zauberstab mit ähnlichen Verzierungen gesehen, den ein Bote unserem Vater als Geschenk mitbrachte. Der Mann war sehr groß und überall tätowiert. Statt Haare wuchsen farbenprächtige Blumen auf seinem Kopf; auch die Füße und seine Leibesmitte waren damit bedeckt, sodass er keine Kleidung brauchte.«
»Lapui!«, rief Rian und schlug die Hände zusammen. »So hieß er, ich erinnere mich! Er konnte unglaubliche Dinge mit seiner Zunge anstellen, Sachen balancieren und so! Ich habe mich zuerst ziemlich vor ihm gefürchtet, aber meine
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